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Landgericht Verden Prozess um sexuellen Sadismus in Brinkum: Haftstrafe gefordert

Ein 61-Jähriger ist derzeit am Landgericht Verden angeklagt. Er soll seine Kollegin in Brinkum gefangen gehalten und misshandelt haben. Die Staatsanwaltschaft hat bereits plädiert.
23.08.2024, 13:59 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Nach drei Verhandlungstagen, an denen viel Unerfreuliches aus seiner Vergangenheit zur Sprache kam, weiß der Angeklagte, wie sich seine Zukunft zumindest vorerst gestalten könnte. Im Prozess am Landgericht Verden hat die Staatsanwaltschaft für den 61-Jährigen drei Jahre Haft sowie die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik gefordert. Freiheitsberaubung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung habe der Mann Mitte Februar in Brinkum im Zustand verminderter Schuldfähigkeit verübt, hieß es im Plädoyer mit Verweis auf die Ausführungen des Sachverständigen. Der Gutachter hat unter anderem sexuellen Sadismus festgestellt – „ein Störungsbild, das in der Jugend begann“.

Dem Angeklagten aus der Samtgemeinde Tarmstedt wird, wie berichtet, zur Last gelegt, eine 29-jährige Kollegin und Freundin unter einem Vorwand in die Lagerhalle der Bremer Firma gelockt zu haben, bei der beide beschäftigt waren. Die zeitweise an den Händen gefesselte Frau soll sich fast vier Stunden in seiner Gewalt befunden und erhebliche Qualen erlitten haben. Die Beweisaufnahme habe die gegen den Mann erhobenen Vorwürfe bestätigt, erklärte die Staatsanwaltschaft: „Es ging ihm darum, seine sadistisch-sexuellen Fantasien auszuleben und sich dann das Leben zu nehmen“. Er habe es aber letztlich nicht über sich gebracht, die an seinem Opfer geplante Tat auch auszuführen.

Polizei befreit mutmaßliches Opfer

Die von Bekannten vermisste Frau war gegen Mitternacht durch alarmierte Polizeikräfte befreit worden. Der Angeklagte befand sich einige Tage in einer Bassumer Klinik und wurde danach in ein Fachkrankenhaus in Göttingen verlegt, wo er nach wie vor betreut wird. Vorher war er noch nie in psychiatrischer Behandlung. „Das wäre aber vielleicht gut gewesen“, sagte der Sachverständige, der sich auch ausgiebig mit früheren, auffallend ähnlich gelagerten Straftaten des Mannes befasst hat. „Damals scheint man den Hintergrund der Delikte anders eingeschätzt oder nicht erkannt zu haben“, befand der Experte für forensische Psychiatrie.

Der Vorsitzende der Vierten Großen Strafkammer hatte zuvor aus einigen Urteilen zitiert, die in den 1980er-Jahren gegen den gebürtigen Bremer ergangenen waren. Demnach hat er bereits 1982 eine Gewalttat an einer Studentin begangen, die er kurz zuvor bei einer Veranstaltung an der Universität kennengelernt hatte. Deutliche Parallelen zum aktuell zu beleuchtenden Fall wies auch das Tatgeschehen vom Oktober 1984 auf. Im Raum Rotenburg hatte er eine ehemalige Freundin in das Wochenendhaus ihrer Eltern verschleppt, sie geschlagen, gefesselt und stundenlang drangsaliert. Der junge Mann war jedes Mal mit Bewährungsstrafen davongekommen.

Diverse einschlägige Vorstrafen

Und auch der wesentlich ältere Mann hatte noch einmal Bewährung erhalten. Zwei Jahre und zehn Monate wurden vom Amtsgericht Zeven wegen gefährlicher Körperverletzung verhängt. Bei dem Opfer handelte sich in diesem Fall um die Ehefrau des Angeklagten. Man ist derzeit noch verheiratet, seit 1993. Bei ihrer Zeugenaussage hat die 59-Jährige jetzt vor dem Landgericht gute Zeiten und schlechte Zeiten geschildert. Sehr schlechte, nachdem der Mann ihr 2020 erheblich Gewalt angetan hatte und sie nach ihrer Einschätzung auch umbringen wollte.

Nach Einschätzung des Gutachters haben die Fantasien des Angeklagten seinerzeit erneut zugenommen, wurde die Symptomatik des sexuellen Sadismus „wieder viel drängender“. Vorher sei er zum Teil in der Lage gewesen, seine Impulse zu unterdrücken. Die schwere, in Phasen auftretende Störung, bei der die „Bemächtigung des Opfers primär“ sei, sieht der Sachverständige auch als bestimmend für die Tat an der 29-jährigen Nebenklägerin in Brinkum. Heilbar sei die Störung nicht. Der Betroffene könne nur befähigt werden, sie unter Kontrolle zu halten. Unbehandelt bestehe die Gefahr, dass der Angeklagte weitere schwere Straftaten begehe, bei denen es auch Todesopfer geben könnte. Die Voraussetzungen für die Unterbringung seien erfüllt.

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Der 61-Jährige hat die Vorwürfe nach einigem Zögern eingeräumt und ist offenbar auch einsichtig. Voraussichtlich wird der Prozess am 3. September fortgesetzt. Die Plädoyers der Nebenklagevertreterin und des Verteidigers stehen noch aus.

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