Landkreis Diepholz. Die Auswirkungen des Sturms "Zeynep" waren im Landkreis Diepholz deutlich stärker als beim vorherigen Sturm "Ylenia". So kam es laut Angaben der Kreisverwaltung bis zum frühen Sonnabendmorgen zu insgesamt 475 Einsätzen der Feuerwehren. Bis 10.30 Uhr zählte die Kreisfeuerwehr Diepholz sogar 580 Einsätze. "Diese verteilen sich annähernd gleichmäßig auf das Gebiet des Landkreises. Es sind alle Städte und Gemeinden betroffen, wobei Diepholz, Sulingen und die Samtgemeinde Kirchdorf im Süden sowie Stuhr, Syke und die Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen im Norden jeweils etwas stärker betroffen waren", berichtet Kreisfeuerwehrsprecher Lutz Budelmann. Die Diepholzer Polizei verzeichnete laut ihrem Sprecher Thomas Gissing rund 50 Einsätze, darunter zehn Verkehrsunfälle.
Ab 16 Uhr am Freitag gingen die ersten Notrufe in der Leitstelle Diepholz wegen sturmbedingter Schäden ein. Ab 16.30 Uhr wurde die hierfür vorbereitete organisatorische Struktur mit den beiden technischen Einsatzleitungen (TEL Nord und TEL Süd) der Kreisfeuerwehr sowie jeweils einer dezentralen Einsatzleitung (Befehlsstelle) in jeder Gemeinde, Stadt und Samtgemeinde aktiviert, heißt es von der Kreisverwaltung. Gegen 19 Uhr nahmen dann der Sturm und damit auch das Einsatzgeschehen deutlich zu. Eine leichte Entspannung war erst ab 2 Uhr zu verzeichnen. Einige Einsätze liefen jedoch noch bis 4.30 Uhr.
Laut Landkreis gab es drei Verkehrsunfälle wegen umgestürzter Bäume, bei denen ein Laster, ein Auto und ein Streifenwagen der Polizei jeweils nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnten und gegen einen umgestürzten Baum fuhren. Dabei kam es teilweise zu leichten Verletzungen bei den Beteiligten. Einsätze des Rettungsdienstes wegen schwerer Verletzungen in Zusammenhang mit dem Sturmereignis waren jedoch nicht erforderlich.
Vor allem hatten es die Einsatzkräfte mit umgestürzten Bäume und herabgestürzten großen Ästen, die öffentliche Straßen, Wege sowie Rad- und Fußwege versperrten, zu tun. Die Mitglieder der Feuerwehren konnten aber in der Regel kurzzeitig die Bäume mit Motorsägen zerschneiden und im Straßenseitenraum ablegen. In einigen Fällen hingen Baumkronen oder Stämme jedoch so unglücklich in Bäumen fest, dass die Feuerwehren den Bereich zunächst nur absperren konnten, da die Eigengefährdung bei dem starken Sturm zu hoch war. Die Bauhöfe der Kommunen waren sämtlich mit im Einsatz, um die Feuerwehren mit ihrem Gerät oder Material zum Absperren des Gefahrenbereichs oder zum Zerschneiden der Bäume zu unterstützen.
Etliche öffentliche Straßen mussten zeitweilig gesperrt werden, darunter auch die Bundesstraßen 6, 61, 214 und 51 sowie mehrere Kreis- und Landesstraßen. So waren zum Beispiel an der B6 im Bereich des Syker Kreismuseums mehrere Bäume umgestürzt. "Die Feuerwehren beseitigten die Bäume dort jedoch jeweils sehr zeitnah", heißt es vom Landkreis.
Einzelne Bäume stürzten auch auf Dächer von Scheunen oder Nebengebäuden, so zum Beispiel in Maasen. Teilweise lösten sich auch Dachpfannen oder andere Dachteile, die dabei in der unmittelbaren Nähe eine große Gefahr darstellten. Daneben wehten zum Teil auch Mülltonnen und andere Gegenstände auf die Straßen oder über Grundstücke. Auch zwei kleinere leichte Autoanhänger mussten durch die Feuerwehren gesichert werden, weil sie vom Wind auf die Straße geweht worden waren.
Meldungen im Minutentakt
Allein 87 Einsätze hatte die Feuerwehr in der Gemeinde Stuhr abzuarbeiten. Die Befehlsstelle im Feuerwehrhaus Stuhr war am Freitag, 17 Uhr, bis Sonnabend, 12.30 Uhr, durchgehend besetzt, wie Gemeindefeuerwehrsprecher Christian Tümena mitteilt. Zusätzlich war auch das Bürgerbüro im Rathaus über die Nacht erreichbar für Sturmmeldungen. "Diese wurden dann von dort in die benachbarte Befehlsstelle weiter gegeben. Von hier wurden dann die Einsätze für alle sechs Ortsfeuerwehren der Gemeinde Stuhr koordiniert", schildert Tümena.
