Der wegen Mordes und zweifachen Mordversuchs angeklagte Mann aus Kirchdorf muss sich nicht das erste Mal vor Gericht verantworten. Im Prozess vor dem Landgericht Verden sind am Montag mehr oder weniger alte Justizakten aufgeblättert worden. Verlesen wurden zwei Urteile von Amtsgerichten, die zuvor schon mehrfach erwähnt worden waren. Demnach erhielt der Angeklagte 2002 nach einem von ihm verursachten Verkehrsunfall mit Todesopfer eine neunmonatige Jugendstrafe auf Bewährung. Auch vor fast genau acht Jahren kam der Landwirt mit einer Bewährungsstrafe davon. Damals ging es um ganz andere Straftatbestände. Ein Auto spielte allerdings auch eine Rolle.
Der heute 43-Jährige war im Juni 2017 vom Amtsgericht Stolzenau wegen versuchten sexuellen Missbrauchs, Freiheitsberaubung und Körperverletzung zu anderthalb Jahren Haft verurteilt worden, ausgesetzt zur Bewährung. Das zu ahndende Tatgeschehen lag damals bald auf den Tag genau ein Jahr zurück. Wie in dem Mordfall an der 17-Jährigen in Barenburg, der dem Mann aktuell angelastet wird, war er seinerzeit allein auf dem Familienhof. Die Eltern befanden sich laut dem Urteil im Urlaub.
Opfer konnte fliehen
Nach einem Besuch bei einer Verwandten war der Angeklagte im Kreis Nienburg in seinem Auto unterwegs. Dabei fiel ihm im Raum Uchte das spätere Opfer auf. Der 14-jährige Radfahrer war auf dem Weg nach Hause, als der Angeklagte ihn überholte und sich ihm mit seinem Wagen in den Weg stellte. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts versuchte der Jugendliche, um das Auto herumzufahren, wurde von dem Kirchdorfer aber „vom Fahrrad gerissen“ und in den Wagen „gestoßen“. Bei verriegelten Türen, wie es hieß, sollte die Tour nun in ein „abgelegenes Gebiet“ gehen. Dort soll der Angeklagte „Kuscheln“ und intime Handlungen geplant haben. Als er auf der Bundesstraße 61 plötzlich bremsen musste, war dem 14-Jährigen allerdings die Flucht aus dem Fahrzeug gelungen.
Im Urteil war unter anderem von einer „Spontantat“ des Angeklagten die Rede, der ein glaubhaftes Geständnis abgelegt habe. Eine „vollgeständige Einlassung“ hatte er auch in dem Fall abgegeben, der im Oktober 2002 am Amtsgericht Sulingen verhandelt worden war. Dabei ging es um den Unfall mit Todesopfer, den er im April 2001 auf einer Kreisstraße im Landkreis Diepholz verursacht hatte. Ein Mann nicht genannten Alters war dabei ums Leben gekommen. Der Angeklagte war zum Zeitpunkt der unheilvollen Fahrt nachweislich alkoholisiert – eine Blutprobe hatte 0,75 Promille ergeben.
In seiner Einlassung im jetzigen Prozess war auch dieses Geschehen angeführt worden. Bei dem „Vorfall“ sei er „übermüdet“ gewesen und habe ein Auto „an einer Kreuzung nicht wahrgenommen“. Nach dem tödlichen Unfall befand sich der Angeklagte drei Monate in einer Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Im Urteil des Amtsgerichts wurde auf eine „nicht altersgerechte Entwicklung“ des jungen Mannes verwiesen.