Lilienthal/Worpswede/Ottersberg. Die Lilienthalerin Christiane Mache ist Mutter von zwei Kindern, zwölf und 14 Jahre alt. Die beiden besuchen die Waldorfschule in Ottersberg im Landkreis Verden. Weil es sich bei dieser Rudolf-Steiner-Schule um eine Privatschule handelt, müssen die Eltern für die Beförderungskosten selbst aufkommen – zumindest teilweise. Christiane Mache ist wie andere Eltern in einem privaten Verein organisiert, der wiederum ein Busunternehmen mit den Fahrten beauftragt. Dies ist nötig, weil es keine öffentlichen Verbindungen gibt, mit denen die Schüler fahren könnten. Das Problem sind die steigenden Kosten: Die Worphauserin Christiane Mache zahlt für ihre beiden Kinder jeden Monat 216 Euro an Fahrtkosten. Das wollen sie und andere Vereinsmitglieder nicht mehr hinnehmen. Sie fordern eine öffentliche Busverbindung zwischen Worpswede und Ottersberg. Eine Entlastung könnten sie sich auch durch einen höheren Fahrtkosten-Zuschuss vom Landkreis Osterholz vorstellen.
52 Mädchen und Jungen aus dem Landkreis Osterholz besuchen aktuell die Waldorfschule im Nachbarkreis Verden, die meisten kommen aus Lilienthal, Worpswede und Grasberg. Für sie gibt es seit nahezu 30 Jahren diese Schülerbeförderung, die Eltern ehrenamtlich koordinieren und – mit Zuschüssen vom Kreis – auch finanzieren. Die Busfahrten erledigt seit ein paar Jahren das Grasberger Busunternehmen Schaffert. Die Route führt von Mevenstedt, Worpswede, Westerwede weiter über Worphausen, Lüninghausen, Frankenburg, Trupermoor, Falkenberger Kreisel, Grasberg, Eickedorf und Dannenberg nach Ottersberg. Es gibt drei Fahrten pro Tag: Morgens nach Ottersberg und jeweils mittags (6. Stunde) und nachmittags (8. Stunde) zurück.
Hohe Benzinpreise
Die Zuschüsse vom Landkreis reichten schon in der Vergangenheit nicht aus, um die Fahrtkosten zu decken. Aus Osterholz fließen im Durchschnitt rund 85,50 Euro pro Schüler und Monat an den Verein "Schülertransport Ottersberg". Für alle seit Einführung des sogenannten Tim-Tickets neu hinzukommenden Schülerinnen und Schüler erstattet der Landkreis jeweils 30 Euro, also die Kosten eines Tim-Tickets.
Wegen der hohen Benzinpreise beträgt der Monatsbeitrag an den Verein inzwischen 108 Euro pro Kind. "Es ist für einige Eltern günstiger, ihre Kinder im eigenen Auto zur Schule zu bringen", sagt Christiane Mache. Ihr Verein befürchtet Mitgliedsaustritte, was wiederum die finanzielle Belastung der verbleibenden Eltern weiter erhöhen würde. Der Verein macht sich außerdem Sorgen, dass Eltern ihre Kinder wegen der hohen Fahrtkosten von der Schule nehmen könnten.
Deshalb plädiert der Verein, in dem auch der Lilienthaler Vater Moritz Stefaner Mitglied ist, für die Einrichtung einer öffentlichen Buslinie. Diese würde nicht nur den Waldorfschülern helfen, sondern auch den weißen Fleck im Nahverkehrsnetz zwischen dem Landkreis Osterholz und dem Landkreis Verden schließen, argumentieren Moritz Stefaner und Christiane Mache. Denn profitieren würden auch Pendler und Touristen, sagen sie. Die EVB-Linie 636 verkehrt zwar zwischen Quelkhorn und Osterholz-Scharmbeck, sie bedient allerdings morgens nur die Strecke von Quelkhorn nach Osterholz-Scharmbeck und fährt mittags, beziehungsweise nachmittags, zurück. In die entgegengesetzte Richtung, also morgens aus Richtung Osterholz in Richtung Quelkhorn und mittags/nachmittags zurück, fährt sie nicht.
Landkreis und ZVBN lehnen ab
Der Verein wandte sich mit seinen Forderungen an den Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (ZVBN) und an den Landkreis Osterholz. Beide lehnen ab. "Mit Blick auf eine Gleichbehandlung mit vergleichbar Betroffenen ist es nicht möglich, den Zuschuss zu erhöhen", sagt Sven Sonström, Sprecher des Landkreises Osterholz. Auch sei es nicht möglich, in den nächsten Jahren eine ÖPNV-Linie zur Waldorfschule einzurichten. "Es würde faktisch eine Linie entstehen, die sich an den Wohnorten der Schülerinnen und Schüler der Freien Schule Ottersberg orientieren würde." In der Stellungnahme des ZVBN an den Verein heißt es, dass der Verband in einer solchen Linie über die Schülerbeförderung hinaus keinen weiteren Nutzen sehe. Ferner würde eine neue Buslinie "erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen erfordern, sodass kein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis gegeben ist." Wegen der Personalengpässe würden die Fahrpläne schon seit einiger Zeit ausgedünnt. Das Augenmerk des ZVBN liege vorrangig auf dem Ausbau der Hauptverkehrsachsen.
Diese Argumentation hält der Verein für etwas dürftig, da es auch andere Linien gebe, die in sehr geringer Taktung und mit wohl weniger Fahrgästen führen. Außerdem sei es Ziel der Nahverkehrsplanung und vieler politischer Akteure, den ÖPNV auch in der Fläche auszubauen, betont die Lilienthalerin Christiane Mache. Das Argument der fehlenden Personalressourcen überzeuge sie nur teilweise, weil es ja bereits einen Bus gebe, der die Kinder fährt.
Der Verein will nicht aufgeben und sucht Mitstreiter. Hilfe bekommt er von der Bremer Initiative "Einfach Einsteigen", die sich für den Ausbau des ÖPNV einsetzt. Unterstützung zugesagt hätten unter anderem auch die Bürgermeister von Grasberg, Lilienthal und Ottersberg, berichtet Christiane Mache. Außerdem habe der Verein mit weiteren Politikern Kontakt aufgenommen.