Los ging es am Donnerstagnachmittag mit einem Einsatz in Moordeich. Ein Dach war abgedeckt worden und musste von der Feuerwehr gesichert werden. Nach 19 Uhr seien die Meldungen dann im Minutentakt gekommen, so Tümena. Der Bauhof der Gemeinde Stuhr rückte ebenfalls vielfach aus. Als häufigstes Stichwort ging der Alarm „Baum auf Straße“ ein. Zusätzlich mussten noch ein Trampolin, ein Gartenhaus, Dachpfannen, Solarpaneele, Werbeplakate und eine Ampel gesichert werden.
In Heiligenrode kam es zwischen 20.30 und 21.30 Uhr zu zwei Verkehrsunfällen mit insgesamt drei Verletzten. An der Heiligenroder Straße stieß ein Auto mit einem umgestürzten Baum zusammen. Eine Stunde später stürzte ebenfalls an der Heiligenroder Straße ein Baum auf ein Fahrzeug. Rettungswagen waren nicht erforderlich.
In der Nacht war unter anderem eine dicke Eiche mit starker Schieflage an der Straße Am Schnakenberg in Varrel gemeldet worden. Diese drohte auf die Fahrbahn zu stürzen. Die Feuerwehr entschied, den Baum zu fällen. Da der Stamm einen Durchmesser von etwa einem Meter hatte, dauerte das allein mehr als anderthalb Stunden.

Der Sturm brachte eine massive Eiche an der Straße Am Schnakenberg in Varrel zu Fall.
"Gegen 4 Uhr morgens nahm mit dem abflachenden Wind auch die Zahl der Notrufe und Einsätze ab, sodass die meisten Feuerwehren wieder einrückten und die Einsatzkräfte zur Erholung nach Hause fahren konnten", sagt Tümena. Mit dem Sonnenaufgang gegen 7 Uhr nahm die Anzahl der Meldungen dann wieder zu. Viele Bürger waren nun aufgestanden und stellten Schäden fest. So blockierte etwa ein großer Baum die Eisenbahnschienen in Moordeich auf Höhe der Beethovenstraße. Gegen 12.30 Uhr am Sonnabend löste sich die Befehlsstelle im Feuerwehrhaus in Stuhr auf, die Leitstelle in Diepholz übernahm wieder. "Als Fazit kann gesagt werden, dass sich das Konzept der lokalen Befehlsstellen in den Gemeinden zur Entlastung der Leitstelle und die enge Zusammenarbeit mit dem Bauhof und dem Bürgerbüro als sehr gut erwiesen hat", sagt Tümena.
Die Freiwillige Feuerwehr von Syke kam in den 24 Stunden zwischen Freitagnachmittag und Sonnabendmittag auf 80 Einsätze. "Die meisten dieser Fälle lassen sich unter dem Einsatzstichwort 'Baum auf der Straße' zusammenfassen", sagt Feuerwehrsprecher Torben Schmidt. Die Gartenstraße musste allerdings am Freitagabend voll gesperrt werden, nachdem sich vom Dach der dortigen Raiffeisen-Genossenschaft Teile lösten und auf die Straße fielen. Die Feuerwehr alarmierte die Besitzer der dort parkenden Autos, um weitere Schäden zu verhindern. Ähnliches ereignete sich auch am Dach einer Reithalle in Falldorf. Die Einsatzkräfte sperrten auch hier den Straßenraum großzügig ab.
Zu den Sturmeinsätzen im Landkreis kamen laut Lutz Budelmann weiterhin ein Scheunenbrand in Twistringen, ein Schornsteinbrand in Aschen, zwei Auslösungen von Brandmeldeanlagen in Seckenhausen und Lemförde, ein Einsturz einer Scheune in Cornau und Gasgeruch in einem Mehrfamilienhaus in Bruchhausen-Vilsen dazu. Zu einer Person auf einem Dach in Freistatt wurden die Feuerwehr und der Rettungsdienst wegen eines medizinischen Notfalls bei Reparaturarbeiten gerufen.

Die Feuerwehr sicherte einen angebrochenen Ast bei Scharrendorf, der auf den Radweg zu stürzen drohte.
Landrat Cord Bockhop dankte den Einsatzkräften für ihren unermüdlichen Einsatz – den sie auch schon beim vorherigen Sturmtief unter Beweis gestellt hatten: „Wir haben bislang viel Glück gehabt, dass niemand im Landkreis ernsthaft verletzt worden ist. Dies ist auch ein Resultat guter Vorbereitung und zeigt, wie wichtig die Unterstützung der Ehrenamtlichen in den freiwilligen Feuerwehren ist. Ohne dieses Engagement der freiwilligen Feuerwehren könnten wir uns solchen Situationen nicht stellen. Und für dieses Engagement können und dürfen wir sehr dankbar sein.“