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Landkreis Diepholz Die Linke: Mutter und Sohn Terstiege bilden das neue Vorstandsduo

Familienpower in der Politik: Uta und Lukas Terstiege sind das neue Vorstandsduo der Linken im Landkreis Diepholz. Der Kreisverband ist innerhalb kurzer Zeit von 40 auf 140 Mitglieder angewachsen.
02.07.2025, 16:55 Uhr
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Die Linke: Mutter und Sohn Terstiege bilden das neue Vorstandsduo
Von Sabine Lüers-Grulke

. Lukas und Uta Terstiege bilden das neue Vorstandsduo der Linken im Landkreis Diepholz. Mutter und Sohn aus Sulingen wurden bei der jüngsten Kreisverbandssitzung gewählt, wobei Uta Terstiege (50) mit einer Stimme Mehrheit knapp vor ihrem 20-jährigen Sohn lag. Gemeinsam wollen sie jetzt Die Linken im Landkreis voranbringen. Deren Mitgliederzahl ist innerhalb weniger Wochen von 40 auf 140 gestiegen.

"Ich war immer links", sagt Uta Terstiege von sich. "Aber ich war kein Fan von Sahra Wagenknecht." Die gelernte Krankenschwester, die auf der Inneren Station im Sulinger Krankenhaus arbeitet, trat daher erst in die Partei ein, nachdem schon ihr Sohn beigetreten war. Dabei war Die Linke Anfang des Jahres eigentlich fast abgeschrieben, gerade auch auf Bundesebene. In Umfragen landete die Partei eher bei drei Prozent und fürchtete nach Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) um den Einzug in den Bundestag. Doch der neuen Vorsitzenden Heidi Reichinnek gelang ein Überraschungserfolg, der sich auch landesweit niederschlug und den Linken einen erheblichen Zulauf bescherte. Die Partei sitzt nach einem Wahlergebnis von 8,8 Prozent mit 64 Abgeordneten im neuen Bundestag, während das BSW an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.

Für Uta Terstiege war der "Rechtsruck, auch hier auf dem Land" der entscheidende Moment, den Linken beizutreten. Montags steht sie schon seit Langem auf der Gegenseite der AfD-Demos, die in Bassum stattfinden. Die Themen, die ihr am meisten am Herzen liegen, seien Migration und Integration. "Wir haben kein Problem mit der Migration, aber mit der Integration", sagt sie. Die Anforderungen an Geflüchtete, zunächst mindestens das Sprachniveau B2 erlangen zu müssen, bevor sie in Deutschland arbeiten dürfen, hält sie für falsch. "Viele wollen hier arbeiten und Geld verdienen." Sie erlebt "Kinder, die Ängste haben, dass sie wieder weg müssen, und Jugendliche, die sich fragen, ob sie überhaupt eine Ausbildung anfangen sollten, wenn sie doch in zwei Jahren ausreisen müssen".

"Rechtsruck" schon in der Schule

Uta Terstiege ist in Siedenburg aufgewachsen und hat von 1992 bis 1995 den Beruf der Krankenschwester im Sulinger Krankenhaus gelernt. Danach arbeitete sie lange in der ambulanten Pflege, kehrte aber vor drei Jahren auf die Station im Krankenhaus zurück. "Auch in der Gesundheitspolitik gibt es vieles, was im Argen liegt", sagt sie und wünscht sich eine Bürgerversicherung. Die Probleme alleinerziehender Mütter, zu hohe Mieten und überhaupt die ihrer Meinung nach fehlende soziale Gerechtigkeit treiben sie um.

Mit ihrem Sohn wohnt sie in Sulingen. Lukas Terstiege, gerade ausgelernte Fachkraft für Lagerlogistik, arbeitet im Sulinger Stadtteil Lindern. Der 20-Jährige hat nach eigener Aussage in seiner Jugend "das ganze politische Spektrum kennengelernt, denn mein Vater war eher konservativ". Er selbst habe sich schon früh für Politik interessiert, sich aber zunächst an der SPD orientiert: "Bis zum Ampelbruch." Jetzt ist er stellvertretender Vorsitzender der Linken im Kreisverband Diepholz und will sich "insbesondere für queere Themen einsetzen".

Denn schon während seiner Zeit an der Carl-Prüter-Oberschule in Sulingen, die er mit dem Realschulabschluss verließ, hatte Lukas Terstiege Rassismus kennengelernt; einige queere Schüler hätten schon die Schule wechseln müssen. "Der Rechtsruck auch dort macht mir Sorgen", sagt er. In der Bildungspolitik sieht er viel Luft nach oben, denn die derzeitige findet er "nicht mehr zeitgemäß". Er wünscht sich freies Lernen, wie es in manchen Ländern möglich ist.

Stammtisch ja, aber kein "Trinken mit den Linken"

Jetzt wollen Mutter und Sohn erst einmal die Bündnisarbeit in Angriff nehmen, wollen Regionalgruppentreffen anschieben und möglichst einen monatlichen politischen Stammtisch ins Leben rufen – am liebsten in Sulingen, das liege relativ zentral mitten im großen Flächenlandkreis Diepholz. Solche Stammtische gebe es schon anderswo, nur deren Slogan "Trinken mit den Linken" müsse vielleicht noch mal überdacht werden, scherzt Lukas Terstiege. Treffen von Arbeitsgruppen, die sich mit verschiedenen Inhalten auseinandersetzen, könnten dagegen auch online, beispielsweise über Zoom, stattfinden, sagt Uta Terstiege. "Wir werden aber die Mitglieder befragen, was sie gerne tun wollen", sagt Lukas Terstiege.

Im Hinblick auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr und die Landtagswahl in Niedersachsen ein Jahr darauf wollen die Linken im Landkreis Infostände organisieren und auf jeden Fall Haustürgespräche organisieren, auch wenn das mit großem Aufwand verbunden sein werde. "Im ganzen Landkreis", sagt Lukas Terstiege. "Unser Ziel ist, jemanden in den Kreistag zu kriegen – und irgendwann auch in den Landtag." Er und seine Mutter sind für zwei Jahre gewählt, daher fallen beide Wahlen in ihre Amtszeit.

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Für Hobbys bleibt beiden neben der Politik künftig wenig Zeit, zumal Uta Terstiege im Krankenhaus auch im Schichtbetrieb arbeitet. Früher haben beide Thaiboxen betrieben, das sei jedoch schon während der Zeit der Corona-Pandemie weniger geworden. Jetzt finden die zwei nur noch gelegentlich Zeit für den Besuch von Comedy-Veranstaltungen, die beide lieben. Was auch noch ein bisschen dauern werde, sei die Überarbeitung der Website: Künftig wolle sich Die Linke zudem mehr in den Sozialen Medien präsentieren. "Der Landesparteitag hat uns da ganz viele Ideen gebracht", sagt Lukas Terstiege. "Wir haben jetzt eine Chance bekommen, die dürfen wir nicht verspielen."

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