Der Oldenburger Energieversorger EWE erhöht zum 1. Oktober erneut die Strom- und Gaspreise. Kunden in der sogenannten Grund- und Ersatzversorgung zahlen für Strom dann 45 Prozent mehr als bislang; die Gaspreise steigen um knapp 14 Prozent. Das Unternehmen macht die enorm gestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Krieges für die Preiserhöhungen verantwortlich.
Welche EWE-Kunden sind von den Preiserhöhungen betroffen?
Die neuen Preise ab 1. Oktober gelten für die Kunden in der Grund- und Ersatzversorgung, also unter anderem diejenigen, die erst kürzlich zu EWE wechseln mussten, weil der eigene Versorger pleite gegangen ist oder nicht mehr liefern kann. Als sogenannter Grundversorger vor allem für den nordwestdeutschen Raum muss EWE diese Kunden mit Strom und Gas beliefern. Betroffen sind 110.000 der insgesamt 600.000 Gaskunden der EWE und 375.000 der 900.000 Stromkunden.
Was müssen diese Kunden künftig zahlen?
Der Strompreis steigt von 26,05 Cent pro Kilowattstunde auf 37,81 Cent, ein Sprung von 45 Prozent. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3000 Kilowattstunden ergeben sich daraus nach Angaben von EWE Mehrkosten von gut 350 Euro im Jahr.
Der Gaspreis steigt pro Kilowattstunde von 13,17 Cent auf 14,99 Cent. Das entspricht einem Anstieg von 13,8 Prozent und bedeutet bei einem Durchschnittsverbrauch von 20.000 Kilowattstunden jährliche Mehrkosten von 364 Euro.
Warum steigt der Strompreis stärker als der Gaspreis?
Die Gaspreise waren bereits im Juli angehoben worden, die Strompreise nicht. Weil ab 1. Juli die EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien entfiel, sanken die Strompreise sogar vorübergehend. Ihre gestiegenen Beschaffungskosten durften die Energieversorger zunächst nicht an die Kunden weitergeben. Das wird nun nachgeholt. "Gas wird nach wie vor auch in der Stromerzeugung eingesetzt", erklärt EWE-Chef Stefan Dohler. Deshalb schlage die drastische Verknappung der Gaslieferungen aus Russland auch auf die Strompreise durch. Insgesamt sind die Gaspreise seit Jahresbeginn mit knapp 83 Prozent deutlich stärker gestiegen als die Strompreise (gut 35 Prozent).
Sind auch Kunden mit Laufzeitverträgen von den Preiserhöhungen betroffen?
Der Großteil der EWE-Kunden verfügt über sogenannte Laufzeitverträge. Diese enthalten garantierte Preise für die nächsten 12 oder 24 Monate, die unter den Tarifen in der Grund- und Ersatzversorgung liegen. "An diese garantierten Laufzeiten und Preise halten wir uns", versichert EWE-Vertriebschef Oliver Bolay. Wer also einen solchen Vertrag hat, ist von den Preiserhöhungen zum 1. Oktober nicht betroffen. Allerdings müssen sich auch die Stammkunden bei der nächsten Vertragsverlängerung auf "erhebliche Preissprünge" einstellen, warnt Bolay. Sechs Wochen vor dem Ende ihres Vertrages würden die Kunden angeschrieben und über die neuen Konditionen für eine Verlängerung informiert.
Was kommt auf die Kunden noch zu?
Auf jeden Fall die Umlage, die die Bundesregierung zur Rettung der Gasimporteure beschlossen hat. Weil diese kein billiges Gas mehr aus Russland bekommen, ihre Kunden jedoch weiter beliefern müssen, droht ihnen die Pleite. Damit die Gasversorgung nicht zusammenbricht, sollen die Mehrkosten ab 1. Oktober auf alle Gaskunden umgelegt werden, egal mit welchem Versorger sie welchen Vertrag abgeschlossen haben. Die genaue Höhe steht noch nicht fest – das Bundeswirtschaftsministerium gibt die Bandbreite mit 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde an. Eine Erhöhung um 2,5 Cent würde bei einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden monatliche Mehrkosten von fast 50 Euro bedeuten, die zu der eigentlichen Preiserhöhung des Energieversorgers noch dazukommen.
Ist im Winter überhaupt genug Gas da?
"Putin hat einen Wirtschaftskrieg gegen Westeuropa angefangen", sagt EWE-Chef Dohler. Es sei zu befürchten, dass er die ohnehin stark reduzierte Menge an geliefertem Gas noch weiter verringern könnte. "Der massiven Verknappung des Angebots steht bis jetzt kein Nachfragerückgang gegenüber", stellt Dohler fest. "Wenn wir den Verbrauch nicht um 15 bis 20 Prozent senken, wird es mit der Versorgung schwierig." Darum sein Appell: "Versucht zu sparen, was geht."
Wann ist Besserung in Sicht?
Nach dem kommenden Winter könnte auch der Winter 2023/24 noch schwierig werden, wenn sich die Gaszufuhr aus Russland nicht erhöht, prognostiziert Dohler. "Ich glaube aber nicht, dass das ein Phänomen ist, auf das wir uns dauerhaft einstellen müssen", fügt er hinzu. Neue Importrouten und Gasleitungen, andere Brennstoffe, mehr Wärmepumpen in den Privathäusern und ein Ausbau der erneuerbaren Energien würden ab 2024 eine deutliche Entlastung bringen. "Bis dahin müssen wir uns über die Zeit retten", sagt Dohler. "Aber wir finden Alternativen und werden auf ein deutlich normaleres Niveau kommen, wenn auch vielleicht nicht auf das alte."