Stuhr-Brinkum. Das älteste Gebäude im Brinkumer Ortskern wird aufwendig saniert, um einen Treffpunkt für gemeinnützige Vereine und Institutionen zu schaffen. Das hat am Mittwochabend der Rat der Gemeinde Stuhr in einer virtuellen Sitzung entschieden – allerdings bei zwölf Gegenstimmen von CDU, Besser und der AfD. Die Verwaltung rechnet für die Instandsetzung des mit Reet gedeckten Hauses an der Bassumer Straße 10 (Ecke Feldstraße) mit Kosten von rund einer Million Euro, 755.000 Euro können aber über das Förderprogramm "Perspektive Innenstadt" finanziert werden.
Wie berichtet, befindet sich das Haus bereits in Gemeindebesitz. Es nun zum Treffpunkt umzubauen, schlägt die Verwaltung auch vor, weil sie sich dadurch auch "eine Belebung des Ortskerns" erhofft, wie Kerstin Frohburg, Fachbereichsleiterin für Bildung, Jugend und Sport bei der Gemeinde Stuhr, den Ratsmitgliedern erläuterte. Man könne sich zum Beispiel vorstellen, dass das Gebäude im Erdgeschoss von der Schuldnerberatung, dem Seniorenbeirat, der Hausaufgabenhilfe Büffelstübchen, der Rentenberatung, von Natur-, Klima- und Umweltschutzgruppen, der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabe-Beratung (EUTB) und als niederschwelliges Angebot für Eltern und Kinder genutzt wird. Im Obergeschoss könnten etwa mehrere Co-Working-Spaces entstehen.
Einen ersten Vorschlag, wie die künftige Raumaufteilung aussehen könnte, präsentierte Frohburg dem Rat ebenfalls bereits. Im Erdgeschoss würden etwa 90 Quadratmeter zur Verfügung stehen, mit einem größeren Raum könne man Platz schaffen für Vorträge und andere Veranstaltungen. Sie berichtete aber auch, dass das Haus dafür von Grund auf saniert werden muss. Auch Stuhrs Bürgermeister Stephan Korte räumte später ein, dass sich das Haus derzeit in einem sehr schlechten Zustand befindet. "Es ist im Moment nicht bewohnt und ich habe auch Zweifel, dass es bewohnbar ist", sagte er auf Nachfrage von von Ratsherr Uwe Schweers (CDU).
Die CDU-Fraktion war es auch, die erhebliche Zweifel an dem Vorhaben äußerte. "Wir werden ablehnen, wir stören uns an den recht hohen Kosten für den Umbau", sagte ihr Fraktionsvorsitzender Finn Kortkamp. Zuvor habe man darüber in der Fraktion ausgiebig beraten und sich die Entscheidung auch nicht leicht gemacht. Den hohen Förderanteil bei der Finanzierung ließ Kortkamp auch nicht gelten, das seien ja auch Steuergelder. "Und die Kosten für den Grundstückserwerb müssten wir eigentlich auch noch dazurechnen", ergänzte er. Der Standort sei auch nicht optimal, es gebe kaum Parkplätze. "Daher haben wir 2018 auch schon den Kauf abgelehnt", sagte Kortkamp und schlug vor, stattdessen ähnlich wie beim Gut Varrel und beim Mühlenensemble Heiligenrode mit Vereinen zusammenzuarbeiten.
"Wir sehen das anders, wir sollten diese Chance nutzen", entgegnete Susanne Cohrs, Fraktionsvorsitzende der SPD. Was genau hinterher dabei herauskomme, könne sie auch noch nicht sagen. "Ich bin ja kein Prophet", so Cohrs weiter. Aber es handele sich um ein Ortsbild prägendes Gebäude und das Projekt sei eine Chance für Vereine. Auch Grünen-Fraktionschefin Kristine Helmerichs sprach sich für das Vorhaben aus. "Es ist für uns ganz klar, dass wir zustimmen werden", betonte sie. Viele Bürger würden das alte Gebäude als Ortsbild prägend empfinden, da sei es gerade auch im Hinblick auf die Neugestaltung des Ortskerns wichtig, dass es erhalten bleibt. "Die Idee zur Nutzung finden wir ebenfalls gut", sagte Helmerichs, die außerdem gegen die CDU austeilte: "Auch ins Gut Varrel und ins Mühlenensemble Heiligenrode ist Geld geflossen, dazu kommt der hohe Unterhaltungswert."
Für Alexander Carapinha Hesse, Fraktionsvorsitzender der FDP, bietet das Gebäude auch Möglichkeiten, um während der Ortskernsanierung Vereinen und Institutionen, die umziehen müssen, einen Platz zu bieten. Auch er kritisierte die CDU. "Den Hinweis zu den Steuern finde ich billig, das ist ein Totschlagargument", so Carapinha Hesse. Das sanierte Haus könnte gerade nach der Ortskernsanierung ein Anker sein und "ein Ruhepunkt in der Schnelllebigkeit der Urbanisierung". Unterstützung für die CDU kam anschließend von Joachim Döpkens (Besser). "Wir werden auch nicht zustimmen. Das Nutzungskonzept hat Charme, aber wir sehen die Finanzierung kritisch", sagte er.
"Es ist zugegebenermaßen eine schwierige Immobilie, aber wir sollten die Chance nutzen", sagte Bürgermeister Korte und fragte nach einer Alternative. "Abreißen wäre sicher auch nicht der Wille der Bevölkerung", so Korte. Zum Thema Parkplätze verwies er auf die Möglichkeiten, die anlässlich der Marktplatz- und Ortskernentwicklung geplant sind. Kerstin Frohburg führte auch an, dass die Fördermittel von der Verwaltung erfolgreich reserviert worden sind, bis Ende März aber beantragt werden müssen. Dazu müsse ein positiver Ratsbeschluss vorliegen und der Bauantrag müsse zumindest gestellt sein. Die Umsetzung des Projekts müsste bis zum 31. März 2023 abgeschlossen sein. Alle anwesenden Ratsmitglieder aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP stimmten für das Projekt. Alle zehn CDU-Politiker, die an der Sitzung teilnahmen, stimmten dagegen, ebenso wie Besser und AfD mit jeweils einer Nein-Stimme.