Einen Großteil ihrer Faszination bezieht die RTL-Dokusoap „Dschungelcamp“ alljährlich aus ihrem kulinarischen Ekelfaktor. Da sind die Teilnehmer reihenweise gefordert, Maden, Kakerlaken oder Geschlechtsteile diverser Tiere zu verspeisen. Und der Zuschauer windet sich auf dem heimischen Sofa mit wohligem Grausen angesichts der mit krabbelndem Getier verschmierten Gesichter. Zumindest Insekten könnten dabei als Nahrungsalternative schon bald hoffähig werden: Angesichts einer immer weiter steigenden Weltbevölkerung gibt es nämlich inzwischen Überlegungen, ob entsprechende Produkte die Menschheit auch flächendeckend zu sättigen in der Lage wären. Und zwar als Fleischersatz.
„Für die Produktion von Fleisch braucht man nicht nur sehr viel Fläche, sondern auch sehr viel Futter und sehr viel Wasser. Zudem ist sie außerordentlich schädlich für das Klima“, sagt Insa Lehmann, Mitarbeiterin des Regionalen Umweltzentrums Hollen (RUZ). Im Vergleich zur Herstellung von Rindfleisch benötige die Insektenzucht nur ein Zehntel der Futtermenge und verursache ein Hundertstel an Treibhausgas-Emissionen – und das bei völlig artgerechter Haltung. Denn im Gegensatz zu Schweinen oder Rindern haben Buffalo-Würmer keine Probleme damit, auf engem Raum zu leben.
Viele Proteine enthalten
„Schmeckt ein bisschen nach Knipp“ sagt die speiseinsektenerprobte RUZ-Mitarbeiterin. „Und Termiten wie Minze“, wirft eine reisefreudige Kollegin ein. Nach den Recherchen von Insa Lehmann gibt es etwa 2000 essbare Arten von Insekten. „Sie bieten eine sehr proteinreiche Ernährung, der Eiweißanteil liegt teilweise bei 70 Prozent“, erklärt sie und verweist in diesem Zusammenhang auf die enthaltenen Omega-3-Fettsäuren, die deutlich gesünder als andere Fette sind. Darüber hinaus verweist sie auf Eisen, Zink, B-Vitamine und Ballaststoffe. Ansonsten hätten die wirbellosen Tiere aber kaum Eigengeschmack und seien in der Regel stark verarbeitet.
So sind auf dem deutschen Markt etwa Proteinriegel aus zu Mehl gemahlenen Heuschrecken, Müslis, die Insektenmehl enthalten, oder Insekten-Snacks erhältlich. Und inzwischen ist auch der Insektenburger in den örtlichen Supermärkten angekommen. „Gegenwärtig sind Insekten als Ernährungsalternative allerdings noch ziemlich teuer“, sagt RUZ-Ernährungsexpertin Claudia Kay. In Deutschland gebe es zurzeit noch keine gesetzlichen Regelungen für die Insektenzucht. Die Zutaten würden in der Regel aus den Niederlanden oder aus Frankreich importiert.
Ob die Insektenkost hierzulande eine echte Marktchance hat, steht allerdings noch in den Sternen. „In Deutschland gibt es dieses Ekel-Problem. Man darf es nicht sehen, nicht schmecken und am besten auch nicht wissen“, sagt Claudia Kay. Denn es wird nicht besser, wenn man weiß, dass es sich bei Buffalo-Würmern, die in vielen Produkten Verwendung finden, um die Larven des Glänzendschwarzen Getreideschimmelkäfers handelt. Der im Übrigen als schlimmer Schädling in der Geflügelproduktion gilt. Andererseits geht von den Speiseinsekten aber auch eine gewisse Faszination aus. Bei den Projekttagen zum Thema Welternährung am RUZ war die Station mit den Insekten-Riegeln bei den Schülern die gefragteste. Das Thema polarisiert. Und Menschen in anderen – besonders asiatischen – Ländern sind beim Thema Insektennahrung sowieso weniger empfindlich.
„Die Farbe des Campari wurde ja lange auch aus zerquetschten Schildläusen gewonnen“, erweist sich der Kollege K. einmal mehr als Kenner der Materie. Doch weil sich Vegetarier beschwert hätten, hat das Unternehmen auf künstliche Farbstoffe umgestellt. Womit auch die Frage beantwortet ist: Für Vegetarier sind die Speiseinsekten natürlich keine Alternative, ebenso für Menschen, die Allergien gegen Krusten- oder Schalentiere haben.