Landkreis Osterholz. Jan-Henrik Schöne ist Milchviehbauer. Er bewirtschaftet einen Hof in Schwanewede. Seine knapp 250 Kühe stehen in einem Laufstall und im Sommer dürfen sie auf die Weide. Tetje Meyerdierks ist ebenfalls Milchviehbauer. Er bewirtschaftet einen Hof in Lilienthal. Zwischen den Melkzeiten dürfen auch seine 300 Kühe nach draußen. Der Unterschied der beiden Höfe: die Form der betriebenen Landwirtschaft. Schöne bewirtschaftet sein Land konventionell, Meyerdierks ökologisch.
Im Stall gibt es keinen Unterschied zwischen dem Hof von Familie Schöne und dem von Familie Meyerdierks. "Der große Unterschied liegt im Ackerbau", sagt Schöne. So nutze Tetje Meyerdierks als ökologischer Landwirt weder Pflanzenschutzmittel noch synthetischen Dünger zum Futteranbau. Stattdessen befreie er seine Felder mit einem sogenannten Ackerstriegel von unliebsamem Grünzeug, gedüngt wird mit der Gülle und dem Mist seiner Tiere.
Die beiden Landwirte kennen sich schon seit 25 Jahren. Meyerdierks hat bei Schönes gelernt, beide sind im Landvolk aktiv. Seit Neustem nehmen sie auch gemeinsam an einem Insektenschutz-Projekt teil. In diesem Projekt arbeiten Ökolandwirtschaftsbetriebe mit konventionellen Betrieben zusammen. Das Ziel sei es, herauszufinden, wie Insekten besser geschützt werden können. Und zwar ohne dass die konventionellen Betriebe auf ihren hohen Ertrag verzichten müssen.
Die beiden Landwirte vergleichen in diesem Zusammenhang drei Felder, die sie unterschiedlich bewirtschaften: Eines ohne synthetischen Dünger und ohne Pflanzenschutz, eines mit beidem und ein letztes ohne Insektizide und ohne Herbizide - also ohne den Teil der Pflanzenschutzmittel, der schlecht für Insekten ist. Zum Abschluss des Projektes solle bei der Ernte geschaut werden, wie sich der Ertrag verändert habe und wie groß der Gewinn für Insekten sei.
Der Ertrag sei das Problem, weshalb nicht alle Landwirte auf eine ökologische Landwirtschaft umstellen können. Weshalb eine solche Umstellung auch nicht das Ziel sein sollte. "Der Ökolandbau kann sehr schlecht auf Extreme reagieren", sagt Meyerdierks. So sei es beispielsweise schwierig, in einem nassen Frühjahr wie diesem die Maisfelder krautfrei zu halten. Würden alle Landwirte auf diese Weise wirtschaften, könne es weltweit knapp werden, sagt Jan-Henrik Schöne.
Die beiden Landwirte sehen den jeweils anderen nicht als besser oder schlechter an, das ist ihnen anzumerken. Ob denn öko nicht trotzdem besser ist als konventionell? "Es geht nicht nur um Bio, es geht auch um Regionalität", sagt Meyerdierks. Die Gesellschaft müsse wieder an einen Punkt kommen, an dem sie regionalen Produkten mehr Aufmerksamkeit schenke. So könne die heimische Landwirtschaft profitieren und nachhaltiger, als Kartoffeln beispielsweise aus Ägypten zu importieren, sei es ebenfalls.
Auch Schöne hat schon darüber nachgedacht, seinen Betrieb umzustellen. Sich dann aber dagegen entschieden – interessiert an der Art und Weise, wie öko und konventionell voneinander profitieren können, ist er trotzdem. Gleichzeitig sehe er aber auch die Gesamtheit: "Mit der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft wird Ertrag eingebüßt, und damit die Möglichkeit Pflanzenmasse aufzubauen", sagt er. Wenn aber gewünscht sei, nicht nur Lebens- und Futtermittel zu ernten, sondern aus den Pflanzen auch Kunststoff oder Kraftstoff herzustellen, sei das mit einer reinen Ökolandwirtschaft nicht zu bewältigen.
Ein weiterer Grund, warum nicht alle Landwirte auf Bio umsteigen können: "Der Markt wäre im Keller", sagt Meyerdierks. Bioprodukte seien nach wie vor eine Nische. Regionale Anbieter müssten außerdem mit den Bio-Eigenmarken von Discountern in Konkurrenz treten. "Das Dilemma ist bei beiden Formen gleich: Innerhalb einer gewissen Qualitätsstufe entscheiden sich Verbraucher für das Günstigste", sagt Schöne. Klar sei aber auch, dass mehr Landwirte umsteigen würden, wäre diese Umstellung vom Markt gefordert.
Ökologische Landwirte konkurrieren nicht nur mit ihren deutschen Kollegen. Stattdessen gibt es die Anbauform auch im europäischen Ausland, genauso wie auf der ganzen Welt. "Besser kontrolliert als bei uns ist die Landwirtschaft aber nirgends", sagt Meyerdierks. Das gelte sowohl für die ökologische, als auch für die konventionelle Landwirtschaft. "Eine höhere Qualität gibt es nicht." Sorgen mache beiden Landwirten allerdings, dass die Regularien immer höher würden. Viele ihrer Kollegen seien kurz davor aufzugeben, weil sie in finanzielle Schieflage kämen. Auch aus diesem Grund sei ein gesellschaftliches Umdenken hin zu mehr Regionalität wichtig.