Weyhe. Auch in der Gemeinde Weyhe herrscht, wie bundesweit, ein Mangel an pädagogischem Personal für Kindertagesstätten (Kitas). Es fehlt an Fachkräften und diejenigen, die auf dem Markt sind, sind umkämpft. Ein gravierendes Problem sind dabei die Ausbildungsbedingungen: In Niedersachsen ist es üblich, zunächst eine zweijährige Ausbildung als sozialpädagogische Assistenz und anschließend eine zweijährige Ausbildung zum Erzieher zu absolvieren – beides allerdings schulisch und ohne Vergütung.
"Das mag einer der Gründe sein, warum es den Fachkräftemangel gibt", befindet Inga Bleeker, Teamkoordinatorin im Weyher Kinder- und Familienservicebüro. Daher sei es verständlich, dass Schulabgänger sich oftmals gegen eine Ausbildung im pädagogischen Bereich entscheiden. Deshalb geht die Gemeinde neue Wege, um die Personallücken im Kitabereich zu stopfen oder zumindest zu verkleinern. Der eine Weg ist, bereits ausgebildete Sozialassistenten schon zur Arbeit in die Kitas zu schicken. Dadurch verdienen sie bereits Geld und werden für den schulischen Teil der Ausbildung freigestellt.
Das andere Standbein der Fachkräfte-Akquise besteht aus Quereinsteigern: "Wir wollen Wege in den pädagogischen Bereich schaffen und profitieren von der Nähe zu Bremen", erklärt Bleeker. Durch andere Zulassungsvoraussetzungen in Bremen ist dort, anders als in Niedersachsen, bei nachgewiesenen Vorerfahrungen ein direkter Einstieg in die Erzieher-Ausbildung möglich. Für die Erzieherausbildung gibt es zwar grundsätzlich die Möglichkeit, eine sogenannte praxisintegrierte Ausbildung zu absolvieren, diese wird aber aufgrund von Personalmangel an den Berufsbildenden Schulen (BBS) Syke nicht regelmäßig angeboten, so auch in diesem Jahr.
Diesen Weg in die Pädagogik bestreiten in Weyhe derzeit zwölf angehende Sozialassistenten und Erzieher. Damit die Gemeinde ihnen den Einstieg in den Beruf ermöglicht, müssen sich die Kräfte verpflichten, nach Abschluss der Ausbildung anderthalb Jahre bei der Kommune zu arbeiten. Mitbringen müssen Interessierte neben einem Führungszeugnis und einer Schutzimpfung gegen Masern entweder das Abitur oder eine abgeschlossene Ausbildung zum Sozialassistenten. Alternativ führt der Weg auch über einen Realschulabschluss und drei Jahre Berufserfahrung oder einen Realschulabschluss, eine abgeschlossene Ausbildung und 900 Stunden Arbeitserfahrung in die Ausbildung zum Erzieher, weiß Jasmine Sieling vom Weyher Kinder- und Familienservicebüro. Am wichtigsten sei für die Interessierten die Vorerfahrung und die Motivation, im pädagogischen Bereich zu arbeiten, so Bleeker. Außerdem: "Die Perspektive für eine längere Zusammenarbeit muss da sein", auch zwischenmenschlich sollte es passen.
Eine klassische Quereinsteigerin ist Stephanie Steffan. Sie hat 15 Jahre im kaufmännischen Bereich gearbeitet, kam allerdings zu dem Schluss, umzusatteln: "Ich hatte das Gefühl, dass mir das Pädagogische mehr liegt." Aus bürokratischer Sicht sei der Wechsel zwar "ein Dschungel" gewesen, bereut hat sie ihn allerdings nicht. Seit 2021 arbeitet sie bereits als Zusatzkraft zur Entlastung des Kita-Personals und absolviert die Ausbildung zur Erzieherin.
Um das zu ermöglichen, muss die Gemeinde dafür zahlen, um die angehenden Erzieher zur Ausbildung nach Bremen schicken zu dürfen. Die Schul- und Fahrtkosten der Auszubildenden trägt die Gemeinde, an drei Tagen pro Woche arbeiten die Einsteiger in den Kitas, an zweien drücken sie die Schulbank. Auszubildende Erzieher werden in die Entgeltgruppe S 2 eingestuft und steigen laut dem Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung mit einem Monatsgehalt von 2401,55 Euro brutto ein.
Momentan sei die Personallage in den Weyher Einrichtungen noch relativ gut, auch wenn sie froh sei, "wenn die Kollegen fertig sind", erklärt Inga Bleeker. Der Personalbedarf kann sich nämlich schlagartig ändern: Werden junge Erzieherinnen schwanger, fallen sie von Gesetzes wegen aus Sicherheitsgründen sofort aus. Im Sommer seien drei Kolleginnen nahezu gleichzeitig schwanger geworden, auch dadurch seien ein paar Stellen unbesetzt. Dennoch sei die Gemeinde laut Bleeker gegenwärtig "gut aufgestellt".