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Ivar Buterfas-Frankenthal Einer der letzten Holocaust-Zeitzeugen spricht in Ganderkesee

Zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar erwartet die Gemeinde Ganderkesee prominenten Besuch. Zu Gast ist dann Ivar Buterfas-Frankenthal, einer der letzten Zeitzeugen des Holocaust.
20.01.2025, 17:19 Uhr
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Einer der letzten Holocaust-Zeitzeugen spricht in Ganderkesee
Von Jochen Brünner

Ivar Buterfas-Frankenthal gilt als einer der wenigen noch aktiven Zeitzeugen für die Verfolgung und Verbrechen im Dritten Reich. Am Montag, 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, wird der 92-Jährige in der Gemeinde Ganderkesee seine voraussichtlich letzte öffentliche Veranstaltung absolvieren.

"Eigentlich wollte er sich aus Altersgründen nach bundesweit über 1600 Auftritten bereits im Herbst zurückziehen. Aber für dieses besondere Datum macht er eine Ausnahme", berichtet Gemeindesprecher Hauke Gruhn. Und auch Bürgermeister Ralf Wessel freut sich auf den prominenten Gast: „Das ist für uns ein Glücksfall, da wir gerade vielen jungen Menschen aus der Gemeinde damit noch einmal die Chance geben können, das Geschehen von damals aus erster Hand zu erfahren“, kommentiert er.

Ständige Schikanen

Ivar Buterfas-Frankenthal wurde 1933 als Sohn eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter geboren und wuchs in Hamburg auf. Als sogenannter „Halb-Jude“ war er ständigen Schikanen ausgesetzt, ein regulärer Schulbesuch war ihm nicht möglich. Im Krieg musste er sich mit seiner Familie unter den schlimmsten Bedingungen verstecken, um nicht im Konzentrationslager zu landen. Auch nach 1945 wurde er von in ihren Ämtern verbliebenen Beamten drangsaliert: So erlangte er seine deutsche Staatsbürgerschaft, die ihm von den Nazis entzogen worden war, erst Mitte der 1960er-Jahre wieder zurück.

Dennoch schaffte es der Hamburger, sich Schritt für Schritt „von ganz, ganz unten“ (so auch der Titel seines Buches) herauszuarbeiten und schließlich als Unternehmer erfolgreich zu werden. So gründete er Anfang der 1970er-Jahre nicht nur eine Firma, die auf Fassadensanierung spezialisiert war, sondern der begeisterte Amateurboxer, der noch Max Schmeling zu seinen Freunden zählte, trat auch als Veranstalter von Profiboxkämpfen in Erscheinung. Ende der 1980er-Jahre war er Initiator eines Förderkreises, der sich um den Erhalt der im Krieg schwer zerstörten Hamburger Nikolaikirche kümmerte. Allein in diesem Amt gelang es ihm, zahlreiche prominente Unterstützer zu gewinnen und rund 20 Millionen Euro an Spendengeldern einzuwerben.

Aufklärungsarbeit seit 30 Jahren

Erstmals veröffentlichte Ivar Buterfas-Frankenthal seine Lebensgeschichte 1995 unter dem Titel "Sunny Goj". In dieser Zeit startete er auch seine umfangreiche Vortragstätigkeit, in der er nicht nur über die Gräuel des NS-Regimes aufklärt, sondern auch als Mahner vor aktuellen rechtsextremen Entwicklungen auftritt. Für dieses Engagement wurde er unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, dem Weltfriedenspreis oder der europäischen Menschenrechtsmedaille geehrt, auf der anderen Seite trug es ihm aber auch mehrere Morddrohungen ein. Auch bei seinem Auftritt in Ganderkesee wird der unerschrockene Senior von seiner Ehefrau Dagmar begleitet. Die beiden sind inzwischen seit fast 70 Jahren verheiratet, und noch immer steht sie ihm bei jedem seiner Vorträge zur Seite.

Geplant ist laut Gruhn eine etwa zweistündige Veranstaltung in der Sporthalle des Gymnasiums im Schulzentrum Ganderkesee (direkt neben der Schwimmhalle), die um 10 Uhr beginnt. Neben Schülerinnen und Schülern werden unter anderem Studentinnen und Studenten der Polizei sowie junge Soldatinnen und Soldaten des Logistikbataillons 163 RSOM der Bundeswehr zum Publikum gehören. Aber auch der Öffentlichkeit steht ein begrenztes Platzkontingent zur Verfügung. Hierfür sind allerdings Anmeldungen unter der Telefonnummer 0 42 22 / 44 115 beziehungsweise -116 zwingend erforderlich. Insgesamt rechnet die Verwaltung bei dem Vortrag mit rund 800 Zuhörerinnen und Zuhörern.

Info

Der 27. Januar markiert den Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Seit 1996 ist er in Deutschland offiziell ein Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.

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