Lilienthal. Die hiesige Sportlandschaft ist um einen neuen Verein – vor allem um ein interessantes Projekt – reicher: An diesem Mittwoch wurde mit dem 1. AFC Lilienthal Venom ein American-Football-Club nur für Frauen offiziell gegründet. „Das ist eine wirklich spannende Aufgabe, und die Freude ist unglaublich groß“, erklärt der erste Vorsitzende des neuen Vereins, Holger Bürger.
Beim Namen Bürger dürften footballinteressierte Ohren aus der Umgebung hellhörig werden. Schließlich stand Bürger bis vor einem Jahr noch an der Spitze der Ritterhude Badgers, die seit Jahrzehnten das Football-Aushängeschild der Region sind. Und Bürger, der vor knapp zwölf Monaten zurücktrat, ist längst nicht der einzige Name im Lilienthaler Lager, der eine Ritterhuder Vergangenheit aufweist. Vielmehr hat der komplette Kader der neuformierten Damenmannschaft bis vor einigen Monaten noch das Trikot der „Dachse“ getragen. „Wir sind definitiv im Guten auseinandergegangen, es gab allerdings einige unüberbrückbare Differenzen mit dem Verein. Wir haben ein unglaubliches Potenzial, dass in unseren Augen in Ritterhude nicht voll ausgeschöpft werden konnte, da der Fokus dort anders gelegt wurde“, erläutert Anna Höpner, die maßgeblich zum Wiederaufbau der Damensparte bei den Badgers beigetragen hatte.
So kam es, dass in Höpner die Idee einer Vereinsgründung reifte. Nachdem sie den begeisterten Bürger vor einigen Monaten mit ins Boot geholt hatte, nahm die Vision in den vergangenen Wochen immer konkretere Formen an. Nach Gesprächen mit der Gemeinde wurde Lilienthal als neue Heimat auserkoren, wobei in den kommenden Wochen zunächst auf der Anlage des VfR Seebergen-Rautendorf trainiert wird. Weiterhin hielten sieben Gründungsmitglieder eine offizielle Satzung fest, Posten wurden besetzt, juristische Fragen geklärt, Spielerinnen und Sponsoren akquiriert. Ein wichtiges Thema war auch die Namensgebung des Clubs, hierbei war Höpner die federführende Person. „Venom“, der englische Begriff für (Tier-)Gift hat eine tiefergehende Bedeutung: „In den sozialen Medien taucht Venom im Zusammenhang mit der Women Empowerment-Bewegung auf. Der Name verbindet somit sozialen Anspruch mit Gefahr und Weiblichkeit. Das passt ja ganz gut zu uns“, schmunzelt Höpner, die auch das Vereinslogo designte, das eine sichtbar angriffslustige Schlange ziert.
Doch nicht nur Höpner und Bürger haben viel Herzblut und Leidenschaft investiert, auch die insgesamt 35 Mitglieder des neuen Vereins zeigen von Beginn an jede Menge Initiative: „Natürlich ist das viel Arbeit und total aufregend. Aber alle Beteiligten sind mit großem Eifer dabei, daher macht es unglaublich viel Spaß“, sagt Höpner. Mit ihr wechselte übrigens nicht nur ein Großteil der Ritterhuder Damenmannschaft zu Venom, auch Headcoach Justin Krieb ist Teil des neuen Projekts. Unterstützung erhält er von Daniel Kallen (ehemaliger 2. Vorsitzender der Ritterhuder) und dem Badgers-Spieler Wolf-Ruben Ketteritzsch. Von offizieller Seite der Ritterhuder möchte man die Vorgänge und Beweggründe der Venom-Gründerinnen derweil nicht großartig kommentieren, Vizevorstand Thilo Neubert wünscht „dem Teil der Damenabteilung, der sich verabschiedet und einen eigenen Verein gegründet hat, aber alles Gute für die Zukunft“.
Auch er wird sicher gespannt beobachten, ob die ambitionierten Ziele der Lilienthaler Footballerinnen erreicht werden können. Bürger prognostiziert für das kommende Jahr eine Mannschaft, die in der 2. Damenbundesliga aufläuft – auf der vereinseigenen Homepage heißt es sogar, dass man „DIE Größe für Frauenfootball im Norden“ werden möchte. Der Aufbau einer Jugendabteilung, oftmals eine wichtige Säule für nachhaltigen sportlichen Erfolg, ist allerdings nicht geplant.
Um trotzdem eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen, hoffen die Verantwortlichen auf regen Zulauf aus der Umgebung: „Bei uns ist wirklich jede Spielerin willkommen. Egal wie alt man ist, wo man herkommt oder wie man aussieht. Und auch abseits des Spielfelds wollen wir uns engagieren“, verspricht Höpner mit Blick auf die Zukunft. Ob sich der 1. AFC Lilienthal Venom in den kommenden Monaten und Jahren tatsächlich als eine Institution des Frauenfootballs etabliert, dürfte eine spannende Frage bleiben – zumindest ist der Landkreis seit diesem Mittwoch um einen neuen Club reicher, in dem sich (fast) alles um Teamgeist, Tackles und Touchdowns dreht.