Grasberg. 27 Geflüchtete aus der Ukraine sind bereits in Grasberg angekommen, in erster Linie Frauen und Kinder. 15 von ihnen hätten die Gemeinde über private Wege erreicht, zwölf hat der Landkreis der Kommune zugewiesen, sagte Bürgermeisterin Marion Schorfmann am Dienstagabend in der Grasberger Kirche. Dorthin hatten die Kirchengemeinde, die politische Gemeinde sowie das Netzwerk "Familienfreundliches Grasberg" Bürgerinnen und Bürger eingeladen, um über die Aktion "Grasberger Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine" zu informieren.
Wohnraum fehlt
"Was fehlt ist Wohnraum", erklärte die Bürgermeisterin. Denn die knapp 30 Schutzsuchenden seien erst der Anfang. Nach dem Verteilschlüssel des Landes Niedersachsen sollen pro Woche etwa zehn Menschen aus dem Kriegsgebiet kommen. Die Verwaltung rechnet mit deutlich mehr. Deshalb riefen die Bürgermeisterin und das Koordinationsteam der Flüchtlingshilfe um Diakonin Kerstin Tönjes die Zuhörer auf, freien Wohnraum im Rathaus zu melden. "Wir haben schon viele Angebote von Menschen bekommen, die ein Zimmer frei haben", berichtete Stefan Ritthaler, Allgemeiner Vertreter der Bürgermeisterin, im Nachgang zu dem Treffen. Er freue sich über das Engagement, dennoch versuche die Gemeinde in erster Linie, den Geflüchteten freie Wohnungen zuzuweisen. "Wir wollen leer stehende Häuser oder Wohnungen anmieten. Erst wenn das Angebot erschöpft ist, kommen wir auf Privathaushalte zurück." Das habe vor allem den Hintergrund, dass man die Geflüchteten gerne längerfristig untergebracht wissen möchte und das sei eher möglich, wenn sie eigene Unterkünfte bekommen.
Notrufnummer für Alltagshelfer
Dass das Engagement der sogenannten Alltagshelfer nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen müsse, das machte Diakonin Kerstin Tönjes den rund 100 Zuhörern deutlich. "Wir bieten den Menschen Alltagshilfe, weil wir möchten, dass sie in unserem Alltag zurechtkommen." So plane die Kirchengemeinde regelmäßige Treffen für die Ehrenamtlichen im Gemeindehaus, und es solle eine Notrufnummer geben, "wenn man gar nicht mehr weiter weiß". Jeder Aktive könne jederzeit die Reißleine ziehen, wenn es menschlich nicht passe oder sich das eigene Leben ändere, führte die Koordinatorin aus. "Auch Gastgeber dürfen das tun. Das ist alles keine Entscheidung für die Ewigkeit, sondern erst mal fürs Ankommen."
Die Diakonin riet, den ankommenden Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. "Das sind Erwachsene, die viel hinter sich haben, die ihre Männer in der Heimat zurückgelassen haben und mental vielleicht nicht unbedingt auf der Höhe sind." Sie warnte die Zuhörer davor, Dankbarkeit zu erwarten. "Diese Menschen sind im Moment in erster Linie mit sich beschäftigt."
Betten fehlen
In Erwartung der vielen Ukrainer, die Grasberg in den kommenden Wochen voraussichtlich erreichen werden, sei die Wohnraumbeschaffung zurzeit die dringendste Aufgabe. Bedarf an Sachspenden besteht laut Stefan Ritthaler kaum. "Mit Ausnahme von Betten. Die kann die Möbelbörse sehr gut gebrauchen." Das Grasberger Hilfsnetzwerk müsse sich zuerst einen Überblick darüber verschaffen, was die Menschen, die in die Gemeinde kommen, benötigen. "Da steckt einfach der Gedanke dahinter, dass wir Sorge haben, unsere Lager zu überfüllen und das dann nicht benötigte Sachen irgendwann entsorgt werden müssen", erklärt der Verwaltungs-Vize die Hintergründe. Das wäre tragisch und fördere nicht unbedingt die weitere Spendenbereitschaft. Aber nicht nur Bettgestelle, sondern auch Bettdecken und -wäsche sowie Handtücher werden derzeit benötigt.
Das Hilfsnetzwerk sucht nun vor allem Menschen, die Fahrdienste etwa zu Ämtern übernehmen, die beim Auf- und Abbau des Flohmarkts am 26. März mit anpacken oder dolmetschen können. Viele Ukrainer bis etwa Mitte 30 könnten auch Englisch, ansonsten sei Ukrainisch oder Russisch ihre Muttersprache. Sobald die Geflüchteten ihre Erstbescheinigung in der Hand halten, dürfen sie auch arbeiten, beantwortete Stefan Ritthaler am Mittwochvormittag die Frage eines Zuhörers, die am Abend zuvor aufgekommen war.