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50 Jahre SYKER KURIER Stift und Papier, Hammer und Meißel

Kurz vor Ende seines Volontariats schaut Emil Stock auf den Anfang zurück und besinnt sich auf das, was er wirklich gelernt hat. Und zwar die Grundlagen, das ehrliche Handwerkszeug.
18.09.2023, 06:00 Uhr
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Stift und Papier, Hammer und Meißel
Von Emil Stock

Im Angesicht des malerischen Südtirol bekam ich einen Anruf vom Geschäftsführer. "Ja Herr Stock, haben sie nächste Woche Zeit zum Bewerbungsgespräch?", fragte er mich. Ich war etwas überrascht. Hatte ich die Bewerbung doch erst kurz nach meinem Aufbruch in Florenz losgeschickt. Zeit für das Gespräch hatte ich selbstverständlich. Vom Begriff Volontariat hatte ich während meines Studiums zwar schon mal gehört, verortete ihn aber vor allem bei Museen. Umso besser, dass es das Internet gibt. Kurz gesagt: Es ist eine journalistische Ausbildung – gewöhnlich über zwei Jahre.

Die Stellenausschreibung hatte ich auf dem Hinweg meiner dreitägigen Florenz-Reise gesehen. Damals habe ich mir gesagt: Auf dem Rückweg schreibst du eine Bewerbung und dann mal gucken, was passiert. Für mich gab es nach meiner Bachelorarbeit genau zwei Optionen: direkt den Master in Kunstgeschichte hinten dranhängen oder in einem Beruf starten. Aber welchen Beruf bekommt man schon mit einem Bachelor in Kunstgeschichte und Geschichte? Taxifahren war auf keinen Fall eine Option für mich, auch wenn das meine alten Klassenkameraden und Freunde – heute Ärzte, IT-Fachleute, Ingenieure, Anwälte oder doch noch Dauerstudenten – für am wahrscheinlichsten hielten.

Als ich die Stellenanzeige sah, wusste ich noch nicht genau, ob der Journalismus das Richtige für mich ist. Aber das wollte ich unbedingt herausfinden. Das große Wort, Journalismus. Erst einmal alles und nichts. Ich hatte allerdings schon immer ein Faible dafür, Dinge zu hinterfragen, vermeintliche Interessenten auszuloten und nicht immer "Ja" und "Amen" zu sagen. Natürlich gerade in großen Themen. Dass sich die Probleme der großen Welt in den kleinen Städten wiederfinden, habe ich dann während meiner Zeit in Delmenhorst, Achim, Verden und Syke gelernt.

Das Berufsprofil für Journalisten passte ganz gut zu mir, finde ich zumindest: Mit Leuten sprechen, viele unterschiedliche Orte und Dinge kennenlernen und vielleicht sogar investigativ arbeiten. Zugegeben, das Investigative kommt in Bremen und umzu etwas kürzer als Leute, unterschiedliche Orte, Veranstaltungen und Ausschüsse kennenzulernen. Aber gerade das ist das Urhandwerkszeug des Journalismus, der Hammer und der Meißel sozusagen.

Und genau das ist es, was ich in meinem Volontariat lerne. Mit Hammer und Meißel umzugehen. Irgendwelche Hobel oder feine Feilen werde ich im Laufe meines Lebens noch hier und dort finden. Aber niemand kann einen Journalisten gebrauchen, der nicht weiß, wie er das Wesentliche präzise zusammenfasst.

Gerade die vielen Begegnungen sind es, die den Beruf des Redakteurs, so darf man sich nach absolviertem Volontariat bezeichnen, ausmachen. Mehr als ein Mal habe ich mir gedacht: "Wo bin ich denn jetzt gelandet?"- Dann kamen meist auch schon die Besitzer, die Betreiber oder einfach der Mensch, mit dem ich mich dann unterhalten habe. Und plötzlich ist es egal, dass ich in der für mich entlegensten Ecke Niedersachsens bin. Ich freue mich dann einfach nur darauf, dem Menschen mit meinem Text ein Gesicht in der Region zu geben. In den meisten Fällen freuen sich die Menschen, wenn sie in der Zeitung stehen. Das ging mir nicht anders.

Besonders viel Spaß macht es mir, ein Porträt über jemanden zu schreiben oder ein Interview mit jemandem zu führen. Das Gegenüber kennenlernen und das aufzuschreiben. Dabei ist es natürlich hilfreich, dass der Porträtierte oder Interviewpartner meistens irgendetwas Interessantes gemacht hat oder zu sagen hat, eine spannende Meinung zum Beispiel.

Meine persönlichen Highlights in meinem Volontariat sind zwei Interviews. Das eine mit Alexander Herrmann, dem Fernsehkoch und das andere mit einem Geistlichen, einem Dechant. Mit ihm habe ich mich getroffen, als Bischof Franz-Josef Bode zurückgetreten ist. Mein Gegenüber kannte Bode gut und wurde von ihm zum Priester geweiht. Da habe ich mich als "richtiger" Journalist gefühlt. Sonst denke ich, bin ich einfach ein Typ, der mit Stift und Papier unterwegs ist und das aufschreibt, was die Leute ihm erzählen. Und das ist fein. Block und Stift sind eben Hammer und Meißel des Redakteurs.

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