Das gemeinsame Geschäftsmodell von Vater und Sohn soll auf dem Anbau und Vertrieb von Marihuana beruht haben. Dass sie das Produkt ihrer „gärtnerischen Bemühungen“, wie es in der Anklageschrift steht, vor allem an Jugendliche und vereinzelt sogar Kinder verkauften, und zwar gewerbsmäßig und gewinnbringend, wird ihnen jetzt besonders zur Last gelegt. Der 54-Jährige aus der Gemeinde Grasberg und der 24-Jährige, der zuletzt in Wilstedt lebte, müssen sich vor dem Landgericht Verden wegen Verstoßes gegen das Konsumcannabisgesetz (KCanG) in insgesamt 49 Fällen verantworten.
Was die Staatsanwaltschaft dem Duo vorwirft, soll sich etappenweise im Zeitraum zwischen Oktober 2022 und März dieses Jahres zugetragen haben. Zwischendurch hatte es offenbar schon zwei Durchsuchungen des Hauses am Rande Grasbergs gegeben, die aber nicht dazu geführt haben sollen, dass Pflanzenzucht und Handel mit dem Hanferzeugnis eingestellt wurden. Das bittere Ende kam erst Anfang März, als die Polizei erneut erschien und wieder fündig wurde. Und diesmal klickten die Handschellen: Beide Männer wanderten in Untersuchungshaft.
Zehn Euro pro Gramm
Mit dem komplexen Thema „Gras aus Grasberg“, das besonders im nördlichen Kreis Verden verkauft wurde, befasst sich die 3. Große Strafkammer des Landgerichts. Sie hat vorerst fünf weitere Verhandlungstage bis Ende des Monats anberaumt und 15 Zeuginnen und Zeugen geladen. Vier Polizeibeamte, die in der Sache tätig waren, sollten bereits beim ersten Termin vernommen werden, doch letztlich blieb es bei der Befragung von einem. Nachdem der Vertreter der Staatsanwaltschaft zum Prozessauftakt den umfangreichen Anklagesatz vorgetragen hatte, führten die Verfahrensbeteiligten zunächst ein sogenanntes Rechtsgespräch außerhalb der Hauptverhandlung. Dies geschah auf Anregung einer der beiden Pflichtverteidiger, die erst „relativ spät beigeordnet“ wurden, wie es zur Erklärung hieß. Ob das Gespräch zu einem Ergebnis führte und gegebenenfalls zu welchem, wurde nicht bekannt.
Seit Oktober 2022 soll in dem Haus, in dem zunächst offenbar auch der Sohn noch wohnte, Marihuana angebaut worden sein. Laut Staatsanwaltschaft beabsichtigten beide Angeklagte, es nach gemeinsamem Tatplan gewinnbringend „für ihre Lebensführung“ zu verkaufen und sich eine „nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen“. Nach den Ermittlungen nahmen sie für das Marihuana Marke Eigenanbau durchweg zehn Euro pro Gramm und verabredeten die einzelnen Übergaben per Mobiltelefon und Snapchat.
Auch Kinder als Kunden
Als Verkäufer an den jeweils vereinbarten Orten soll vor allem der heute 24-Jährige aufgetreten sein. So soll er zwischen Mitte November 2022 und Anfang Februar 2023 „bei mindestens 13 Gelegenheiten“ jeweils ein oder zwei Gramm „Gras“ an einen gesondert verfolgten, damals 15-jährigen Kunden vertickt haben. Abgewickelt wurden die Geschäfte mitunter an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, nach Angaben des Anklagevertreters entweder am Oyter See oder auf dem Friedhof in Otterstedt. Bereits im Oktober soll es am Ottersberger Bahnhof zwei Verkäufe an einen erst 13-Jährigen gegeben haben, also ein Kind.
Die Liste der Staatsanwaltschaft enthält außerdem 15 Fälle aus den Monaten Januar bis Mai 2023, bei denen beide Angeklagte in Ottersberg und Fischerhude Marihuana an 16- und 17-Jährige verkauft haben sollen. Im Februar 2023, dies ging auch aus der Zeugenvernehmung hervor, gab es schon eine erste Durchsuchung des Hauses. Zunächst habe man nur den jüngeren Mann angetroffen, so der Beamte aus Osterholz-Scharmbeck, wenig später sei auch der Senior aufgetaucht. Cannabis-Geruch habe man in dem „unaufgeräumten und zugestellten“ Gebäude sofort wahrgenommen. Hanfpflanzen hätten sich unter anderem in der mittleren Etage und im Obergeschoss befunden.
Schreckschusspistole im Tresor
Nach der Bilanz der Ermittler wurden seinerzeit im Esszimmer und in der Küche knapp 1000 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 105 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) entdeckt, im Schlafzimmer des 24-Jährigen sogar fast fünfeinhalb Kilogramm mit einem Wirkstoffgehalt von 559 Gramm THC. Im Tresor soll neben 4100 Euro Bargeld auch eine geladene Schreckschusspistole gewesen sein. Bei einer Durchsuchung im vergangenen Januar waren Beamte in Grasberg einmal mehr fündig geworden. Die Rede war von zehn Pflanzen im oberen Stockwerk sowie neun weiteren in Esszimmer und Vorratsräumen sowie gut 870 Gramm schon verkaufsfertigem Marihuana.
In der Wilstedter Wohnung gediehen drei Pflanzen auf einer Fensterbank, außerdem lagerte Cannabis „versteckt in einer Dose“. Zwischen November und Anfang Januar soll es auch noch mehrere Verkäufe an einen 17-Jährigen in Fischerhude gegeben haben.
Der Prozess wird am 9. September fortgesetzt.