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Fachkräftebedarf Wie zwei Arbeitgeber aus Lilienthal versuchen, Mitarbeiter zu finden

Ein Fleischer und ein Ingenieur aus Lilienthal erzählen, wie sie versuchen, neue Bewerber anzulocken. Seit Jahren hat in den Betrieben niemand die Ausbildung abgeschlossen.
25.11.2022, 19:30 Uhr
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Wie zwei Arbeitgeber aus Lilienthal versuchen, Mitarbeiter zu finden
Von Moritz Kalvelage

Lilienthal. In vielen Branchen herrscht Fachkräftemangel – auch im Landkreis Osterholz. Autofahrerinnen und Autofahrer merken, wenn Werkstätten keine Kapazitäten mehr haben, das Auto in kurzer Zeit zu reparieren, Eltern bekommen es zu spüren, wenn die Kita-Plätze knapp werden. Doch nicht nur Kundinnen und Kunden leiden unter anhaltender Personalnot – auch Betriebe geraten in Schwierigkeiten und bisweilen in Existenznot. Ein Fleischermeister und ein Diplom-Ingenieur aus Lilienthal berichten von ihren Problemen, Fachkräfte und Auszubildende einzustellen oder gar zu finden.

Jahrelange Suche

„Aussichtslos, dringend erforderlich, einfach katastrophal“, so beschreibt Thomas Egert-Malis die aktuelle Personalsituation in seinem Betrieb. Er ist Inhaber der Firma Drigalla, einem Betrieb für Heizungs- und Klimatechnik in Lilienthal. Seit über vier Jahren suche er nun nach Personal, dabei würde er mindestens einen Monteur und einen Auszubildenden sofort einstellen, wie er sagt. Gleichzeitig steige die Nachfrage nach seiner Arbeit in den letzten Jahren stetig an: "Es wird immer anstrengender und die Arbeit wird immer mehr", sagt Egert-Malis. Fast täglich müsse er Kundinnen und Kunden abweisen, weil er nicht genug Angestellte habe, um die nachgefragte Arbeit auch abzuleisten. Das sei das letzte, was er wolle, die angespannte Personalsituation lasse ihm aber keine andere Wahl.

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Dabei drücken Zahlen des Statistischen Bundesamtes vermeintlich etwas anderes aus: In den Top-20 der beliebtesten Ausbildungsberufe belegt der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik im Jahr 2021 den siebten Platz – 38.997 Auszubildende sind in der Erfassung geführt. Doch der Bedarf am Ausbildungsmarkt ist deutlich größer als das Interesse der potenziellen Azubis. Die Ausbildung zum Beruf, den es erst seit 2003 gibt, dauert dreieinhalb Jahre. Vor 2003 gab es die beiden Ausbildungen zum Gas-Wasser-Installateur und zum Heizungs- und Lüftungsbauer.

Nicht aufgelistet in dieser Top-20-Liste ist der Ausbildungsberuf zum Fleischer. Das weiß auch Fleischermeister Holger Sudmann, der 2013 den Betrieb seines Vaters an der Falkenberger Landstraße übernommen hat. Er ist händeringend auf der Suche nach neuen Auszubildenden, denn auch bei ihm mache sich der Fachkräftemangel täglich bemerkbar. Mit weiterer Unterstützung im Geschäft wäre das Tagesgeschäft durchaus einfacher zu stemmen. Obwohl die Konkurrenz durch günstige Angebote von Discountern und Supermarktketten groß sei, sei die Nachfrage an handwerklich hergestellter Ware ungebrochen, meint Sudmann.

Resignation oder Einsicht

"Wir kriegen einfach keine Leute", sagt der Meister, der sich enttäuscht zeigt, wie wenig Nachfrage auf seine Branche trifft. Wie Holger Sudmann sagt, seien in der gesamten Fleischerinnung Elbe-Weser in allen drei Ausbildungsjahrgängen zusammen fünf Fleischer in Ausbildung. Zwar mache er zum Beispiel auf Facebook Werbung und biete auch dort Ausbildungsplätze an, jedoch habe bei ihm seit Jahren niemand die Ausbildung abgeschlossen. Dabei will der Fleischer zwar nicht resignieren, sagt aber, dass er die aktuelle Situation akzeptieren müsse: "Es gibt Dinge, die ich kann und Dinge, die ich nicht kann – und alles kann ich eben nicht."

Auch nicht aufgeben will Thomas Egert-Malis: Um niedrigschwellig Nachwuchs zu erreichen, hat er auf seiner Homepage ein kurzes und vereinfachtes Bewerbungsformular eingerichtet. Das können Interessierte schnell und ohne viele Angaben ausfüllen, zusätzliche Zeugnisse sowie Motivations- oder Anschreiben werden da nicht gebraucht. Nicht ohne Grund: "Ich kenne keinen Klempner, der nicht direkt einstellen würde."

Und was passiert in der Fleischerei, wenn weiterhin Auszubildende ausbleiben? Darauf hat Holger Sudmann nur eine wenig optimistische Antwort: "Wenn wir keine jungen Leute bekommen, die übernehmen wollen, dann wird es Zeit, den Schlüssel umzudrehen."

+++ Dieser Artikel wurde am 25. November um 10.30 Uhr aktualisiert. +++

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