Hambergen. Allen anwesenden Mitgliedern des Ausschusses für Umwelt, Bau und Planung der Samtgemeinde Hambergen fehlten die Worte – zumindest innerlich. Geredet und geschimpft wurde aber viel. Offenbar mussten sie Dampf ablassen, weil die Sanierung der Turnhalle am Schwimmbad teurer wird als gedacht. „Es hätte ein Krisenmanagement geben müssen. Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen“, bemerkte der Ausschussvorsitzende Dieter Langmaack (CDU). Und Jürgen Mehrtens (SPD) befand: „Das war doch keine Bauaufsicht.“ Die meisten Politiker hatten Architekt Martin Steitz, der zur Sitzung des Bauausschusses am Dienstag zitiert worden war, als Schuldigen ermittelt. „Ich habe kein Verständnis, wenn uns eine Kostenlawine überrollt“, fügte Langmaack an. Doch Samtgemeinde-Bürgermeister Reinhard Kock stellte sich vor ihn. Und in der Sitzung des Finanzausschusses versuchte Udo Mester (SPD) die Sache ins rechte Licht zu rücken: „Wir sind alle verantwortlich, Politiker und Verwaltung. Wir haben alle für die Sanierung im Bestand gestimmt.“
Es geht um die Sanierung der Turnhalle am Schwimmbad. Bereits 2017 wurden die Pläne vorgestellt. Die Halle soll energetisch optimiert werden. Anfang 2018 erhob der Landkreis Osterholz das Vorhaben sogar zu einem Leuchtturmprojekt des Klimaschutzes. Ein Maßnahmenpaket soll den Energiebedarf und den Ausstoß von Kohlendioxid fast halbieren. Dafür erhält die Samtgemeinde Hambergen Fördergelder: 230 000 Euro sind es laut Verwaltung. Für rund 1,65 Millionen Euro sollte die Halle mehr oder weniger umgekrempelt werden. Mit Baufortschritt wurde schnell klar: Das Geld reicht nicht. Deshalb wurden im Haushaltsplan 2020, der gerade in den Fachausschüssen debattiert wird, weitere 200 000 Euro vorgesehen.
Zur Überraschung der Kommunalpolitiker erklärte Samtgemeinde-Bürgermeister Reinhard Kock im Bauausschuss in einem eigens nachträglich aufgenommenen Tagesordnungspunkt, dass die Kosten viel höher ausfallen werden. Rund 730 000 Euro kommen nun noch dazu, erfuhren die Ausschussmitglieder bei einer Sitzung diese Woche. Insgesamt sind es derzeit rund eine Millionen Euro mehr als bei der Schätzung 2017. „Ich habe mir vom Landkreis die Liste der Ausschreibungsergebnisse geben lassen“, erklärte Kock. Erst danach sei ihm das Ausmaß der Steigerung bekannt gewesen. Er nehme die Schuld auf sich. „Ich hätte schon eher nachfragen können“, eröffnete er. Es habe zwar immer einen Austausch gegeben. Dabei ging es aber eher um den Zeitplan, der ja bereits überzogen war. Allerdings hätte das Architektenbüro, das die Bauleitung übernommen hat, laut Vertrag viel eher informieren müssen. Reinhard Kock erwartet deshalb, dass die Honorarforderungen geringer ausfallen.
Es gibt mehrere Gründe für die nachträglich aufgetretenen Kostensteigerungen, wie Architekt Martin Steitz darlegte. Eine komplexe Mischung aus Preissteigerungen gegenüber den Kostenschätzungen, höheren Anforderungen an Brandschutz, Lärmschutz und Statik sowie notwendige zusätzliche Arbeiten, die sich erst bei den Arbeiten herausstellten. Das alles summiere sich zu den höheren Kosten. Der Architekt führte die Punkte mündlich auf.
Keine naive Planung
Er sei nicht einfach durch die Halle gegangen, wehrte er sich gegen den Eindruck der Mitglieder im Bauausschuss, er habe die ursprüngliche Kostenschätzung unprofessionell und hemdsärmelig aufgestellt. Für viele Teilbereiche seien ja auch spezialisierte Gutachter beauftragt worden. Vieles konnte aber erst später festgestellt werden. Die Belastung verwendeter Materialien sei beispielsweise erst in Labortests festgestellt worden. Dazu kam auch der Sparwille, um die Kosten so niedrig zu halten wie möglich. 2017 wurde die erste Kostenschätzung bereits von ursprünglich 1,82 Millionen Euro auf besagte 1,57 Millionen Euro gedrückt. In einigen Fällen stellte sich heraus, dass die Einschränkungen nicht machbar sind. Die Alternativen kommen nun teurer.
„Wir haben die Kostenschätzung von 2017 überschätzt“, findet Udo Mester. „Wenn der höhere Betrag damals schon festgestanden hätte, hätten wir trotzdem für die Sanierung gestimmt“, vermutet er. Auch Barbara von Rönn (CDU) sieht es so. Für sie ist die Entwicklung keine Überraschung. Tatsächlich war auch ein Neubau diskutiert worden und aus verschiedenen Gründen verworfen worden. Zum einen hätte er rund 20 Prozent mehr gekostet, eine Förderung wäre ebenfalls nicht möglich gewesen. Zudem ist ein Neubau technisch schwierig, weil die Halle direkt mit dem Schwimmbad verbunden sei, erklärte die Verwaltung 2017. Während der Bauphase wäre auch das Schwimmbad beeinträchtigt gewesen. Eine Umkehr sei nun kaum noch vertretbar.
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