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Kriminalitätsstatistik Gewaltkriminalität im Landkreis Diepholz im Jahr 2024 auf Höchststand

Trotz sinkender Gesamtzahl der Straftaten im Landkreis Diepholz erreicht die Gewaltkriminalität 2024 einen Höchststand. Acht vorsätzliche Tötungsdelikte und steigende Rohheitsdelikte trüben das Bild.
25.03.2025, 17:07 Uhr
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Gewaltkriminalität im Landkreis Diepholz im Jahr 2024 auf Höchststand
Von Sabine Lüers-Grulke

"Die Gewaltkriminalität hat einen Höchstwert erreicht", berichtete Thomas Kues, leitender Polizeidirektor der Polizeiinspektion Diepholz, zur Entwicklung der Gewaltkriminalität im vergangenen Jahr. Am Dienstag stellte er gemeinsam mit Polizeidirektor Thorsten Strier, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) der Diepholzer Polizeiinspektion, die Kriminalitätsstatistik für 2024 vor.

Die Gesamtzahl aller Straftaten ist im Vergleich zum Vorjahr um rund 3,5 Prozent auf 11.225 Fälle gesunken; das sind 413 Fälle weniger als 2023. Seit dem Jahr 2018 sei damit erstmals wieder ein Rückgang der registrierten Straftaten zu verzeichnen, so Kues. Anhand der sogenannten Häufigkeitszahl, die ebenfalls gesunken ist, lasse sich außerdem ableiten: "Wir leben in einer sicheren Umgebung." Denn die Anzahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner reduzierte sich um 208 Fälle auf 5015. In der gesamten Polizeidirektion Oldenburg, zu der auch die Polizeiinspektion Diepholz gehört, liegt diese Häufigkeitszahl mit 5112 darüber. Landesweit liegt der Wert sogar bei 6485 Fällen. Als "sehr gut" bezeichnete der Polizeidirektor auch die noch einmal – um 2,62 Prozent – gestiegene Aufklärungsquote, die jetzt bei 67,24 Prozent liege.

Wir leben in einer sicheren Umgebung.
Thomas Kues, Leiter der Polizeiinspektion Diepholz

Thorsten Strier differenzierte die Gesamtkriminalität, die zwar leicht gesunken ist, jedoch hätte es im vergangenen Jahr auch acht vorsätzliche Tötungsdelikte gegeben. Zwei davon seien noch unaufgeklärt: Dabei wurden Radmuttern von Autos gelöst, jedoch sei niemand zu Schaden gekommen. Anders dagegen bei mehreren Nachbarschaftsstreitigkeiten, bei denen in drei Fällen auch Messer zum Einsatz kamen. Damit sei insgesamt die Zahl der Taten, bei denen Messer im Spiel waren, leicht rückläufig. Aber es gab auch den Fall einer Glasflasche am Hals, und eine ältere Frau hätte mittels ihres Elektrorollstuhls versucht, einen Radfahrer umzufahren.

5655 Tatverdächtige wurden insgesamt ermittelt (2023: 5674), davon waren mehr als drei Viertel (76 Prozent) männlich, ähnlich wie im Vorjahr. Die Erwachsenen (ab 21 Jahren) stellten mit 77,68 Prozent den größten Anteil dar. Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) machten knapp zehn Prozent aus, Kinder (unter 14 Jahre) knapp fünf Prozent. Sorgen bereiten der Polizei die Tatverdächtigen unter 18 Jahren, bei denen die Zahl der gefährlichen Körperletzungen angestiegen sei. Rund ein Drittel aller Tatverdächtigen sei "nichtdeutsch", 38 Personen weniger als im Vorjahr. Ein einziger Intensivtäter sei bekannt, der sitze zurzeit in Haft.

Einen "Höchstwert" bei den Rohheitsdelikten musste Strier allerdings auch einräumen. Im Zehnjahresvergleich befinde man sich jetzt mit 2063 Fällen "auf Rekordniveau", wobei Körperverletzungen mit 1331 Fällen an der Spitze lägen. Allerdings gebe es hier eine hohe Aufklärungsquote von mehr als 92 Prozent.

