Am frühen Abend des 10. September vorigen Jahres, einem Sonntag, soll der Mann in Barenburg eine 17-Jährige getötet haben, die auf Inlineskates unterwegs war. Sein Messer, so hat es die Staatsanwältin in der Anklageschrift dargestellt, soll er dabei verwendet haben, wie er es seit Jahren „bei der Notschlachtung von Schweinen“ praktizierte. Mit Schweinen hat sich der Landwirt offenbar auch gleich am nächsten Tag wieder befasst. Ein Zeuge sagte jetzt im Verdener Prozess, er habe den 43-Jährigen auf dem Familienbetrieb in Kirchdorf beim Verladen von Tieren unterstützt. „Wie immer“ habe der Mann gewirkt.
Der Zeuge (68), der seit etwa 20 Jahren als Helfer auf dem Hof tätig ist, gab über eine Dolmetscherin an, dass er zu diesem Zeitpunkt schon von dem „toten Mädchen“ gehört habe. Es sei „überfahren“ worden, habe es aber geheißen. Mit dem Angeklagten habe er darüber nicht gesprochen, und der sei ihm auch „absolut nicht anders als sonst“ vorgekommen. Angaben von Zeugen sowie herangezogene Unterlagen vermitteln nach und nach einige Einblicke in das Leben des Mannes, der nicht nur den Mord an der Schülerin verübt haben soll, sondern drei Tage später auch, im Abstand von etwa elf Stunden, zwei Mordversuche an jungen Frauen in Sulingen und Fuhrberg.
Vorstrafe wegen eines Sexualdelikts
Ein paar Male ist im Prozess vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts bereits eine Verurteilung durch das Amtsgericht Stolzenau erwähnt worden. Wie berichtet, soll der Angeklagte 2016 wegen eines versuchten Sexualdelikts, Freiheitsberaubung und Körperverletzung, begangen an einem 14-Jährigen, eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe erhalten haben. Im Detail wurde das Thema bislang nicht erörtert. Noch viel weiter in die Vergangenheit des mutmaßlichen Mörders reicht ein Geschehen, das ebenfalls schon mehrmals Erwähnung fand. Demnach hat der Angeklagte im Jahr 2001 einen Verkehrsunfall mit Todesopfer verursacht.
Was genau damals passiert ist, blieb vorerst offen. Allerdings wurde der junge Mann danach nachweislich in einer Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt. Verlesen wurde jetzt, was im Mai des Jahres im sogenannten Erhebungsbogen der Klinik so alles notiert wurde – von der Mutter des Patienten. Ihr Sohn weigere sich, erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen, hieß es darin. Er nehme keinen Kontakt zu anderen Menschen auf und keine Hilfe an, sei unordentlich und laufe vor Schwierigkeiten weg. Gleichzeitig bezeichnete sie ihn als „hilfsbereit, gutherzig und tierlieb“. Er habe keine Freunde und sein großes Hobby sei die Feuerwehr: „Dafür lässt er alles stehen und liegen."
Die Mutter hatte in dem Bogen zudem einen „schweren Unfall“ des Jungen im Alter von fünf Jahren angeführt. Er sei in einen Topf mit kochend heißem Wasser gefallen, habe sich besonders Verbrühungen am Rücken und am Gesäß zugezogen und sich drei Monate im Krankenhaus befunden. Zu Hause habe er noch lange mit festgebundenen Händen in einer Art Tunnel schlafen müssen, weil er sich sonst die Haut kaputt gekratzt hätte. Ansonsten sei der Sohn „nie ernsthaft krank“ gewesen. Die schweren Verbrühungen soll der Angeklagte im Kindesalter im Elternhaus erlitten haben. Sie sind vor Gericht schon einige Male zur Sprache gekommen.