Beim Bau der neuen Starkstromtrasse von Ganderkesee nach St. Hülfe lassen sich Eingriffe in die Natur und Landschaft nicht vermeiden. Um diese zu kompensieren, hat der Übertragungsnetzbetreiber Tennet als Bauherr verschiedene Ausgleichsmaßnahmen angeschoben. So wurden vor einigen Jahren etwa Grünlandflächen extensiviert und Blühstreifen angelegt, um neue Lebensräume für Feldlerchen zu schaffen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird seit 2018 mit einem begleitenden Monitoring überprüft. Ende März wird nun das sogenannte Feldlerchenmonitoring fortgesetzt.
Wie Tennet-Sprecher Maximilian Rühl mitteilt, beginnen die Arbeiten Ende März 2022 und können bis Juni 2022 andauern. Eine Fachfirma untersucht dabei, wie sich der Bestand der Feldlerchen auf den Ausgleichsflächen entwickelt hat. Im Rahmen des Monitorings ist es natürlich notwendig, das Gelände zu begehen. "Dabei werden jedoch keine Geräte eingesetzt, die Flächen werden nur zu Fuß begangen. Die Beobachtungen erfolgen zumeist von den Wegen aus, nur in Einzelfällen müssen die Mitarbeiter Ackerflächen und Grünlandflächen betreten", betont Rühl. Selbstverständlich achte die beauftragte Fachfirma darauf, keine Schäden zu verursachen.
Der Ganderkeseer Landschaftsökologe Klaus Handke hält ein solches Monitoring für höchst sinnvoll. "Früher war die Feldlerche einer der häufigsten Vögel in der Gemeinde Ganderkesee und flächendeckend vertreten. Doch seit etwa 20 Jahren sind die Bestände dramatisch eingebrochen, sodass wir heute vielleicht noch 150 bis 200 Brutpaare haben", schildert Handke die Situation. Dies hänge unter anderem damit zusammen, dass Grünland- und Ackerflächen heutzutage teilweise so intensiv bewirtschaftet würden, dass die Vegetation viel zu dicht sei und die Vögel dazwischen keine Nahrung mehr finden würden. Deshalb sei die Maßnahme der Tennet sehr zu begrüßen. Überhaupt gebe es unter den Stromtrassen gewaltige Flächen, die sich gut für Naturschutzmaßnahmen eignen würden. Auch für den Insektenschutz könne hier viel getan werden.
Vier Projekte realisiert
Konkret hat die Tennet im Zuge des Baus der 380-kV-Leitung im Bereich der Gemeinde Ganderkesee vier Ausgleichsmaßnahmen realisiert. Um neue Brutplätze für Feldlerchen und Kiebitze zu schaffen, haben die Verantwortlichen eine bestehende Ackerfläche in Elmeloh in Extensivgrünland umgewandelt. Darüber hinaus wurden Amphibientümpel angelegt, was zusätzlich zur Aufwertung des Landschaftsbilds beigetragen hat. Auch im Bereich Meierhafe an der Grenze zur Samtgemeinde Harpstedt wurde bestehendes Grünland extensiviert und so gepflegt, dass die Fläche für die genannten Vogelarten dauerhaft genutzt werden kann.
Für den Bau der Stromtrasse mussten zudem Bäume mit potenziellen Fledermausquartieren – sogenannte Höhlenbäume – gerodet werden. Als Ausgleich wurden in der näheren Umgebung, etwa im Bereich Landwehr, westlich der Wildeshauser Landstraße, an geeigneten Bäumen Fledermauskästen angebracht. Für jeden Baum, der weichen musste, wurden zehn Kästen installiert, und zwar bereits lange bevor der Höhlenbaum tatsächlich gefällt worden ist.
Im Bereich des Havekoster Sands hat die Tennet naturfernen Nadelforst in naturnahen, lichten Eichen- beziehungweise Eichenmischwald umgewandelt. Im Bereich der Waldränder wurden außerdem Nadelgehölze durch standortheimische Laubgehölze ersetzt, die ebenfalls das Landschaftsbild aufwerten. Weiterhin wurde bestehendes Grünland zu Extensiv-Grünland umgewandelt, zudem wurden kleine Bänke angelegt.
Aus dem Runden Tisch Natur berichtete Klaus Handke überdies, dass auch die Gemeinde ihre Anstrengungen in Sachen Insektenschutz ausweiten wolle. So seien in Zukunft gemeindeweit rund zehn "Wohlfühloasen" für Insekten nach Vorbild des "Bienenglücks" geplant, wenn auch nicht mit einem solch kleinteiligen Saatenkonzept. Dies werde zurzeit vorbereitet, wobei auch die Verwaltungsspitze voll dahinter stehe. Und wenn es den Insekten gut geht, freut sich wiederum die Feldlerche: Der dienen Insekten nämlich als Nahrung.