Stuhr-Seckenhausen. Auto an Auto reihte sich bereits am Donnerstagmorgen auf der Wulfhooper Straße in Seckenhausen, und die „grüne Wiese“, wie die Verantwortlichen der dort ansässigen Firma Cordes & Graefe das Areal gegenüber ihres Firmensitzes liebevoll nennen, füllte sich schnell. Eben dort findet in diesen Tagen auf insgesamt 75 000 Quadratmetern Fläche die große Hausmesse des Großhandelsunternehmens statt. Rund 10 000 Fachbesucher, die sich für Neuheiten in den Bereichen Bad, Heizung, Elektro, Dachtechnik, Tiefbau, Industrietechnik und Smart Home interessieren, werden erwartet.
In diesem Jahr steht die Messe unter dem Motto „Freiräume schaffen“. Vor allem Handwerker sollen durch neue, intelligente Produkte flexibler und effizienter arbeiten können. „Die Digitalisierung krempelt unser Leben um“, sagte Michael Hardemann, persönlich haftender Gesellschafter von Cordes & Graefe Bremen, in seiner Begrüßungsrede. Damit meinte er zum einen die veränderten Wünsche und Erwartungen der Endkunden, die durch Informations- und Vergleichsmöglichkeiten im Internet gewachsen sind. Zum anderen hätten sich aber auch die Anforderungen für Handwerker geändert. Sie seien es, die mit schnellen Lösungen für Probleme aufwarten müssen. „Der Fachhandwerker ist auch an Heiligabend vor Ort“, lobte Hardemann die Zuverlässigkeit der Branche.
Diese Arbeit könne aber nur gut funktionieren, wenn Industrie, Handel und Handwerk zusammenarbeiten. „Online und offline gehen zusammen“, befand Hardemann. Trotzdem gehe die Transformation der Branchen immer weiter. Und genau um diese Neuerungen an die Kunden weiterzutragen gebe es die Messe des Unternehmens, bei der in diesem Jahr rund 360 Aussteller ihre Angebote präsentieren. Dabei gilt die „Hausmesse aktuell“ von Cordes & Graefe als eine Art Nachlese der weltweit führenden Messe der Branche ISH in Frankfurt, so Siegfried Sanders, Prokurist und Gesamtverkaufsleiter von Cordes & Graefe. „Viele Handwerker wollen den Weg nach Frankfurt nicht mehr machen“, konnte er berichten. Daher fungiert die Hausmesse als Informationsquelle für den Norden Deutschlands. „Wir werfen einen Blick in die Zukunft – ganz ohne Glaskugel“, sagte Hardemann.
Und wie diese Zukunft aussehen kann, konnten die Besucher der Messe an so manchem Stand erkennen. So zum Beispiel beim Start-Up Craftguide. Die Firma um Mitgründer Theo Strauß hat sich der Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) verschrieben. An ihrem Stand konnten Interessierte – bewaffnet mit einer VR-Brille – in der virtuellen Realität den Wärmetauscher einer Heizung austauschen. „Durch die Motorik im Training gibt es eine ganz andere Stimulanz für das Hirn“, erklärte Strauß das Prinzip. So sollen die VR-Brillen vor allem in der Ausbildung eingesetzt werden, um fachkundiges Personal zu schulen. Damit soll vor allem das Problem des Fachkräftemangels im Handwerk angegangen werden, so Strauß.
Eine andere Version konnte die Firma Memodo zeigen. Gründer und Geschäftsführer Daniel Schmitt geht es vor allem um die autarke Stromversorgung von Häusern durch Photovoltaik-Anlagen (PV). „Photovoltaik wurde früher oft nur als Finanzanlage gesehen“, sagte er. Seit Absenkung der Einspeisevergütung herrsche oftmals die Ansicht vor, dass sich Photovoltaik „nicht mehr lohnt“. Durch Speicher im Haus müsse der Strom aber nicht mehr unbedingt eingespeist werden, sondern könne auch für den eigenen Verbrauch genutzt werden. Nach dem Motto PV-Anlagen auf das Dach, Speicher in den Keller könnten so bis zu 80 Prozent des Stroms selbst genutzt werden. Daher sei es besonders wichtig, Handwerksbetriebe „mit auf die Reise zu den Erneuerbaren zu nehmen“, befand Schmitt.
Auch Cordes & Graefe selbst möchte den Handwerkern mehr Freiraum schaffen, berichtete Christoph Müller, Online-Ansprechpartner der Firma. Ein Projekt ist „Car Load“. Dabei geht es vereinfacht gesagt darum, dass die Lieferanten Teile für die Handwerker direkt in den Wagen des Monteurs vor Ort bringen können, erklärt Müller. Über eine App und eine Bluetooth-Verbindung kann der Lieferant das Auto des Kunden öffnen und die Ware umpacken. „Das ist eine gewisse Art von Revolution, was die Anlieferung angeht“, berichtete er. Der Handwerker spare dadurch viel Zeit.
Andere Software der Firma kümmert sich zum Beispiel darum, dass die Handwerker direkt bei den Kunden vor Ort ganz konkrete Angebote machen können. Sei es für ein ganzes Bad oder eine Heizungsanlage, zählte Müller ein Beispiel auf. „Das ist für den Endkunden ein Service, den er nicht gewohnt ist“, berichtete er. Ergänzt mit vielen anderen Komponenten im digitalen Bereich, will Cordes & Graefe seinen Kunden so ein Rundum-Paket ermöglichen. „Wir bieten einen kompletten digitalen Prozess“, verspricht Müller und weiter: „Damit schaffen wir Möglichkeiten für Freiräume und im ganzen Tagesablauf Lücken.“ Diese könnten die Handwerker dann für ihre eigentliche Arbeit nutzen.