Weyhe-Kirchweyhe. Dass sie gegen Rassismus und Ausgrenzung sind, ließen die Teilnehmer an der Nacht der Jugend im Jugendhaus Trafo in Weyhe am Sonnabend deutlich erkennen. Bei Vorträgen und in Workshops wurde intensiv zu diesen Themen diskutiert und an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 erinnert.
Bereits zum fünften Mal befassten sich die jungen Besucher im Jugendhaus Trafo mit diesem Themenbereich. Lediglich im vergangenen Jahr konnte aufgrund der Corona-Pandemie keine Präsenzveranstaltung angeboten werden. Ein siebenköpfiges Organisationsteam um den Sozialpädagogen Lars Thyen und Jugendpfleger Till Wörner hatte die aktuelle Veranstaltung seit Monaten akribisch vorbereitet. „Wir wollen ein Statement gegen Menschenverachtung setzen“, erklärte Wörner zu Beginn des öffentlichen Teils.
Der erste Vortrag begann mit einem Rückblick. Nach einem Lied über Stolpersteine wurde an den kürzlich verstorbenen Weyher Ehrenbürger Otto Polak erinnert, der sich als einer der letzten Zeitzeugen des Holocaust in der Region große Verdienste um die Aufarbeitung dieses dunkelsten Kapitels deutscher und auch Weyher Geschichte erworben hat. „Wir wollen dessen Kampf weiterführen“, hieß es. Mit einem kurzen Film zeichneten die Veranstalter zudem den Lebens- und Leidensweg von Bernhard Poelder auf, nach dem in Leeste eine Straße benannt ist. „Er hat unter den Folgen jahrelang gelitten“, hieß es.
Viele nachhaltige und bittere Eindrücke hatten die Weyher Jugendlichen bei einem Besuch in der Gedenkstätte Bergen-Belsen – einem früheren Konzentrationslager – vermittelt bekommen. „Alles zur Entmenschlichung und Entwürdigung“, fasste es Thyen im Vortrag zusammen. Sein Team bewies mit Bildern, dass „rechtes Zeug“ zuletzt in Weyhe wieder entdeckt wurde: Sticker in Leeste, Hakenkreuze an andere Stelle und SS-Runen bei der Zentralsportanlage. Mit Zitaten von Anne Frank klang der erste Teil des Abends aus.
Die Behauptung „Jeder kennt einen, der von Verschwörung schwadroniert“ warf der Beamer vor dem zweiten Referat auf die Leinwand, die auf der Bühne ihren Platz neben einem Schlagzeug bekommen hatte. Der Fachreferent Jonas Fischer schaute auf regionale Netzwerke und Akteure in Bremen, der Region und im Landkreis Diepholz und sprach von steigenden antisemitischen Straftaten. „Antisemitismus. Das zentrale Ideologie-Element?“ Mit diesen Worten heizte der Vortragende die Diskussion an.
Auf einer Übersicht war ein übergroßes Dunkelfeld, umgeben unter anderem von der AfD und der Gruppierung Die Basis, zu sehen. Weitere Punkte waren Entwicklung und Strategien. Mit Videos zeigte Fischer eine Querdenker-Demo 2020 in Bremen-Vegesack. „Da waren typische Codes zu hören“, betrieb er Aufklärung und sprach anschließend unangemeldete Störaktionen im Wechsel mit angemeldeten Aufmärschen an. Es gab viel zu informieren und zu sagen, sodass die angesetzte Stunde längst nicht ausreichte, um alles zu durchleuchten.
Es war hauptsächlich ein Tag zum Nachdenken, aber für die jungen Gäste schließlich auch eine Veranstaltung zum Genießen. Die Kultur kam nämlich bei dieser Nacht der Jugend nicht zu kurz. Neben dem Bremer Rock-Duo Below Zero, das wie eine ganze Band klang, sorgten Rapperin L-Sura aus Leipzig mit Hip-Hop und der Bremer Rapper Karlzon für Abwechslung. An etlichen Informationsständen gab es entsprechendes Material zum Mitnehmen – Aufkleber wie „Kein Mensch ist illegal“ oder „Rechtsaußen bleibt draußen“, aber auch diverse Aufklärungsschriften. Bei einer Tombola konnten T-Shirts, aber auch Getränke und Chips gewonnen werden.
„Wir waren zufrieden und hatten einen guten inhaltlichen Austausch“, urteilte Thyen über die Workshops. In einem davon unter Federführung der Antisemitismuskritischen Bildungsarbeit (Akriba) wurde beleuchtet, was Antisemitismus überhaupt ist, in dem anderen wurde auf Symbolik, Codes und Lifestyle der extremen Rechten eingegangen.