Das fünfte Syker Zeitfenster ist – noch nicht fertig. Doch Sykes Stadtarchivar Hermann Greve, Gerhard Schäfer von der Geschichtswerkstatt und Jens Jacobsen-Bremer sind bereits mitten in den Vorbereitungen. Der fünfte Band soll gleichzeitig auch die Reihe abschließen.
Mit dieser Reihe soll die Geschichte Sykes im Zeitraum von 1919 bis 1949 dargestellt werden. "Es war eine Zeit der vielen Umbrüche", erläutert Jacobsen-Bremer wie es zu dieser Reihe kam. Das Kaiserreich endete, die erste Demokratie wurde eingerichtet, scheiterte und mündete in der Diktatur der Nationalsozialisten, die mit einem Weltkrieg endete. 30 ereignisreiche Jahre, die die Historiker mit Blick auf Syke und die Region untersuchten.
"Paradoxerweise war Band 4 der erste, der erschien", sagt Jacobsen-Bremer und schmunzelt. Er erschien 2011 und befasste sich mit dem Kriegsende in Syke. Zeitzeugen berichteten, wie sie die Zeit damals erlebten. Band 1 befasst sich mit den Jahren 1919 bis 1933, Band 2 umfasst die Jahre 1933 und 1934, den Jahren der Machtergreifung und Gleichschaltung, und Band 3 berichtet über Syke im Führerstaat in den Jahren 1933 bis 1945. Dieser erschien als bisher letzter Band Ende 2021.
Zwischen Niederlage und Neuanfang
Der fünfte Band soll die Serie beschließen und befasst sich mit den Jahren 1945 bis 1949. Als Themen sind unter anderem das Leben unter britischer Militärverwaltung, der politische Neuanfang, die Wohnungsnot und Versorgungslage, das Verkehrswesen, das öffentliche Leben und die Kindheit vorgesehen. Dafür ist das Trio derzeit schon fleißig am Forschen, Sichten und Sammeln der Quellen. Diese sind kurioserweise auf der einen Seite reichlich vorhanden. Zum Beispiel in Form von Tagebüchern, von denen Greve einen großen Altbestand in seinem Archiv hat. "Von einer Ausstellung zu den Nachkriegsjahren im Kreismuseum", wie er berichtet. Auch Interviews mit Zeitzeugen wurden damals geführt. Hinzu kommt die Schulchronik der Volksschule Osterholz des damaligen Lehrers Wilhelm Sudenn. Ein wahrer Schatz für Historiker, denn der lungenkranke Mann war ein fleißiger Tagebuchschreiber. "Er hat seine Tage damit verbracht, alles zu beobachten und aufzuschreiben."
Ein besonderer Schatz sei zudem der Briefwechsel von zwei Schwestern, "die eine in Berlin, die andere aus Breslau", wie Greve berichtet. Von dort musste letztere fliehen und kam in Syke bei Verwandten unter. In ihren Briefen schildert sie der Schwester in Berlin, wie die Flucht gelang und wie ihr Leben danach aussah. Für das Themenfeld "Evakuierte, Flüchtlinge und Vertriebene" ist dementsprechend auch ein ganzes Kapitel im neuen Buch eingeplant.
"Glücksfunde" helfen weiter
Zudem gab es zwei "Glücksfunde" aus dieser Zeit. "Bei mir hatten sich zwei Holländer gemeldet, die hier auf der Suche nach Spuren ihrer Eltern waren", berichtet Greve. Der Vater sei niederländischer Soldat in Diensten der britischen Rheinarmee gewesen, "als Übersetzer". So lernte er eine Deutsche kennen, die in Syke untergekommen war, nachdem sie ausgebombt worden war. Die beiden verliebten sich, heirateten und zogen in die Niederlande. "Die beiden hatten noch viele Fotos aus der Zeit."
Einen weiteren "Glücksfund" erhielt Greve aus einer Haushaltsauflösung: eine fast komplette Sammlung des Neuen Hannoverschen Kuriers, der Zeitung der britischen Besatzung. Zeitungen seien normalerweise "eine unserer Hauptquellen", so Greve. Doch auch die gab es nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches nicht mehr. Erst 1946 erhielten die ersten Verleger wieder Lizenzen der Besatzungsmächte. Und das mache die Suche nach Quellen für diesen Band auf der anderen Seite so schwierig.
Private Aufzeichnungen von besonderer Bedeutung
"Es ist alles sehr fragmentiert", sagen die drei Geschichtsinteressierten. Die alten Strukturen existierten nicht mehr. Sie waren unter den Nationalsozialisten gleichgeschaltet oder gänzlich abgeschafft worden und brachen mit dem Ende des Weltkrieges ebenso zusammen wie das Regime. Die neuen wurden erst langsam wieder aufgebaut. Doch in der unmittelbaren Zeit nach Kriegsende standen eher die Nahrungs- und Heizmittelsuche ganz oben auf der Prioritätenliste als die Neugründung von Parteien, Vereinen oder Gewerkschaften. Dies geschah daher zunächst eher in Wohnzimmer oder Küchen von Interessierten, teilweise ungeplant und ohne Regularien wie die Protokollführung einzuhalten. Daher sind private Aufzeichnungen für die Aufarbeitung dieser Zeit so wichtig, betonen die drei und bitten um Mithilfe.
Wenn es Menschen gibt, die noch Unterlagen zu dieser Zeit haben, "dann ist das willkommen, sehr, sehr willkommen", unterstreicht Hermann Greve und verdeutlicht: "Wir können noch alles gebrauchen." Briefe, Tagebücher, Fotos. Wer diese zur Verfügung stellen möchte, kann sich unter der Rufnummer 0 42 42 / 16 41 70 oder per E-Mail an h.greve@syke.de direkt an ihn wenden. Wann der fünfte Band erscheint, ist noch offen. "Mein Wunsch wäre Ende 2025", sagt Jens Jacobsen-Bremer, doch bis dahin wäre noch viel zu tun.