Landkreis Diepholz/Verden. Vor fast elf Monaten sollen zwei junge Männer aus Bruchhausen-Vilsen auf kriminelle Weise versucht haben, ihre Finanzen aufzubessern – per Doppelschlag. Auf ihr Konto gehen laut Anklage die Überfälle auf eine Tankstelle an der Syker Straße in Bruchhausen-Vilsen, verübt am 22. September, sowie auf einen Supermarkt an der Alten Poststraße in Leeste nur zwei Tage später. Was die Staatsanwaltschaft ihnen vorwirft, haben der 22-Jährige und gerade 19-Jährige am Dienstag vor der großen Jugendkammer des Landgerichts Verden weitgehend eingeräumt. Sie müssen sich vor allem wegen schweren Raubes verantworten.
Beide befinden sich auf freiem Fuß und erschienen zum Auftakt der auf sechs Tage terminierten Hauptverhandlung in einer Art Partnerlook: Sie trugen akkurate weiße Oberhemden. Zu ihren mutmaßlich partnerschaftlich geplanten und in ganz anderem Outfit verübten Raubzüge äußerten sie sich an der Seite ihrer Pflichtverteidigerinnen nacheinander recht ausführlich. Dabei betonten beide mehrfach, zu den Tatzeiten erheblich unter Drogeneinfluss gestanden zu haben. Nicht nur von Marihuana, auch von reichlich Kokain war die Rede. Dies vernahm zu seiner Überraschung auch der Bewährungshelfer des schon strafrechtlich in Erscheinung getretenen 19-Jährigen.
Kammer will Gutachten einholen
Davon sei ihm bislang nichts bekannt gewesen, hieß es. Dass sowohl sein aus Schleswig-Holstein stammender Schützling als auch der in Hoya geborene 22-Jährige schon länger Probleme mit Betäubungsmitteln haben, ist indes aktenkundig. Sie beteuerten, sich mittlerweile konsummäßig sehr zurückzuhalten, „Koks“ gänzlich zu meiden. Die Kammer hält es für angebracht, dem Thema auf den Grund zu gehen. Es sollen kurzfristig die Weichen für die Einholung entsprechender Sachverständigengutachten gestellt werden.
Den eigentlichen Überfall auf die Tankstelle in Bruchhausen-Vilsen hat der 19-Jährige offenbar gegen 21 Uhr als Solist begangen. Allerdings wartete der Kumpel im Auto hinter dem Gebäude schon startbereit, als der Jüngere gemäß Absprache maskiert und mit einer Schreckschusspistole bewaffnet auf Geldbeschaffungstour war. Er soll die allein im Shop befindliche Mitarbeiterin gezwungen haben, das Bargeld aus der Kasse zu nehmen und in eine Plastiktüte zu packen. Die Beute soll 455 Euro betragen haben. Noch am selben Abend wollen die Angeklagten die Summe locker durchgebracht haben – in einer Spielothek und für Drogennachschub.
Und nun wurde dringend Nachschub an Barem gebraucht. Der 22-Jährige gab an, am Tag danach erst „durch die Gegend gefahren“ und dann speziell die Gegebenheiten im Leester Netto-Markt gecheckt zu haben: Er kam zunächst als Kunde, kaufte sich einen Energy-Drink und ließ dabei das Vorhaben für den Überfall am späten nächsten Abend reifen. Wie es im Einzelnen laufen solle, habe man „abgesprochen“. Er habe das Auto diesmal auch nicht selbst gesteuert; angeblich, weil er zu viel Kokain intus hatte. „Wir wurden gefahren.“
Wer als Chauffeur fungierte, behielt der Angeklagte für sich. Kurz vor Betriebsschluss sollen die vermummten Täter zwei Mitarbeitern am Hintereingang aufgelauert und sie mit – ungeladenen – Schreckschusspistolen bedroht haben. Die vorsorglich mitgeführte Brechstange soll sich als sinnvolles Instrument zum Knacken des Tresors erwiesen haben. Mit über 20.000 Euro gelang den Räubern vorerst die Flucht. Einige Tage später waren sie der Polizei jedoch ins Netz gegangen. Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt.