Um seine drückenden Spielschulden loszuwerden, ist ein 29-Jähriger auf die verhängnisvolle Idee gekommen, sich nach dem Schützenfest in Twistringen auf gewaltsame Weise die letzten Tageseinnahmen zu beschaffen. Seinem Opfer, dem Festwirt, fügte er bei dem Überfall am frühen Morgen des 23. Juli vergangenen Jahres, mit einem Messer elf Stich- und Schnittverletzungen zu. Wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung wurde der geständige Angeklagte jetzt zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Das Landgericht Verden ordnete zudem die Unterbringung des von Drogen- und Alkoholproblemen geplagten Mannes in einer Entziehungsanstalt an.
Das am dritten Verhandlungstag verkündete Urteil der 3. Großen Strafkammer erstreckte sich nicht nur auf Haft und Entzug, sondern auch auf Einziehung: 30.000 Euro unterliegen noch als „Wert des Taterlangten“ der Einziehung. Der entstandene Schaden durch die Raubtat war in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft auf rund 45.000 Euro beziffert worden. Darin enthalten waren dem Vernehmen nach Beträge, für die auf Basis ebenfalls verschwundener Listen noch Rechnungen erstellt werden mussten. Das Gericht legte schließlich die 40.000 Euro zugrunde, die der Angeklagte als erlangte Beute angegeben hatte. Seine Familie hat dem Festwirt inzwischen 10.000 Euro als Entschädigung überwiesen.
Angeklagter hatte 20.000 Euro Spielschulden
Etwa doppelt so hoch sollen die Spielschulden gewesen sein, die der Angeklagte zur Tatzeit angehäuft hatte. Er will Repressalien gegen sich und Angehörige befürchtet haben. Während des Schützenfestes, das er jeden Tag besuchte, hatte er laut Urteilsbegründung eine Gelegenheit entdeckt, vielleicht seiner Geldsorgen ledig zu werden. Demnach beobachtete er, dass Einnahmen hinter der Theke in Koffern verstaut wurden. Nach dem letzten Kehraus sah er seine Chance gekommen. Als der einzig noch verbliebene Wirt (46) damit befasst war, seinen als Büro genutzten Wohnwagen an sein Auto anzukoppeln, erschien der reichlich alkoholisierte und unter Drogeneinfluss stehende Angeklagte. Er hatte sich zwecks Tarnung sein T-Shirt über das Gesicht gehalten, hielt ein Messer mit vier Zentimeter langer Klinge in der Hand und forderte Geld.
Opfer erleidet elf Schnitt- und Stichverletzungen
Der Wirt behauptete zwar, Geld sei nicht mehr da, hoffte wohl auch, es könnte noch eine Polizeistreife auf dem Gelände sein, er entkam dem Angreifer aber nicht. Obwohl er sich zur Wehr setzte, erlitt er während der „Rangelei“ elf Schnitt- und Stichverletzungen, von denen einige potenziell lebensgefährlich waren. Der Angeklagte raffte die Geldtaschen aus den Koffern und entkam auf dem Fahrrad. Derweil war es dem Opfer vor Ort nicht möglich, Hilfe zu rufen, weil sein Handy-Akku leer war. Wie es ihm gelungen sei, noch zu einer nahegelegenen Tankstelle zu fahren, erinnere er nicht mehr, hatte der 46-Jährige bei seiner Zeugenvernehmung gesagt.
Mitarbeiter hatten Polizei und Rettungsdienst alarmiert. Der Mann kam umgehend ins Krankenhaus und musste auch operiert werden. Eine Verletzung an der ,Hand hat bis heute eine neurologische Einschränkung zur Folge wie erwähnt wurde.
Steuerungsfähigkeit durch Alkohol und Drogen vermindert
Das Gericht ging mit Verweis auf das Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit aufgrund des Alkohol- und Drogenkonsums erheblich vermindert war. Die Vorsitzende betonte allerdings auch, der Mann habe eine „ganz erhebliche Gewalttat“ verübt und das Opfer „heftig attackiert“. Das Ganze hätte auch viel schlimmer ausgehen können. Insofern hätten beide, der Wirt wie der Angeklagte, noch Glück gehabt. Die Tat sei auch nicht spontan erfolgt, und sie habe zudem auf dem Hang beruht, Rauschmittel einzunehmen. Unbehandelt bestehe die Gefahr, dass er weitere Straftaten begehe.
Die erste war es jedenfalls nicht: Der Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält bereits 16 Eintragungen auf, darunter eine Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren wegen einer Vielzahl von Delikten. Therapiewillig ist der Twistringer angeblich. In den Maßregelvollzug soll er nach dem Urteil überstellt werden, wenn er neun Monate der verhängten Haftstrafe verbüßt hat.