Eins plus eins ergibt nicht immer zwei – das gilt vor allem für Rechnungen vor Gericht. Dort wurde ein Sexualstraftäter aus dem Landkreis Oldenburg diese Woche wegen der Anstiftung zur Falschaussage zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die seinen Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt aber voraussichtlich nur um fünf Monate verlängern wird. „Das ist quasi ein Mengenrabatt“, erklärte die Staatsanwältin bereits während ihres Plädoyers in dem Prozess am Amtsgericht.
Die Vorgeschichte
Der 52-Jährige war im Juni 2020 vom Amtsgericht Wildeshausen wegen sexueller Übergriffe gegen einen 15-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Gegen diese Entscheidung legte er Rechtsmittel ein. Während des Berufungsverfahrens am Landgericht Oldenburg tätigte ein Zeuge mutmaßlich unwahre Aussagen, die beide Männer nun vor das Amtsgericht Oldenburg brachten.
Der Verdacht der Staatsanwaltschaft: Der 52-Jährige soll seinen Bekannten dazu getrieben haben, ihn durch bewusst falsche Aussagen zu entlasten. Dafür habe der Mann sein angebliches Alibi auf einen Zettel geschrieben beziehungsweise schreiben lassen, den sein Bekannter dann im Zeugenstand als Gedächtnisstütze nutzte. Während der Anwalt des 52-Jährigen aus Mangel an Beweisen einen Freispruch forderte, folgte der Vorsitzende Richter Jan-Hendrik Kramer den Ausführungen der Staatsanwältin.
Gericht zieht Strafen zusammen
Kramer erklärte während seiner Urteilsbegründung, dass er die Anstiftung zur Falschaussage isoliert eigentlich mit einer Einzelstrafe von zehn Monaten geahndet hätte. Da sich diese Straftat aber vor der rechtskräftigen Verurteilung für die sexuellen Übergriffe ereignet hatte, konnte er beide Vergehen und die Strafen jedoch zusammenziehen – und zwar „ein bisschen straffer als von der Staatsanwaltschaft gefordert“.
Aus drei Jahren und zwei Monaten für die sexuellen Übergriffe sowie zehn Monaten für die Anstiftung zur Falschaussage – insgesamt also exakt vier Jahre – wurden nun drei Jahre und sieben Monate. Das Urteil, das zwei Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft lag, ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte, der die Verlängerung seiner Haftstrafe ohne größere Regung wahrnahm, kann dagegen in Berufung gehen oder Revision einlegen.
Der Mann, der die Falschaussage getätigt hatte und damit auch wegen einer versuchten Strafvereitelung angeklagt war, kam mit einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung davon. Das Gericht attestierte dem 42-Jährigen eine günstige Sozialprognose und hielt zugute, dass er strafrechtlich bislang nur einmal in eher geringem Ausmaß in Erscheinung getreten war. „Die Strafe sollte Ihnen eine Warnung sein“, sagte der Richter, der eine Bewährungszeit von drei Jahren festsetzte.