Weyhe. An seinen ersten Arbeitstag bei der Gemeinde Weyhe, den 1. April 2008, kann sich Steffen Nadrowski noch gut erinnern. Und das nicht nur, weil es der 1. April war und auch nicht nur, weil er in Unterlagen nachgesehen hätte. Denn statt Aprilscherzen hielt die Gemeinde gleich einmal ein gutes Stück Arbeit für ihn bereit: die Abnahme des umgebauten Knotenpunktes am Henry-Wetjen-Platz in Leeste. Hinbekommen hat er es trotzdem, auch wenn es die Abnahme einer Baustelle war, "die ich noch nie gesehen habe", erinnert er sich.
In Leeste hätte sich der Kreis fast schließen können. Doch das Ende der Ortskernsanierung bekommt Nadrowski dann nur noch als Bürger mit und nicht mehr als Leiter des Fachbereichs Gemeindeentwicklung und Umwelt. Nach 14 Jahren bei der Gemeinde Weyhe ist für den dienstältesten Fachbereichsleiter zum Ende dieses Jahres Schluss. Dann wechselt Steffen Nadrowski nach Bremen, wird Leiter des Referats Soziale Stadtentwicklung bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport: "Das sind natürlich ganz neue Themen", weiß der 48-Jährige schon jetzt. In der Hansestadt erwartet ihn ein neues Arbeitsfeld mit Aufgaben wie der Betreuung der Quartiersarbeit, der Stabilisierung von Stadtvierteln sowie dem Armuts- und Reichtumsbericht der Stadt.
Er nutzt damit die Gelegenheit, noch einmal die Perspektive zu wechseln, erzählt er. Denn in Weyhe hatte der gebürtige Bielefelder in den vergangenen fast anderthalb Jahrzehnten immer seine Finger im Spiel, wenn kommunal etwas gebaut wurde. Spaß habe ihm seine Arbeit immer gemacht, auch wenn mitunter Eile geboten war und die Aufträge zur Unzeit kamen. So erinnert sich Nadrowski an das Großprojekt Lahauser Brücke: "Wir haben am Freitagnachmittag die Information erhalten, dass Betonstücke auf die Gleise fallen." Quasi über Nacht habe die Brücke gesperrt werden und die Planung der Sanierung des Überwegs begonnen werden müssen. "Wir hatten keinen Vorlauf", blickt Nadrowski zurück. Normalerweise hätte eine Brückensanierung fünf Jahre im Voraus bei der Deutschen Bahn angemeldet werden müssen, weiß der 48-Jährige. Doch Lahausen konnte tatsächlich schon im Dezember 2012, also etwas mehr als drei Jahre, nachdem das Bauwerk zu bröckeln begann, wiedervereinigt werden. Aber dennoch: "Egal, was man macht und wie schnell, es geht nie schnell genug", weiß Nadrowski.
Bei allen Großprojekten, die sich in seinem Gedächtnis verankert haben, die er in der Rückschau als "spannend" bezeichnet, wie etwa die kommunale Entlastungsstraße für Dreye, lebte er seine Leidenschaft vor allem dann aus, "wenn wir ganz neue Orte erfunden haben". Hierzu verweist er auf den Leester Ortskern: "Der Henry-Wetjen-Platz war ein besserer Parkplatz", erinnert sich Nadrowski. Er freut sich schon auf den Abschluss der Arbeiten an dem Platz, der für das Jahr 2023 vorgesehen ist, denn dann "ist ein neuer Ort entstanden".
Dass es ihn 2008 überhaupt nach Weyhe verschlug, hat er einem Pakt mit seiner Ehefrau zu verdanken. Mit seiner Gattin hatte er zuvor vereinbart, in eine Gemeinde an einem großen Fluss zu ziehen. "Weyhe erfüllt das Kriterium, aber ich habe die Weser lange gesucht", sagt er und lacht. Also wollte er zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Frank Lemmermann und dem damaligen Ersten Gemeinderat Andreas Bovenschulte "Weyhe an die Weser entwickeln". Der Auftrag lautete, auf unwegsamem Gelände um die Alte Weser und den Dreyer Hafen Naherholung und Teilhabe zu schaffen und das auch für Menschen, "die schlecht zu Fuß sind": "Daraus haben wir einen öffentlichen Ort gemacht", freut sich Nadrowski rückblickend, der Reisegarten sei die Krönung des ganzen Bereichs. Trotz aller Erfolge ist er sich auch der Risiken bewusst, die die Arbeit an Bauprojekten mit sich bringt: "Ich habe Verantwortung für viele Millionen Euro."
Was ihm an Weyhe künftig verloren geht, weiß Nadrowski auch schon: "Die Gemeinde Weyhe hat mit etwa 30.000 Einwohnern die perfekte Größe, um gut regiert zu werden." Der Bürgermeister kenne seine Bürger, die Ratsleute haben unmittelbaren Kontakt in die Bevölkerung – so seien die Wege im Dreieck zwischen Verwaltung, Politik und Einwohnern kurz. "Wir sind groß genug, um professionell zu sein, und klein genug für persönlichen Kontakt", spitzt Nadrowski zu. Von daher ist bei seinem Abschied auch eine gehörige Portion Wehmut dabei: "Es schmerzt mich, die Arbeit in der Gemeinde Weyhe nicht fortzuführen." Für den richtigen Schritt hält der Diplom-Ingenieur es dennoch: "Das ist das, worauf ich gerade Lust habe."