Stuhr. In der Gemeinde Stuhr fehlen Unterkünfte für Geflüchtete. Dabei muss die Kommune nach der Zuweisungsquote des Landkreises Diepholz noch rund 220 Menschen aufnehmen. Um Wohnraum zu schaffen, sollen neue Unterkünfte für insgesamt knapp 100 Geflüchtete auf gemeindeeigenen Grundstücken geschaffen werden. Die Verwaltung schlägt dazu jeweils drei Gebäude am Löwenzahnweg hinter der Kita Neukrug und im neuen Baugebiet Auf dem Steinkamp in Brinkum vor. Die Unterkünfte sollen bis zum Herbst fertig sein, aus der Gemeindekasse würden voraussichtlich 3,75 Millionen Euro fließen. Über das Vorhaben entscheidet am Mittwoch, 1. März, der Rat der Gemeinde Stuhr in öffentlicher Sitzung.
Bislang ist es der Gemeinde Stuhr nach eigenen Angaben zwar immer gelungen, Unterkünfte zu kaufen oder zu mieten, schreibt die zuständige Fachbereichsleiterin Kerstin Frohburg in der Sitzungsvorlage. Sie verweist außerdem auf den Bau der Gebäude an der Allerstraße in Brinkum vor einigen Jahren. Doch es gestalte sich zunehmend schwieriger, Wohnraum zu finden. Das sei schon vor Beginn des Krieges in der Ukraine so gewesen, vor allem aber seitdem.
Frohburg schildert in der Vorlage weiter, mit welchen Schwierigkeiten die Gemeinde zu kämpfen hat. Zwar gebe es auf dem Immobilienmarkt grundsätzlich Ein- oder Zweifamilienhäuser zum Kauf, gelegentlich auch zur Miete. Doch bei Besichtigungen stelle sich dann meist heraus, "dass die Objekte für die Unterbringung Geflüchteter nicht oder nur mit hohem Umbauaufwand nutzbar sind". Bei den Mietwohnungen handele es sich meistens um Objekte in Mehrparteienhäusern mit gehobener Ausstattung. "Allen Angeboten gemein ist, dass die Vorstellung der Eigentümer für Kauf oder Miete in fast allen Fällen und häufig erheblich über der Angemessenheitsgrenze für Wohnraum liegen", so das Fazit der Fachbereichsleiterin für Bildung, Soziales und Freizeit.
Sporthallen sollen frei bleiben
Einen Großteil der aktuellen Quote kann die Gemeinde noch über eigene Unterkünfte und Anmietungen decken, teilt Erste Gemeinderätin Bettina Scharrelmann auf Nachfrage mit. Rund 100 Plätze würden aber fehlen. Eine Unterbringung etwa in Sporthallen wolle man unbedingt verhindern. Das sei nicht nachhaltig und trage auch nicht zum sozialen Frieden bei. Dazu sei es auf Dauer auch nicht günstiger. Durchgerechnet wurde von der Verwaltung zum Beispiel die Unterbringung in Containern. Denn um 100 Plätze in gemieteten Containern zu schaffen, müsste laut Vorlage mit Kosten von 1,2 Millionen Euro pro Jahr gerechnet werden. Dazu würden Kosten von rund 117.000 Euro pro Monat für die Verpflegung kommen, da in den Containern nicht gekocht werden kann – ähnliches würde auch beim Ausweichen auf Sporthallen zutreffen. Nachhaltig sei der Bau von neuen Unterkünften außerdem, weil diese langfristig als Wohnraum genutzt werden können, von Geflüchteten oder später eventuell auch im Rahmen von sozialem Wohnungsbau.
Der Verwaltungsausschuss hat sich in seiner Sitzung vom 11. Januar bereits einstimmig für die zeitnahe Errichtung eigener Unterkünfte für die Unterbringung von etwa 100 Geflüchteten ausgesprochen. Diese sollen nach dem Vorbild an der Allerstraße in Holzrahmenbauweise mit 16 Plätzen je Einheit auf gemeindeeigenen Grundstücken entstehen. Möglich ist das aktuell laut Frohburg nur auf einem Baugrundstück am Löwenzahnweg in Neukrug hinter der DRK-Kita sowie auf vier Grundstücken im Baugebiet Auf dem Steinkamp in Brinkum. Bei letzterem hatte sich die Vermarktung der Grundstücke an bauwillige Bürger zuletzt verzögert, weil noch Arbeiten im Auftrag des Abwasserverbandes ausstanden (wir berichteten). Die Vermarktung der Grundstücke könne nun aber auch bald starten, so Scharrelmann.
Erfahrungen berücksichtigt
Wie an der Allerstraße sollen die neuen Gebäude so gestaltet werden, dass sie zunächst als Gemeinschaftsunterkünfte und später bei Bedarf auch sofort als "angemessener Wohnraum" genutzt werden können. Die Verwaltung hat dazu bei der Gestaltung des Grundrisses die bisherigen Erfahrungen berücksichtigt. Demnach sind kleinere Wohneinheiten für ein bis zwei Personen sowie für drei bis fünf Personen möglich. In jedem Gebäude haben 16 Menschen Platz. Da an jedem Standort drei Gebäude gebaut werden sollen, wären es insgesamt 96 Plätze.
Um die Zuweisungsquoten des Landkreises möglichst schnell erfüllen zu können, sollen die Gebäude bis zum Spätherbst dieses Jahres fertig sein. Vorgesehen ist daher für alle auch der selbe Grundriss. "Dies ermöglicht eine quasi modulare Herstellung im Holzrahmenbau und bietet die Chance auf eine Ersparnis an Zeit und Kosten", so Frohburg. Die Verwaltung kalkuliert mit 570.000 Euro pro Gebäude.
Da Eile geboten ist, weist Frohburg auf die Möglichkeit hin, dass für den Bau aus wirtschaftlichen Gründen im Ausnahmefall auch ein Generalunternehmen beauftragt werden kann. Denn bei einer Ausschreibung drohe, dass die Gebäude nicht mehr in diesem Jahr fertig werden. Zudem müsste die Gemeinde bei einer späteren Fertigstellung eine Alternative schaffen, so Frohburg mit Verweis auf die Quote. Dies könnte dann wieder zusätzliche Kosten verursachen. Der Bau müsse daher an ein Generalunternehmen vergeben werden. Da dadurch üblicherweise Mehrkosten von rund zehn Prozent entstehen, rechnet die Verwaltung mit einer Gesamtinvestition von 3,75 Millionen Euro.