Ein psychisch kranker 21-Jähriger soll gleich zwei Paketzustellern übel mitgespielt haben: am 13. Juni im Weyher Ortsteil Leeste, wo dem Boten offenbar sogar ein langes Küchenmesser vor den Bauch gehalten wurde, sowie am 27. August in Syke. Am Landgericht Verden hat nun das Sicherungsverfahren gegen den jungen Mann begonnen. Er war zunächst in Untersuchungshaft gekommen. Mitte November hatte die 2. Große Strafkammer jedoch seine einstweilige Unterbringung in einer psychiatrischen Fachklinik angeordnet. Dort befand er sich auch am Montag: Die auf vorerst vier Tage terminierte Hauptverhandlung findet ohne den Beschuldigten statt.
Der aus Landau in der Pfalz stammende Mann, der zuletzt in Weyhe bei Familienangehörigen und wohl auch schon mal in einer Obdachlosenunterkunft wohnte, soll unter einer Schizophrenie leiden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er besonders schwere räuberische Erpressung beziehungsweise Raub im Zustand der sicher verminderten, möglicherweise sogar aufgehobenen Schuldfähigkeit begangen hat. Das Gericht hat zu prüfen, ob die beantragte unbefristete Unterbringung im Maßregelvollzug in Betracht kommt.
Gefahr für die öffentliche Sicherheit möglich
Aktuell kommt auf jeden Fall nicht einmal Betracht, dass der 21-Jährige nach Verden gebracht wird. Nachdem Ärzte der Klinik in der Region Hannover über mehrfache „Vorfälle“ berichtet hatten, unter anderem „Randalieren“, Tätlichkeiten gegenüber Mitpatienten und versuchte Angriffe auf Personal, hat die Kammer entschieden, dass ohne den Beschuldigten verhandelt wird. Die Verhandlung würde wahrscheinlich eine weitere Belastungssituation bedeuten. Von dem derzeit nicht transportfähigen Mann sei erneut aggressives Verhalten zu befürchten, hieß es. Es könnte mithin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehen.
Der Vorsitzende Richter sprach mit Verweis auf die Klinikärzte und den psychiatrischen Sachverständigen auch von „krankheitsbedingter Wirklichkeitsverkennung“ bei dem Beschuldigten. Zu den Tatvorwürfen hat sich der 21-Jährige bereits geäußert: Der Vorsitzende hat ihn in der vergangenen Woche im Krankenhaus in Anwesenheit der Verteidigerin und des Sachverständigen vernommen. Eine Zusammenfassung seiner Befragung wurde verlesen. Hinsichtlich des ersten Falles hat der 21-Jährige demnach unterschiedliche Angaben dazu gemacht, was er mit dem auffälligen Messer bezweckte. Mal sprach er davon, er habe dem Paketzusteller nur drohen wollen, mal war die Rede von „abstechen“. In dem Päckchen sollen sich etwa zehn Gramm einer „Kräutermischung“ befunden haben. Auch von einem künstlichen Cannabisprodukt war die Rede, bestellt auf den Namen eines Angehörigen.
Weil er eindeutig nicht der ausgewiesene Empfänger war, wollte der Lieferant ihm das Paket auch nicht aushändigen. Der Mann habe aber sofort versucht, ihm das Päckchen „aus der Hand zu reißen“, erinnerte sich der als Zeuge gehörte 40-jährige Postmitarbeiter. Nach dem Verweis auf das fällige Geld, rund 430 Euro, habe der aufgebrachte, nach Alkohol riechende Mann „ein ziemlich großes Messer aus dem Hosenbund gezogen“ und ihm mit etwa 20, 30 Zentimeter Abstand vor den Bauch gehalten. „Da habe ich ihm das Paket gegeben, das ist mir das nicht wert.“
Der Zeuge erwähnte auch eine entsprechende Dienstanweisung für derlei Situationen und gab an, dann sofort seinen Chef und die Polizei verständigt zu haben. Auf die Frage, was er angesichts des Messers empfunden habe, sagte er: „Angst. Ich hatte so etwas noch nicht erlebt.“ Ob auch Todesangst? Das bejahte der Mann. Er hatte noch längere Zeit mit dem Erlebten „zu tun“ und nahm psychologische Hilfe in Anspruch.