Aufgeregt hüpft Labrador-Hündin Kiwi um Mareike Bergmann herum. Der Welpe stößt seinen Wassernapf um, verheddert sich in der Leine und bellt andere Hunde an – Kiwi wirkt wie ein ganz normaler Welpe. Die Hündin stammt allerdings wahrscheinlich aus illegalem Welpenhandel und wurde von ihrem Besitzer im Brinkumer Tierheim Arche Noah abgegeben, wie Tierheim-Leiterin Mareike Bergmann erzählt.
Das größte Problem beim illegalen Welpenhandel: „Auf allen Kanälen kann man Hunde kaufen“, erklärt die Expertin. Wenn der geneigte Hundekäufer dann auf einer Internet-Plattform etwa eine französische Bulldogge für 600 Euro finde, könne das kein seriöses Angebot sein, warnt die Tierheim-Leiterin. „Ein Hund vom Züchter kostet mindestens 1500 Euro.“
Die günstigen Tiere werden massenhaft in sogenannten „Puppymills“ – also Hundefabriken – gezüchtet, wo sie viel zu früh von der Mutter weggenommen werden und die Elterntiere kein Tageslicht sehen. „Solche Hunde haben dann gar keine oder gefälschte Pässe“, sagt Bergmann. Zudem bekämen die Welpen nicht die wichtigen Impfungen gegen gefährliche Viruserkrankungen wie etwa Parvovirose, Staupe oder Tollwut. „Die Pfleger in den Tierheimen kämpfen oft ums Überleben solcher Hunde“, berichtet Mareike Bergmann.
Vor diesem Hintergrund ist Kiwi noch vergleichsweise glimpflich davongekommen. Sie hat das Glück, bereits seit drei Wochen in der Familie einer Tierheim-Mitarbeiterin leben zu können. Andere Hunde aus illegalem Welpenhandel sind oftmals nicht nur schlecht sozialisiert, weil sie viel zu früh von der Mutter getrennt werden und in ihren ersten Lebenswochen kaum etwas zu sehen bekommen, sondern auch, weil sie nach ihrer Rettung meist mehrere Monate in Quarantäne verbringen müssen. „In dieser wichtigen Zeit haben sie dann nichts gesehen“, gibt Bergmann zu bedenken. Mittlerweile stammen laut Bergmann gut 65 Prozent der Hunde in den Tierheimen des BMT (Bund gegen Missbrauch der Tiere), zu denen auch die Arche Noah gehört, aus illegalem Welpenhandel. Ein weiteres Problem: „Die Kapazitäten der Tierheime gelangen an ihre Grenzen.“ Dieses Phänomen werde derzeit durch Corona noch verstärkt. Viele Leute hätten sich in Zeiten von Homeoffice Hunde angeschafft, so Bergmann.
Ein Indiz für illegalen Welpenhandel ist auch der Übergabe-Ort: „Die Hunde werden meistens auf einem Parkplatz übergeben“, erzählt die Tierheim-Leiterin. Der Interessent sollte jedoch die Möglichkeit haben, seinen zukünftigen Hund kennenzulernen, bevor er ihn nach Hause holt. Idyllischen Bildern im Internet sollte man dabei nicht trauen. „Da kann man viel fälschen“, so Bergmann, die betont, dass Hunde überhaupt nicht über das Internet gekauft werden sollten. Aber: „Wenn die Nachfrage da ist, ist auch das Angebot da.“
Sie rät daher dazu, erst einmal vor Ort zu schauen: „Jede interessierte Familie findet ein passendes Tier im Tierheim“, sagt Bergmann. Dafür brauche es jedoch Zeit und Geduld zum ausreichenden Kennenlernen. Zudem sollte sich der geneigte Hundebesitzer im Klaren darüber sein, dass ein Haustier viel Zeit in Anspruch nimmt. Wenn einem das Tier über den Kopf wachse, sei es wichtig, es nicht weiter zu verkaufen, sondern in erfahrene Hände ins Tierheim zu geben.
Dass jeder einen passenden Hund im Tierheim findet, glaubt auch Karin-Victoria Nieke. Die Sykerin züchtet West Highland White Terrier und legt großen Wert auf die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Tiere. Bevor sie mit dem Züchten begonnen hat, ist Nieke dem Club für Terrier und dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) beigetreten. „Über den Verband habe ich verschiedene Seminare besucht, die sämtliche Themenbereiche von den Eltern bis zu den Welpen abdecken“, erklärt sie. Vier Hunde leben bei Nieke. Sie helfen dabei, die Welpen zu sozialisieren. Neben einem eigenen Zimmer im Haus steht den Kleinen auch ein Welpenauslauf im Freien zur Verfügung. Die Gesundheit der Hundebabys werde bei ihr engmaschig überwacht, betont die Züchterin.
Woran erkennt man einen seriösen Züchter? „Wir bieten keine Hunde bei Ebay an“, sagt auch Nieke. Ihre Tiere seien nur über den Zuchtverband als Anlaufstation zu bekommen. „Bei illegalem Welpenhandel ist der Verkäufer nach dem Kauf weg“, mahnt die Züchterin. Sie komme dagegen bei Bedarf zu den neuen Hundebesitzern nach Hause und stehe ihnen auch noch Jahre später als Ansprechpartnerin zur Seite, betont sie.
Auch Nieke warnt vor den Krankheiten, die Hunde aus illegalem Welpenhandel mitbringen können. „Niemals sollte man einen Welpen aus Mitleid kaufen“, sagt sie. Auch sie habe bereits mit einem illegalen Welpenhändler zu tun gehabt, der seine Tiere auf einem Wochenmarkt aus dem Kofferraum heraus angeboten hat. „Da haben wir sofort die Polizei gerufen“, so Nieke. Auch wenn ein Hund aus illegalem Welpenhandel schnell und günstig zu haben sei, zahle man am Ende beim Tierarzt drauf, gibt sie zu bedenken. „Und wenn das Budget aufgebraucht ist, wird der Hund abgegeben.“
Auch Hayo Wilken, Hundezüchter aus Heiligenrode, glaubt, dass illegaler Welpenhandel vor allem jene anspricht, die auf den Preis schauen. „Wenn man den Welpen nicht beim Züchter abholt, sondern auf irgendeinem Parkplatz, kann man nicht sehen, wo das Tier großgeworden ist und wie es sozialisiert wurde“, sagt der Curly Coated Retriever-Züchter. „Ein seriöser Züchter interessiert sich für die zukünftigen Halter“, fügt er hinzu. Zudem sollten bei jedem die Alarmglocken schrillen, wenn der Heimtierausweis fehle, so Wilken. Und: „Wenn ein Welpe aus einem EU-Land nach Deutschland kommt und weder mindestens 15 Wochen alt noch voll geimpft ist, sollte man sich Gedanken machen.“
Bei einem seriösen Züchter seien die Welpen hingegen durchgecheckt und geimpft, sagt auch Wilken. Auch seien Interessenten stets willkommen und sollten auch bereit sein, eine weitere Anreise auf sich zu nehmen, um die Welpen und deren Zuhause kennenzulernen. „Ein seriöser Züchter hat nichts zu verbergen“, sagt er.