Weyhe. Damit es in den Gärten in der Gemeinde Weyhe künftig nur so brummt und summt, sollen Bürger künftig Hilfe bei der naturnahen Gestaltung bekommen. Heiko Janßen übernimmt dafür ein weiteres Ehrenamt für die Gemeinde: Als Naturgarten- und Insektenbeauftragter steht er Bürgern und Unternehmen in Weyhe künftig bei Fragen rund um die nachhaltige Pflege des heimischen Grüns zur Seite.
Erfahrung hat der Melchiorshauser bereits zuhauf gesammelt. "Mein Garten ist mein Hobby", schildert Janßen. Auf seiner Fläche von rund 1500 Quadratmetern mit mehreren Teichen verbringe er wöchentlich mehrere Stunden und mache viel selbst, führt er aus. Durch seine Reisen auf See habe der 78-Jährige in jungen Jahren bereits gesehen, "wie Teile der Welt kaputt gemacht werden, damit wir besser leben können", erklärt er seine Motivation, etwas für den Erhalt der Artenvielfalt zu unternehmen. Folgerichtig entschied sich Janßen später für ein Lehramtsstudium in Biologie und Geografie. Seit 1981 engagiert er sich im Naturschutzbund (Nabu) und seit fast 30 Jahren auch als Wespenbeauftragter in Weyhe.
Aus diesen Erfahrungen weiß Janßen auch, worauf es bei einer naturnahen Gartengestaltung ankommt. "Die Grundlage allen Lebens ist der Boden – der sollte in Ordnung sein", umreißt er. Ein Blick in die Natur zeige, dass ein guter Boden stets bedeckt sei. Etwa mit Mulch oder Pflanzen; erst dann könne dort Leben entstehen. Der Boden sei auch für die Bienen zur Fortpflanzung relevant, wenn sie dort ihre Eier und Nahrung deponieren. "Wenn man den Boden jede Woche harkt, ist das alles zerstört", mahnt der Fachmann. Ebenso sei es in der Landwirtschaft kontraproduktiv, die Blühflächen zu pflügen.
Als weitere Grundregel rät Janßen, auf Blütenpflanzen zu setzen, um den Insekten Pollen und Nektar bereitzustellen. Kämen diese mit nicht gefüllten Blüten daher, wirke das zwar voluminös und schöner. "Für die Insekten ist es dann aber wertlos", erklärt er weiter. Schneeglöckchen, Osterglocken oder Muscari seien den Insekten immer willkommen. An den Hecken machten sich Weide und Erle gut. "Das müsste von März bis Oktober blühen", sagt Janßen. Aus diesem Grund seien mehrjährige Blühmischungen empfehlenswert, um die volle Wirkung zu entfalten.
Kein Wunder, dass Janßen vehement vom Einsatz chemischer Mittel abrät. "In einen Naturgarten gehört kein Gift", betont er. Zudem wirke dieses auch auf den Menschen, Insektizide etwa könnten Nervenschäden anrichten. Für ihn sei auch nicht verständlich, wieso es gegen unter Naturschutz stehende Arten wie Wespen und Bienen Kontaktgifte im Handel zu kaufen gibt.
Idee geht auf Win-Region zurück
Die Idee für einen Naturgarten- und Insektenbeauftragten selbst geht auf die Blühflächeninitiative der Win-Region zurück, der neben Weyhe auch die Kommunen Stuhr, Syke, Bassum und Twistringen angehören. Bei den Projekten zur Flächenaufwertung hätten die Projektpartner beobachtet, dass auch Bewohner der Kommunen viel Interesse an Blühbereichen und Artenschutz zeigten. "Aber oft fehlt die Anleitung und Hilfestellung", sagt Weyhes Gemeindesprecher Sebastian Kelm. Daher hätten sich die Kommunen darauf verständigt, lokale Ansprechpartner anzuwerben. Formell muss Janßen noch durch den Weyher Verwaltungsausschuss berufen werden.
Auch Ulf Panten, im Weyher Rathaus zuständig für Umwelt- und Naturschutz, spricht von einem Baustein in einem wichtigen Feld. "Die Beobachtung in den letzten 20 Jahren ist dramatisch", sagt er. Auch die Gartengestaltung sei ein Element, um das Klima zu schützen und die bedenkliche Entwicklung umzukehren, damit sich der Bestand erholen könne. Einen Beitrag dazu leiste die Gemeinde auch mit mittlerweile 116.000 Quadratmetern Blühflächen inner- und außerorts angelegt. Eine "stattliche Summe", findet Panten und bittet an dieser Stelle, die Blumen nicht zu pflücken. Er habe in den vergangenen Tagen deshalb wieder mehrere Reklamationen erhalten. "Sie sollten der Insektenwelt vorbehalten bleiben", wirbt er um Rücksicht.
Der Plan, einen Naturgarten- und Insektenbeauftragten für Weyhe zu präsentieren, sei zwar wegen der Corona-Pandemie etwas in Verzug geraten. Panten gibt sich dennoch zuversichtlich: "Wir können diese Saison noch gut was erreichen." Wer für den Sommer noch eine Blühfläche anlegen wolle, könne Janßens Expertise gut gebrauchen. Außerdem sind im Rathaus derzeit auch wieder Wildblumen-Saatmischungen der Stiftung Naturschutz im Landkreis Diepholz erhältlich. "Es ist noch nicht zu spät, einzusäen", merkt Panten an.