Am Wochenende ausgehen? Das war früher eine Kunst! Schwierig genug, sich mit den Kumpels auf einen Plan zu einigen: Wo treffen wir uns? Welche Läden steuern wir an? Und vor allem: Wer fährt?
Aber immerhin gab es ein Angebot, nein, viele davon! Vor 22 Uhr kam man gar nicht erst aus Deckung. Dann ging es zum Anwärmen in den ersten Laden, in die Kneipe oder zur Scheunenparty, um mal zu gucken, wer sonst noch unterwegs ist. Halb eins dann weiter in die Disco, dorthin, wo alle sind. Gegen drei waren die Ersten schon im Bett, alle anderen aber fuhren noch rum, um zu gucken, wo noch was passiert. Mitunter ging die Party dann erst los...
Heute könnte man das genauso machen, doch die Zeiten haben sich geändert. Die Ausgehambitionen mancher junger Leute endet an der eigenen Wohnungstür – die Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen haben ihren Teil dazu beigetragen, dass sich potenzielle Partygänger eine andere Zerstreuung gesucht haben. Und auch die Angebote haben sich reduziert: Konnte früher fast jeder drei, fünf, ja, sieben annehmbare Locations in der näheren Umgebung aufzählen, muss man heute schon froh sein, überhaupt noch eine zu finden.
Beim Bundesverband deutscher Discotheken und Tanzbetriebe (BDT) kennt man diese Entwicklung natürlich nur zu gut. Und BDT-Sprecherin Aurélie Bergen kann eine ganze Reihe von Gründen anführen, warum sich der Markt für Discos und Tanzlokale insgesamt verändert hat.
So spielten zum einen der demografische Wandel, aber auch rechtliche und politische Rahmenbedingungen eine Rolle. "Noch nie hatte die Branche mit so großen und grundsätzlichen Themen zu kämpfen wie heute", sagt Bergen und nennt auch Beispiele: steigende Gema-Gebühren, über die Künstlerinnen und Künstler für die Nutzung ihrer Musik vergütet werden. Sie führt aber auch ganz allgemein die Bürokratie, den Mindestlohn oder starre Vorgaben bei der Arbeitszeit an. Der in den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) integrierte BDT wünscht sich für seine Mitglieder mehr unternehmerische Freiheit.
Allerdings machen den professionellen Betreibern auch die vielen jährlich stattfindenden Veranstaltungen in Scheunen, Gemeindehallen oder auf Open-Air-Wiesen zu schaffen. Sie zögen Gäste aus den festen Lokalitäten ab, und dies vielfach, so die Kritik des BDT, ohne Beachtung der Sperrzeit oder gesetzlicher Hygiene-, Brandschutz- und Jugendschutzvorschriften.
Und auch der technische Wandel setzt den Discos zu: Bergen zufolge stehen sie heute in Konkurrenz zu Alternativen, die es vor einem Vierteljahrhundert noch gar nicht gab: "Insbesondere soziale Netzwerke und Medien decken Angebote ab, die früher als Alleinstellungsmerkmal für Discotheken galten." Beispielhaft nennt sie die Plattform "Spotify" oder die Dating-App "Tinder", die Musik bereithalten beziehungsweise bei der Partnersuche helfen.
Immerhin entwickelt sich wieder was. Daten des Statistischen Bundesamts, wonach die Zahl der Discos, Bars, Tanz- und Vergnügungslokale nach einem heftigen Corona-Einbruch zuletzt wieder angezogen hat, kann Aurélie Bergen bestätigen: "Nach der ungewissen wirtschaftlichen Situation während der Pandemie kommen wir jetzt wieder in eine Phase, in der Unternehmer Neueröffnungen, Wiedereröffnungen und Investitionen in bestehende Betriebe vornehmen", sagt die Verbandsvertreterin und gibt sich zuversichtlich, dass die Entwicklung anhält. Wer gesellschaftliche Trends erkenne, sein Konzept an die Marktgegebenheiten anpasse, auf sich ändernde Gästewünsche eingehe, und seinen Betrieb professionell führe, werde nach wie vor erfolgreich sein.