Mehr Raubtaten auf öffentlichen Plätzen

Die Gesamtzahl der Raubdelikte ist mit 73 Fällen (2023: 80 Taten) und mit einer Aufklärungsquote von über 72 Prozent (2023: 76 Prozent) auf ähnlichem Niveau. Allerdings habe es mehr Raubtaten auf öffentlichen Straßen und Plätzen gegeben, wovon rund 65 Prozent aufgeklärt wurden. So sei der Überfall auf einen 46-Jährigen beim Twistringer Schützenfest im Juli 2024 aufgeklärt und ein 29-jähriger Mann ermittelt worden, der vor wenigen Tagen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Der versuchte Raub bei einem Juwelier in Syke am Tag vor Heiligabend sei ebenfalls aufgeklärt, ein 52-jähriger Tatverdächtiger sei Anfang des Jahres ermittelt worden.

Neben 33 Vergewaltigungen wurden auch zahlreiche Fälle von Kinder- und Jugendpornografie verfolgt. Mittlerweile seien bis zu zehn Beamte bei den Ermittlungen eingesetzt, da sich teilweise auch Missbrauchsfälle ergeben würden, so Strier. In einem einzigen Fall hätten beispielsweise zwei Millionen Dateien ausgewertet werden müssen: "Das bleibt eine Herausforderung, die Datenmengen steigen."

Gewalt gegen Polizisten leicht rückläufig

Leicht rückläufig seien die Fälle, in denen sich die Gewalt gegen Polizisten richtete: 2024 waren es 86 Ereignisse, zwölf weniger als im Vorjahr. Dennoch wurden 33 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz verletzt, ebenso wie einige Rettungskräfte bei ihren Einsätzen. "Alle Gott sei Dank nur leicht", so Strier.

Die Fälle häuslicher Gewalt befänden sich weiterhin auf einem hohen Niveau und bilden auch zukünftig einen elementaren Schwerpunkt der polizeilichen Arbeit in der Polizeiinspektion Diepholz, so Strier. Im Jahr 2024 wurden 692 Fälle (Vorjahr: 612) angezeigt. 482 der 704 Betroffenen waren weiblich; 248 Fälle ereigneten sich innerhalb der Familie, in 416 Fällen waren Betroffene und Täter Partner oder Ex-Partner. In diesem Zuge lobte Kues die Zusammenarbeit mit den Hilfeeinrichtungen für Betroffene, wie der Beratungs- und Interventionsstelle, dem Frauenhaus und dem Weißen Ring, aber auch die Täterberatungsstelle, die der Landkreis Diepholz als einer der wenigen betreibe. Kues fragte sich aber auch "Wer kümmert sich um die männlichen Opfer?"

3832 Diebstähle gab es 2024, 397 Taten weniger als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote stieg von rund 39 Prozent (2023) auf über 44 Prozent, der Höchstwert im Langzeitvergleich seit 2014. Auch die Wohnungseinbrüche nahmen ab: um rund 22 Prozent auf 190 Taten, 54 weniger als im Vorjahr. Mit Ausnahme des "Corona-Jahres" 2021 handelt es sich um den niedrigsten Wert seit 2014, so Strier.

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Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht die Polizeiinspektion laut Strier und Kues bei Betrugsdelikten und anderen Straftaten gegen ältere Menschen: 2024 wurden insgesamt 1904 Vermögens- und Betrugsstraftaten registriert. Vor allem Internetbetrügereien nehmen zu, so Strier. Er bedauerte den Schaden von rund 1,57 Millionen Euro, der durch Anlagebetrug in 52 Fällen speziell ältere Menschen getroffen hatte. Aber auch um die Rohheitsdelikte werde man sich weiter kümmern, "weil die Fallzahlen steigen". Relativ neu sei in diesem Jahr die verstärkte Aufgabe der Polizei, Veranstaltungen zu schützen: "Das ist schon eine Herausforderung", sagte Kues. Es gebe zwar "eine konkrete abstrakte Gefährdung", dennoch werde man keine Veranstaltungen verbieten. In Gesprächen mit Bürgermeistern und Veranstaltern wolle man versuchen, die Szenarien von Messerangriffen oder Autos, mit denen in eine Menschenmenge gefahren werden könne, einzuschätzen und abzuwenden, ohne "dabei völlig zu überziehen".

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