Landkreis Osterholz. Kathrin Schmelzer ärgert sich. Nachdem sie sich am Dienstag vor der Landtagswahl wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne begeben hatte, wollte sie ihre Stimme per Briefwahl abgegeben. Das aber, so behauptet die Kreisstädterin, sei ihr letztlich durch die Stadtverwaltung verwehrt worden. Gudrun Wulfhorst, stellvertretende Ordnungsamtsleiterin der Stadt, weist die Vorwürfe zurück und nennt den Fall bedauerlich. Offenbar habe die Kreisstädterin am Telefon unterschiedliche Auskünfte bekommen, die sich letztlich als wenig hilfreich erwiesen.
Was war passiert? Nach ihrem Online-Antrag auf Briefwahl hielt die Leserin am späten Donnerstagnachmittag die nötigen Unterlagen in Händen. Telefonisch habe sie dann aber am Freitagmorgen erfahren, falls ihr Briefwahlumschlag nicht rechtzeitig im Rathaus oder Kreishaus lande, könne sie diesen womöglich auch am Sonntag im Wahllokal abgeben lassen. Sicher sei das zwar nicht, aber sie könne es ja versuchen, habe es geheißen. Schmelzer erschien dies weitaus einfacher und weniger bürokratisch: Als Mutter eines schulpflichtigen Kindes habe sie in häuslicher Quarantäne auch so schon genug zu organisieren.
Strikte Trennung
Gudrun Wulfhorst erklärt auf Anfrage der Redaktion, so gehe es nicht: Brief- und Urnenwahl durchlaufen demnach getrennte Kanäle, eine Vermischung der Stimmzettel von Briefwahl und Urnenwahl sei "gesetzlich nicht zulässig". Wenn Briefwahlumschläge es absehbar nicht mehr rechtzeitig auf dem Postweg schaffen, können sie am Wahltag bis 15 Uhr im Rathaus oder bis 18 Uhr im Kreishaus in den hauseigenen Briefkasten des jeweiligen Verwaltungsgebäudes geworfen werden. Dann würden die Stimmzettel auch gewiss berücksichtigt, so Wulfhorst.
Etwas umständlicher ist der Fall, wenn bis Freitagmittag vor der Wahl noch kein Briefwahlantrag gestellt wurde, so Wulfhorst. Wer am Freitag nach 13 Uhr erkrankt und am Sonntag darauf wählen möchte, kann die Briefwahl nur noch am entsprechenden Wahltag zwischen 8 und 15 Uhr durch einen Bevollmächtigten im Bürgerbüro seiner Wohnsitzgemeinde beantragen und muss nach der Stimmabgabe den Wahlbrief dann auch bis 18 Uhr zum Landkreis bringen lassen.
Unverständlich umständlich
Kathrin Schmelzer indes sagt, bei ihren Anrufen am Freitag habe sie leider keine Gewähr dafür erhalten, dass ihr Wahlbrief nicht übers Wochenende im Rathaus liegen bleibt. Also habe sie es vorgezogen, ihre zwölfjährige Tochter am Sonntag ins Wahllokal zu schicken: "mit meinem Wahlschein im verschlossenen Briefwahlumschlag, meinem Personalausweis, einer handschriftlichen und unterschriebenen Vollmacht, in der ich meine Situation erklärt habe, und ihrem Schülerausweis." Das Mädchen wurde abgewiesen.
Für die Kreisstädterin ist das unverständlich und ein "behördlicher Irrsinn". Sie fragt: "Worin liegt der Unterschied, ob ich jemanden mit meinem Wahlschein zum Briefkasten des Rathauses oder des Landkreises schicke oder sogar mit Vollmacht ins Wahllokal?" In beiden Fällen lege sie ihre Wahl in die Hände eines anderen Menschen. Natürlich, räumt Schmelzer ein, hätte ihr Stimmzettel den Wahlausgang nicht verändert, aber: "Es ist ein übles Gefühl, nicht gewählt zu haben, weil meine Stimme nicht angenommen wurde".
Gudrun Wulfhorst betont hingegen: "Der Wahlvorstand hat sich absolut korrekt verhalten." Die Briefwahl werde zentral beim Landkreis ausgezählt – die Urnenwahl in den Wahllokalen. Die ehrenamtlichen Wahlhelfer müssten am Sonntag über die Stadt verteilt in ihrem jeweiligen Wahllokal tätig sein und können dem Bürger die Beförderung von Briefwahl-Briefen zum Kreishaus-Briefkasten daher nicht abnehmen.