Da stand sie nun und wusste gar nicht so genau, was sie sagen sollte. Vlada Ekshibarova schien ihr 6:3, 7:5-Finalsieg gegen Ida Wobker fast unangenehm zu sein. Die beiden Tennisspielerinnen kennen sich gut. Sie spielen beide für den DTV Hannover und schätzen sich sehr. Das war sofort zu spüren, als Ekshibarova bei der Siegerehrung gebeten wurde, ein paar abschließende Worte ins Mikrofon zu sprechen. Es ist in solchen Momenten durchaus üblich, dass der Sieger dem Unterlegenen gegenüber seine Wertschätzung ausdrückt. Vlada Ekshibarova machte da keine Ausnahme. Aber allein die Tatsache, dass ihre unterlegene Teamkollegin am Tag des Finals ihren erst 14. Geburtstag feierte, machte die Sache für die Vorjahressiegerin nicht unbedingt einfacher. Also sagte sie: „Erst einmal Glückwunsch an meine Teamkollegin Ida, Du hättest es auch verdient gehabt, zu gewinnen. Es ist schließlich Dein Geburtstag.“
Viel fehlte tatsächlich nicht. Vor allem der zweite Durchgang war eine umkämpfte Angelegenheit. Bereits das erste Aufschlagspiel von Vlada Ekshibarova ging mehrfach über Einstand, ehe die 21 Jahre (!) ältere Finalistin mit 1:0 in Führung ging. Im weiteren Verlauf ging es hin und her. Knapp gewonnene Aufschlagspiele wechselten sich mit Breaks und Rebreaks munter ab. Beim Break zum 5:4 nahm Ida Wobker ihrer Finalgegnerin den Aufschlag sogar zu null ab – um ihren anschließen Aufschlag direkt danach zu null abzugeben. Letztlich war das das Dilemma der Hannoveranerin. So stark, so furchtlos und so unbekümmert Ida Wobker auch aufspielte, leistete sie sich in letzter Konsequenz zu viele Fehler. Zumindest mehr als ihre erfahrene Kontrahentin, die vermehrt „Mondbälle“ einstreute, um das Tempo aus den Ballwechseln zu nehmen. „Wobei die Bälle von Ida, die im Aus gelandet sind, wirklich knapp im Aus waren“, meinte Katharina Hube-Tewes, die gemeinsam mit Annn-Christin Tietjen zum ersten Mal das neue Organisationsteam der Lilienthaler Volksbank Open bildete.
Als Vlada Ekshibarova ihren Aufschlag zum 6:5 durchbrachte, stand die junge Finalistin unter besonderem Druck. Beim Stand von 30:40 musste sie ihren ersten Matchball abwehren. Die zahlreich erschienen Zuschauer hatten da schon aufmunternd applaudiert, schließlich wollten sie noch einen dritten Satz dieses mitreißenden Schlagabtauschs erleben. Vermutlich trieb sie auch die Vorstellung an, dass eine 14-Jährige ein A3-Turnier immer noch gewinnen konnte. Und tatsächlich konnte Ida Wobker den ersten Matchball noch abwehren. Über Einstand erspielte sich Vlada Ekshibarova aber noch einen zweiten Matchball, den sie schließlich zum 7:5 nutzte.
Dass sich die Vorjahressiegerin noch derart strecken musste, hatte sich zunächst nicht abgezeichnet. Nach der schnellen 3:0-Führung im ersten Satz schien vieles auf ein Finale im Schnelldurchgang zu deuten. Zwar ließ Ida Wobker ihr Können schon in dieser Phase aufblitzen, als sie einige Winner-Schläge auspackte, die für Ekshibarova unerreichbar waren. Aber solche Bälle waren noch eine Seltenheit, ehe das Spiel der 14-Jährigen sicherer wurde. Ida Wobker kämpfte sich in das Match zurück und schaffte den 3:3-Ausgleich. Spätestens jetzt verlief das Finale zwischen der Nummer 60 der deutschen Setzliste (Ekshibarova) und der Nummer 77 (Wobker) auf Augenhöhe. Allerdings spiegelte sich im weiteren Verlauf auch die Unerfahrenheit wider. Beim Stand von 30:40 im „ominösen siebten Spiel“ verursachte Ida Wobker einen Doppelfehler. Vlada Ekshibarova führte wieder mit 4:3 und ließ sich diese auch nicht mehr nehmen. Und das letztlich auch verdient, weil sie einfach die beständigere und variablere Spielerin war, während Ida Wobker von ihrer dynamischen Spielweise fast gar nicht abwich.
Obwohl Vlada Ekshibarova im vergangenen Jahr im Finale gegen Julia Victoria Rennert über die volle Distanz gehen musste und sich erst im Matchtiebreak mit 10:8 behaupten konnte, „habe ich hier noch nie so viel Druck gespürt wie gegen Ida“, sagte sie hinterher bei der Siegerehrung, um dann doch ein paar Worte über sich zu verlieren. Denn nach ihrem zweiten Turniersieg in Folge, meinte sie, dass die Lilienthaler Volksbank Open nun zu einer Tradition werden könnten. Und abgesehen davon: Ein Titel-Hattrick ist bislang noch niemandem gelungen – weder bei den Damen noch bei den Herren.