Lilienthal/Grasberg. Knapper werdende Lebensmittel, steigende Preise und die Sorge vor einer Ausweitung des Krieges in Osteuropa sorgen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern für Verunsicherung. Das zeigt sich auch in den Lebensmittelgeschäften. Alltägliche Waren sind mitunter vergriffen. Einige Marktbetreiber ziehen daher Konsequenzen und deckeln die Verkaufsmengen.
Das sagen die Händler
"Solidarität fängt dort an, wo man den anderen noch was übrig lässt", sagt Daniel Breiding, der seit 15 Jahren den Edeka-Markt am Falkenberger Kreuz in Lilienthal führt. Der Kaufmann hat als Reaktion auf den Ausverkauf in seinem Geschäft die Abgabemengen von Zucker, Mehl, Speiseöl und Toilettenpapier limitiert. "Der Großhandel beliefert uns auf unbestimmte Zeit nur noch begrenzt. Manche Produkte wie Zucker fehlen heute bei der Lieferung ganz", berichtet Breiding. Günstige Produkte seien oft vergriffen. Darunter beispielsweise Mehl. "Na klar, wenn die Kornkammer Europas brennt. Natürlich wird dann das Getreide knapp", sagt der Marktbetreiber. Seit Tagen versuche er, Quellen aufzutun, um an Grundnahrungsmittel wie Mehl und Speiseöl zu kommen. Die Lage sei angespannt, zumal es noch an anderen Stellen Probleme gäbe: Ein Mehl-Produzent zum Beispiel könne zurzeit keine Kilopakete mehr packen, weil das Verpackungsmaterial fehle.

Tatjana Borries
Breiding will ab kommender Woche für die Kundschaft Rapsöl in mitgebrachte Flaschen abfüllen. "Ich habe 10-Liter-Kanister über den Gastronomie-Einkauf bekommen. So kann ich den Liter für 2,95 Euro an die Kunden weitergeben." Auch Mehl in 25-Kilo-Säcken habe er eingekauft. "Wer eine Tüte oder eine Tupperdose mitbringt, dem füllen wir das ab."
Von einer Knappheit will Mike Ernst, der den Edeka-Markt in Grasberg führt, hingegen nicht sprechen. "Natürlich kämpfen wir zum Teil mit Lieferengpässen. Dennoch haben die Kunden stets andere Produkte zur Auswahl, auf die sie zurückgreifen können." Auf sogenannte Hamsterkäufe hat auch er bereits reagiert. "Um das Ganze sozial zu gestalten, gibt es bei einigen Produkten Limitierungen." So sei der Kauf von Mehl zurzeit auf zwei Kilo begrenzt. Auch für Speiseöle, Zucker und Toilettenpapier gibt es Beschränkungen. Mike Ernst spricht von "haushaltsüblichen Mengen", die im Einkaufwagen landen dürfen. "Und wenn jemand sagt, er kaufe für seine Mutter mit ein, machen wir eine Ausnahme."
Das sagen Verbraucherinnen und Verbraucher
"Hamstern bringt nichts – das macht den anderen nur Stress", berichtet Tatjana Borries, die wir beim Einkaufen bei Edeka in Grasberg treffen. Ein paar Tiefkühlartikel, Joghurt und Spinat hat sie in den Einkaufswagen gelegt. "Ich kaufe so wie immer ein - das, was ich brauche."
Das sehen auch Bianca und Bernd Pietzer so. "Hamstern ist Blödsinn", unterstreicht Bernd Pietzer, der mit seiner Frau in Hepstedt einen Holzspielzeugladen führt. "Wir haben eine gute Versorgung. Und es gibt keine Krise bei uns. Wir haben auch Vorräte", räumt Pietzer ein. "Ein paar Dosen und zwei Pakete Nudeln", ergänzt Bianca Pietzer. Das Paar baut zu Hause selbst Gemüse an und verlässt sich auf regionale Händler. "Wir haben in Hepstedt den ,Lebensmittelpunkt', da kaufen wir unser Fleisch. Und Kartoffeln und Eier wird es in unserer Region immer geben", ist sich Bernd Pietzer sicher.
Andere Erfahrungen hat eine Kundin gemacht, die anonym bleiben möchte, sich aber als Prepperin bezeichnet. So nennen sich Menschen, die sich unter anderem durch die Anlage von Vorräten auf kommende Krisen vorbereiten. Seit Beginn der Pandemie kaufe sie größere Vorräte an Lebensmitteln ein. "Ich habe zu Hause je fünf Kilo Mehl und Zucker, fünf Liter Öl und größere Mengen Katzenfutter." Es werde zunehmend alles teurer und es käme wohl auch zukünftig zu Lieferschwierigkeiten, vermutet sie.

Marita Ewald
Ihr Einkaufsverhalten "gar nicht verändert", hat hingegen Kim Schönteich. "Ich habe immer ein paar Tüten Milch im Haus. Auf Vorrat kaufe ich nicht. Für meine Tochter koche ich meistens frisch." Angst vor Engpässen bei der Lebensmittelversorgung hat sie nicht. "Wenn die günstigen Nudeln mal alle sind, gibt es immer eine Alternative."
Marita Ewald kauft gern im Angebot. Auch wegen der gestiegenen Preise, sagt die Grasbergerin. "Aber Panik habe ich nicht. Ich lass mich nicht verrückt machen." Eine Bekannte habe sie gestern angerufen, sie habe keine Spaghetti mehr bekommen. "Kannst von mir welche haben", habe sie der Freundin angeboten.

Cornelia Harbers, Inhaberin von "kerngeschäft", hat noch genug Mehl.
Das sagen Nischenanbieter und Konzerne
Über Hamsterkäufe freuen würde sich Cornelia Harbers, vom Unverpacktladen "Kerngeschäft" in Lilienthal. "Wir haben uns gerade in unserer Facebook-Gruppe darüber unterhalten, dass bei uns alle Regale voll sind", berichtet die Kauffrau, die mit anderen Unverpacktläden vernetzt ist. Günstiges Mehl koste bei ihr 2,10 Euro pro Kilo. Es sei immer genug da. "Und bis jetzt sind auch die Preise stabil", unterstreicht sie.
Anders ist das bei Aldi-Nord. "Stand jetzt schwankt der Abverkauf einiger Warengruppen, unter anderem bei Speiseölen und Mehl, derzeit sehr stark von Tag zu Tag", berichtet Aldi-Sprecher Christian Schneider. "Dadurch kann es sein, dass einzelne Artikel kurzzeitig vergriffen sind." Aldi arbeite daran, "für Nachschub zu sorgen." Bereits seit Monaten sei die Marktlage geprägt von Herausforderungen wie der Omikron-Welle, dem Mangel an Lkw-Fahrern und den Kosten für Energie und Rohstoffe. Hinzu komme nun die Lage in der Ukraine. Dort, wo sich die Kosten im Einkauf durch die derzeitige Marktsituation verändern würden, "müssen auch wir die Verkaufspreise erhöhen", so der Sprecher.