Der psychisch kranke Mann war schon mehrfach durch Gewalttätigkeiten aufgefallen und „polizeibekannt“, als er am 8. Juni nach einer Verfolgungsjagd und heftigem Widerstand endgültig festgesetzt wurde. Am Kirchweyher Bahnhof hatte er zuvor Steine auf Mitglieder einer Spargeltour geworfen und einem Mann durch Schläge mit einer Holzlatte, aus der noch Nägel herausragten, Verletzungen zugefügt. Die Hauptverhandlung im Sicherungsverfahren gegen den 33-Jährigen dürfte früher als geplant zu Ende gehen. Vor dem Landgericht Verden hat jetzt der Sachverständige sein Gutachten erstattet.
Demnach leidet der Beschuldigte an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, die insgesamt zur Rede stehenden Straftaten hätten ihre Ursache in der Erkrankung. Tobias Bellin, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Hannover, erklärte, dass die Schuldfähigkeit des Mannes mindestens erheblich eingeschränkt war, wahrscheinlich sogar gänzlich aufgehoben. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte unbefristete Unterbringung in einem Fachkrankenhaus ist aus Sicht Bellins „erforderlich“. In eine psychiatrische Klinik war der Beschuldigte bereits bald nach seiner Festnahme auf richterliche Anordnung eingewiesen worden. Dort soll sich durch gezielte Medikamentengabe inzwischen schon eine Besserung der Symptome gezeigt haben.
Hausverbot und Platzverweise ignoriert
Bevor er die Nähe zu seiner Familie in Kirchweyhe gesucht hatte, hielt sich der Mann zuletzt in Mülheim an der Ruhr auf. Wegen Straftaten soll er sich in der Vergangenheit einige Zeit in der Justizvollzugsanstalt Köln befunden haben. In der Gemeinde Weyhe hatte er im Frühjahr für etliche Polizeieinsätze gesorgt. „Wir hatten superoft mit ihm zu tun“, sagte einer der Beamten, die als Zeugen gehört wurden. Dabei seien auch etwa drei, vier Messer sichergestellt worden. Platzverweise soll der Beschuldigte ebenso ignoriert haben wie ein von der Gemeinde ausgesprochenes „Hausverbot für die elterliche Wohnanschrift“.
Selbst ohne festen Wohnsitz war der Mann dort wohl immer wieder aufgetaucht. Am 31. Mai soll er aus einem Fenster „weiße Steine“ auf die Straße und in Richtung von Passanten geworfen haben. Ein Mann hatte eine Blessur am Oberschenkel davongetragen. Schon am Himmelfahrtstag, 9. Mai, hatte er laut Antragsschrift der Staatsanwaltschaft zwei Gäste einer Familienfeier angegriffen, die sich im Garten des Lokals Kirchweyher Hof aufhielten. Einem 69-Jährigen versetzte er einen Tritt in den Bauch, ein jüngerer Verwandter wurde von einem als Wurfgeschoss genutzten Stuhl am Oberarm getroffen.
Die 10. Große Strafkammer hatte vorsorglich acht Verhandlungstage bis Mitte Januar anberaumt. Nach vier Terminen mit der Vernehmung von zehn Zeugen und der Erstattung des Sachverständigengutachtens sollen schon am kommenden Mittwoch, 11. Dezember, die Plädoyers gehalten und voraussichtlich auch das Urteil verkündet werden.