Syke. Der hiesige Autor Hendrik Lambertus stellte am Donnerstag seinen neuen Roman „Der Zorn der Flut“ in der Stadtbibliothek Syke vor. Es geht dabei um die große Sturmflut im Januar 1362, die wegen der riesigen Opferzahlen als Marcellusflut oder die „Grote Mandränke“ mit dem Untergang Rungholts, dem größten Handelsplatz des Nordens, in die Geschichte Frieslands einging. Politische und soziale Spannungen, Familienkonflikte und verbotene Liebe, der Autor spinnt ein episches Panorama des mittelalterlichen Frieslands, verspricht der Verlag. Und wer seinen vorherigen Roman „Das Erbe der Altendiecks“ über eine Uhrmacherfamilie in Bremen gelesen hat, weiß: Hendrik Lambertus kann Wissen und Historie, schriftstellerisches Können, Spannung und Lokalkolorit gekonnt zu Papier bringen.
Seine Liebe zu historischen Stoffen schlägt sich auch in seinem Künstlernamen nieder, denn geboren wurde er 1979 in Hannover als Hendrik Braesch. Er studierte in Tübingen Skandinavistik, ältere Germanistik und Indologie und promovierte über spätmittelalterliche Literatur Islands. Er veröffentlichte zahlreiche Kurzgeschichten und Kinderbücher und ist freiberuflicher Schreibcoach. Zudem ist er verheiratet und hat vier Kinder. Während der Pandemie hatte er ausreichend Zeit, Recherchen für dieses vielschichtige Dokument einer großen Katastrophe in Norddeutschland zu betreiben, erzählte Lambertus zu Beginn. „Eigentlich wurde nur von Generation zu Generation mündlich weitergegeben, was geschehen war, schriftlich ist nahezu nichts erhalten und so konnte ich meine Fantasie walten lassen.“
Er sei aufgeregt, weil er bisher nur Kinder als Publikum gehabt hätte, vor Erwachsenen habe er noch nicht gelesen, sagte er und sprach sehr schnell und leise. Kam aber der Aufforderung nach, doch bitte lauter zu sprechen. Gleich mit der Schilderung einer Schlechtwetterlage und der Einführung einer Gruppe Männer, die in den Uthlanden zu Hause sind und etwas nicht Gottgefälliges planen, hatte der Autor das Publikum am Haken.
Auke Feddersen, Sohn eines Großbauern, kämpft gegen die dänische Vorherrschaft, sein Bruder Folkert ist Deichbauer und sorgt sich um zu viel Torfabbau und Entwässerung. „Ja, ich habe friesische Namenslisten durchforstet“, bestätigt Lambertus, und das ist nur einer seiner Trümpfe, die er ausspielt. Gleich zu Beginn mit von der Partie: Eyk, Harro, Owe, Lüder und Ingmar. Auch die Atmosphäre spielt eine große Rolle. Hier ein Ausschnitt:
„Haltet Euch bereit“, zischte Auke. Jetzt konnte er bereits flackernde Lichter erkennen, die sich näherten. Der Wind trug Fetzen von Stimmen und Pferdschnauben heran. Metall klirrte, Wagenräder knarrten. Ein großer Trupp zog die Straße entlang. An der Spitze waren drei Berittene zu erkennen, dahinter rumpelten schwere Ochsenwagen, beschützt von Bewaffneten zu Fuß. Laternen mit Scheiben aus geschliffenem Horn waren an den Kutschböcken befestigt, ihr Schein wanderte durch die Abenddämmerung wie Lichter ruheloser Seelen.
Schade war das "Höllentempo", mit dem Lambertus las und seine wenig akzentuierte Vortragsweise. Mehrfach entschuldigte der Autor sich, dass er stimmlich indisponiert sei. Er heizte allerdings mit seinen ausgewählten Passagen die Lust zum Kauf dieses umfänglichen Romans an. Sehr begeistert äußerte sich eine Zuhörerin am Schluss, dass es ihm in seinen Texten auf unnachahmliche Weise gelinge, nicht mehr im allgemeinen Sprachgebrauch verwendete Wörter und Redewendungen zum Leben zu erwecken. Lächelnd bedankte sich Hendrik Lambertus dafür.