Exhibitionist oder Wildpinkler? Diese Frage hatte jetzt das Amtsgericht in Osterholz-Scharmbeck zu entscheiden. Einem Lilienthaler war vorgeworfen worden, sich in unangemessener Weise in der Öffentlichkeit gezeigt zu haben. Die Amtsrichterin sprach den Mann am Ende frei.
Dabei hatte die Staatsanwältin dem heute 34-jährigen Lilienthaler vorgeworfen, sich am Mittag des 19. Juni vergangenen Jahres nahe dem Lidl-Markt am Schoofmoor im Gebüsch mit erigiertem Penis gezeigt zu haben. Infolge seiner Handlung soll es auch zum Samenerguss gekommen sein. Ein dabeistehender Mann soll dies als Belästigung empfunden haben. Wegen des Vorwurfs des Exhibitionismus' musste sich der 34-Jährige jetzt im Amtsgericht verantworten.
Wiederholt war es im vergangenen Sommer zu angeblich exhibitionistischen Vorfällen in Lilienthal gekommen, wie die Polizei im Juni und im Juli mitteilte. Der nun angeklagte Mann hingegen hält sich für das Opfer eines Missverständnisses. An besagtem Tag im Juni sei er mit seiner Frau und Kindern in dem Supermarkt einkaufen gewesen, so der Angeklagte. „Da musste ich plötzlich sehr dringend.“ Im Supermarkt habe es aber keine Toilette gegeben. „Da bin ich um die Ecke gelaufen, in ein Gebüsch, wo mich keiner sieht.“ Nach seiner Einschätzung habe ihn auch niemand sehen können. „Als ich fertig war, ist ein Mann stehen geblieben und hat mich angestarrt. Ich habe mich geschämt, dass ich erwischt worden war.“
Sechs bis sieben Meter hätten die beiden Männer auseinandergestanden, sagte der Angeklagte auf Nachfrage von Strafrichterin Johanna Kopischke. Der Vorgang habe „maximal“ 40 Sekunden gedauert. Er habe dann seine Hose zugemacht und sei zu dem Eingang des Supermarktes zurückgegangen. „Außer dem Mann hat mich niemand gesehen. Ich hatte keine sexuellen Motive“, betonte der Vater von vier Kindern. Seine Frau und zwei seiner Kinder seien bei dem Einkauf dabei gewesen.
Das Gericht hörte als Zeugen einen 65-Jährigen, der den Vorfall beobachtet hatte. Er habe sich auf das Grundstück des Supermarktes begeben, um zu rauchen, sagte der Bremer. „Da sah ich einen Mann, Mitte 30. Der habe sich mit seinem Glied beschäftigt. Er habe nicht erkennen können, dass der Mann urinierte. Stattdessen hätte sich auf den Pflanzen Ejakulat befunden.
Ob er noch etwas bemerkt habe, fragte ihn Verteidigerin Tanja Mayer. Zwei Mädchen seien an dem an einem Schulweg liegenden Gebüsch vorbei gefahren, war die Antwort. Sie hätten "Obsala" geschrien, seien dann aber normal nach Hause gefahren. Als der Mann wegfuhr, habe er vorbeikommende Schüler gebeten, die Autonummer zu notieren, sagte der 65-Jährige weiter.
„Was war das für ein Gefühl für sie?“, fragte die Verteidigerin den Zeugen über den Anblick des Geschehens. „Das war ekelhaft“, so der Bremer. Das sei mitten am Tag gewesen. „Der Mann war in einem Erregungszustand auf offener Straße, vor einer Schule.“ Das Ganze sei „eine Demonstration, eine Show“ gewesen. Er habe das aus dem Gesichtsausdruck und dem Zustand des Penisses des Angeklagten gefolgert, gab der Zeuge auf Nachfrage der Anwältin zu verstehen.
Strafrichterin Kopischke wiederum lag ein Gutachten des Landeskriminalamts Niedersachsen über die dem Gras anhaftenden Flüssigkeiten vor. „Sperma, negativ“, sagte die Richterin kurz und knapp. Der Angeklagte sei nur zum Urinieren im Gebüsch gewesen, stand somit für die Staatsanwältin fest. „Es gibt keinen Sperma-Nachweis.“ Sie beantragte infolgedessen einen Freispruch.
Dem schloss sich Verteidigerin Mayer an. Ihr Mandant habe Erniedrigungen erleiden müssen, bedauerte sie. Aber am Ende sei es dann doch noch gut ausgegangen. Richterin Kopischke sprach den Angeklagten frei. „Eine exhibitionistische Handlung kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit bestätigt werden“, sagte sie in ihrer Urteilsbegründung.