Nein, das Europe Blues Train Festival findet nicht ausschließlich in Bruchhausen-Vilsen statt. Doch der Luftkurort ist die einzige Etappe, auf der tatsächlich in einem Zug musiziert wird, und dann auch noch in einem historischen Zug. Zwei Wagen gehen am Sonnabend, 20. September, um 18.30 Uhr auf die Strecke von Bruchhausen-Vilsen nach Asendorf. In einem musiziert das Trio Rag Doll, in dem anderen das Duo Suitcase Brothers. Anschließend, ab 20 Uhr, treten beide Bands noch einmal im Alten Gaswerk, Am Gaswerk 1, auf.
Rag Doll
Rag Doll – das ist als Begriff durch das Lied von Aerosmith aus dem Jahre 1987 bekannt geworden. Eine Rag Doll ist eine Puppe, die aus Stoffresten oder Lumpen hergestellt wird, sie gehört zu den ältesten Kinderspielzeugen überhaupt. Der Begriff umschreibt aber auch eine Katzenrasse mit einem entspannten und anhänglichen Wesen. Wem davon die deutsche Band Rag Doll näher kommt, können Interessierte nach dem Konzert beurteilen. Klar ist bereits vorweg: Käthe von T (Gesang), Ulrikke Hanspach-Torkild (Posaune und Gesang) und Amy Protscher (Klavier, Schlagzeug und Gesang) haben sich der Musik der 1920er-Jahre verschrieben, der eher unbeschwerten Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, den "Roaring Twenties".
Das Berliner Trio orientiert sich an der "Kaiserin des Blues", an Bessie Smith und ihren Zeitgenossinnen Ma Rainey, Ethel Waters und Alberta Hunter. Rag Doll nimmt sein Publikum mit auf die Reise des goldenen Zeitalters von Ragtime, Boogie Woogie, Harlem Stride und Barrel House. "Der Funke springt sofort über", heißt es in der Ankündigung. Wie früher auf einem Juke Joint. Was das war? Ein informeller Ort im ländlichen Südosten der USA, hauptsächlich von Afroamerikanern betrieben, auf dem Musik, Tanz, Glücksspiel und Getränke angeboten wurden. Die Norddeutsche Rundschau lobte "die temperamentvolle Stimmgewalt" des Trios. Die habe einen Ruck durchs Publikum ausgelöst. Rag Doll spiele "Ragtime vom Feinsten in seltener Form und Exquisität".
Suitcase Brothers
Warum passt das Europe Blues Train Festival so gut in die historischen Züge der Museumseisenbahn in Bruchhausen-Vilsen? Ist doch klar: weil der schleppende und stampfende Rhythmus des Blues durchaus Ähnlichkeit mit den Fahrgeräuschen der Dampflokomotiven hat. Für die Suitcase Brothers Santos und Victor Puertas gleicht dieser Rhythmus dem Herzschlag. "Man braucht nichts zu wissen, man muss ihn nur fühlen."

Mit Begeisterung und Ausdruckskraft: Die Suitcase Brothers bringen das Leben zurück in den Blues.
"Die Suitcase Brothers sind bekannt dafür, den Blues mit einer Begeisterung und Ausdruckskraft zu spielen, die nicht leicht zu finden ist", heißt es in einer Pressemitteilung. Und das nur mit ihren beiden Stimmen, einer Blues Harp (Victor Puertas) und einer Akustikgitarre (Santos Puertas). "Sie haben sich als eins der besten Blues-Duos der heutigen Szene etabliert", heißt es weiter.
Seit dem Jahr 2002 tingelt die Veranstaltungsreihe Blues Train durch die Bundesrepublik. Den Zug in den Landkreis Diepholz holte vor zehn Jahren der Heimat- und Verschönerungsverein Martfeld, 2017 übernahm dann Bruchhausen-Vilsen. "Die Location ist einmalig", findet die ausrichtende Agentur Artem aus Berlin. Viele Tickets lassen sich im Luftkurort allerdings nicht verkaufen, weshalb der Energieversorger Avacon die Veranstaltung finanziell unterstützt. "Ich gehe davon aus, dass die Konzerte schnell ausverkauft sind", warnt Melanie Blohm vor Entschlussschwierigkeiten.