Stuhr/Dünsen. Für einen Waldspaziergang in Dünsen sind die Voraussetzung für die Stuhrer Gästeführung am Freitagnachmittag fast ideal gewesen. Zwar bahnten sich auch einige Regentropfen ihren Weg durch die Baumkronen – doch noch hingen dort genug Blätter, um sie vom Boden fernzuhalten. Gleichzeitig war der Untergrund bereits so dicht mit Laub bedeckt, dass die Gruppe um den Stuhrer Gästeführer Alexandre Peruzzo nicht durch Matsch laufen musste.
Gemeinsam mit dem aus Stuhr stammenden Forstwirtschaftsstudenten Christian Krüger wollte Peruzzo den Interessierten den Wald aus der Perspektive eines Försters näherbringen. Doch auch seine Gäste sollten dabei die Vorzüge der Natur kennenlernen. „Wir haben gleich gesunde Luft in uns – das ist etwas, das wir mitnehmen sollten“, kündigte er an. Was viele bei einem Spaziergang genießen, ist für Deutschland ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor, wie Krüger darlegte. Mit 36 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und 1,1 Millionen Beschäftigten sei die Branche ein bedeutender Sektor; und eben nachhaltig.
Was für Spaziergänger auf den ersten Blick nach Wald wirkt, hat für die Förster derweil System. „Der Wald ist in Abteilungen aufgeteilt“, führte Krüger aus und reichte einen entsprechenden Plan herum. Diese Abteilungen dienten der besseren Planung für die Förster, um alle sieben Jahre eine Bestandsaufnahme anzufertigen. So könne eine nachhaltige Forstwirtschaft umgesetzt werden. Denn die Baumernte sei ein durchdachter Prozess. Kahlschläge gebe es nur in Sonderfällen wie durch Fichtensterben. Krüger ging sogar so weit zu sagen: „Die Forstwirtschaft ist die Gründerin der Nachhaltigkeit.“ Das seien die Lehren aus der Zeit gewesen, als zur Rodung und Erschließung von Landwirtschaftsflächen massenweise Holz eingeschlagen worden sei – und plötzlich Wälder fehlten.
Doch alle Bäume bis zum Ende stehenzulassen, wäre aus umwelttechnischer Sicht auch nicht ratsam. Denn ab einem Alter von 80 Jahren wachse ein Baum kaum noch und speichere auch kaum noch Kohlenstoff. „Wenn er zerfällt, kommt der Kohlenstoff wieder in die Umlaufbahn“, erklärte Krüger. Durch das Fällen und Verarbeiten bleibe der Speicher dagegen erhalten. Fünf bis zehn Habitatbäume würden in der Regel dennoch für den Naturschutz stehen gelassen.
Auch auf den Klimawandel reagierten die Förster. Neue Baumarten wie die amerikanische Douglasie seien zum einen widerstandsfähig, zum anderen wachsen sie gerade und können bereits nach 60 bis 80 Jahren geerntet werden; deutlich früher als etwa die Buche.
In diesem Zuge räumte Krüger die volkstümliche Denke aus, zwischen den Bäumen herrsche ein harmonisches Miteinander. „Im Wald gibt es ein schönes Konkurrenzdenken: Wer Licht hat, kann wachsen.“ Verdunkelte Bäume würden schließlich sterben. Bedränge ein Baum einen anderen mit größerer Krone, was für besseres Wachstum spreche, werde er auch mal entnommen. Die ausgewiesenen Waldwege mit dem Harvester zu durchfahren, verursache dagegen weniger Bodenverwundung als gerne angenommen. „Perfekt geht nicht alles“, wusste der angehende Förster.
Große Verantwortung der Jäger
Zur Jagd äußerte Krüger, selbst Jäger, dagegen ein gemischtes Meinungsbild. Der Mensch habe die Umwelt stark verändert und damit auch das natürliche Gleichgewicht verändert. Während Wildtiere viel Nahrung fänden und sich fortpflanzen könnten, gebe es immer weniger Raubtiere. Dadurch könnten auch neue Krankheiten entstehen. „Jäger gleichen das aus“, sagte er und betonte gleichzeitig die große Verantwortung, ein Tier zu töten. Deshalb gebe es auch konkrete Abschusspläne und die Tiere hätten trotzdem ein besseres Leben als Schlachtvieh. Treibjagden seien dagegen durchaus kontrovers, die Fallenjagd könne wiederum im Naturschutz sinnvoll sein. Beim Wolf sprach er sich für Abschusszahlen aus, wo er in Kulturlandschaften vordringe. „Ein Raubtier, das zurückkommt, ist gut“, sagte Krüger. Man müsse ihm jedoch zeigen: Der Mensch ist gefährlich. Zumal die Population stark wachse, das Monitoring halte er für unzuverlässig mit einer Untererfassung.
Bei dem Spaziergang machte der angehende Förster deutlich, dass Wälder wie der in Dünsen durchaus wirtschaftlichen Zwecken und nicht als unberührte Natur dienten. Dennoch wird hier versucht, einen nachhaltigen Einklang mit der Umwelt zu schaffen.