Osterholz-Scharmbeck. Die Sonne scheint, die Temperaturen klettern, das Allwetterbad ist zu und die Zukunft offen. Der von der Niedersächsischen Staatskanzlei präsentierte Stufenplan, der in einen „neuen Alltag“ unter Corona-Beschränkungen führen soll, sieht in der dritten Phase die Öffnung der Freibäder für den 25. Mai vor. Kann auf dem Osterholz-Scharmbecker Campus-Gelände also demnächst wieder geplanscht, geschwommen und getaucht werden? Bürgermeister Torsten Rohde steht solchen Versuchungen einstweilen skeptisch gegenüber. Obwohl dank seines Cabrio-Daches unbestreitbar Open-Air-Qualitäten aufweisend, ist das von den zum „Stadtkonzern“ gehörenden Bäderbetrieben bewirtschaftete Bad offiziell ein Hallenbad. Damit fällt es in die vierte Kategorie des Stufenplans, die noch mit keinem Datum versehen ist. „Wir müssen abwarten, was da entschieden wird“, so Rohde, der aber weiß, dass „parallel geprüft“ wird, auf der Basis von Gutachten, die von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) und dem Deutschen Sauna-Bund in Auftrag gegeben wurden, um für eine Pandemie wie die jetzige gerüstet zu sein. Die DGfdB zieht nach einer Ad-Hoc-Online-Befragung mit hoher Bäder-Beteiligung das Fazit, dass sich die Mehrzahl der Frei- und Hallenbad-Betreiber in der Lage sähen, Verantwortung für die Daseinsvorsorge zu übernehmen. „Die Botschaft an die Politik lautet, dass es aus Sicht vieler Badbetreiber sehr wohl möglich wäre, die Schwimmbäder bereits in einer frühen Phase von Wiederöffnungs-Szenarien anzusiedeln.“
Auch Osterholz-Scharmbecks Bürgermeister kann sich einen „reduzierten Indoor-Betrieb“ durchaus vorstellen, selbstverständlich unter strikter Einhaltung der Hygienevorschriften. Social Distancing könnte beispielsweise durch eine Begrenzung des Besucheraufkommens und der Zahl verfügbarer Umkleidemöglichkeiten gewahrt werden. Man weiß, dass Viren sich in der Umgebung von Chlor nicht sonderlich wohl fühlen und auch die Aufenthaltsqualität von Hochtemperatur-Saunen nicht schätzen.
Das Allwetterbad ist seit dem 16. März geschlossen. Wenn man die Zahl von 300 000 Besuchern im Jahr zugrundelegt, lässt sich schon an dieser Stelle der Verlust von Einnahmen auf mehrere hunderttausend Euro hochrechnen. Doch von der schwierigen ökonomischen Situation einmal ganz abgesehen, bedeuten die geschlossenen Türen des Bades für viele Menschen in Osterholz-Scharmbeck auch einen enormen Verlust an Lebensqualität. Ob Rheumaliga, Aqua-Fitness, Babyschwimmen, Massage, Kneipp-Verein, Gerätetraining, die DLRG, die Triathleten und die „Moorteufel“-Taucher vom VSK Osterholz-Scharmbeck – die Palette der Möglichkeiten im Allwetterbad ist breit. Für ganz viele Bewohner der Stadt und der sie umgebenden Gemeinden sind die dort verbrachten Stunden wichtig für die Erhaltung der Gesundheit. Für manche mag das Allwetterbad sogar eine Art Lebensmittelpunkt sein.
Nicht zu vergessen, die Schulen und Kindergärten, die regelmäßig in die Teleskophalle kommen. Auch Schwimmkurse fallen derzeit natürlich flach. Ob und wann sie nachgeholt werden können, steht in den Sternen. „Das staut sich halt. Die Wartelisten sind lang“, berichtet Allwetterbad-Sprecher Jürgen Möller. Die annähernd zwei Dutzend Mitarbeiter, teilweise damit beschäftigt, „hier alles auf Vordermann zu bringen oder zu halten“, teilweise auch in Schulungsmaßnahmen eingebunden, würden die Besucher vermissen, sagt Möller. Es gibt viele Dauergäste, unter ihnen die Ausflügler aus Bremen und die 6.30 Uhr-Frühschwimmer. Etwa noch einmal so viele Mitarbeiter des Sportstudios Balance und der Gastronomie gehören zur erweiterten Allwetterbad-Crew.
Das Allwetterbad ist ein modernisiertes ehemaliges Freibad, das dank seiner aus dem Schiffbau übernommenen Dachkonstruktion mit einem Alleinstellungsmerkmal-Pfund zu wuchern vermag. Es handelt sich um die erste Teleskophalle für Schwimmbäder in Deutschland, die nach niederländischem Vorbild errichtet wurde. Das aus drei Segmenten bestehende Dach wird bei Freibad-Temperaturen von um die 23 Grad geöffnet, wobei dieser Vorgang nur 20 Minuten beansprucht. Jedes Jahr kommen rund 300 000 Gäste ins Schwimmbad. Die Anzahl der Sauna-Besucher beträgt über 30 000 pro Jahr. Das Allwetterbad bietet 1300 Quadratmeter Wasserfläche und 2500 Quadratmeter überdachte Fläche. 50 Millionen Liter Wasser werden pro Jahr im Schwimmbad genutzt und aufbereitet.
Die kurz vor dem Abschluss stehenden Arbeiten an der Pumpen-Erneuerung werden von der Reparatur beschädigter Fliesen flankiert. „Wir füllen noch kein Wasser ein, sondern warten auf das Go der Politik“, erklärt Möller. Die Füllmenge beträgt immerhin 2,7 Millionen Liter. Und das Wasser muss ja aufwendig umgewälzt, gefiltert und gereinigt werden. „Das Wasser allein einlaufen zu lassen und zu erwärmen dauert Tage.“ Dann kommt auch noch das Gesundheitsamt, um Proben zu nehmen und auszuwerten. „Wir brauchen etwa 14 Tage Vorlaufzeit.“
Das Hambad in der Samtgemeinde Hambergen ist eindeutig ein Hallenbad und muss wie das Allwetterbad noch geschlossen bleiben. Natürlich ist die Samtgemeinde daran interessiert die Türen wieder zu öffnen, wie der erste Samtgemeinderat Friedhelm Lütjen sagt. Derzeit gibt es keine Einnahmen. Das Hambad trägt sich nicht selber, die Gemeinde zahlt jedes Jahr drauf. „Das Defizit wird dieses Jahr höher werden“, weiß Lütjen. Die Mitarbeiter machen Kurzarbeit.
Jetzt bereitet sich die Samtgemeinde auf einen Tag X vor. „Wir überlegen, das Bad zunächst für Vereine zu öffnen“, erklärt Friedhelm Lütjen. Dort ist der Bedarf sehr hoch. In diesem Bereich seien Begrenzungen einfacher machbar. Die Verwaltung hofft auf einen Start im Juni. Beim öffentlichen Bereich ist Lütjen allerdings noch skeptisch.
Im bisher letzten abgerechneten Jahr nutzten insgesamt 80 616 Gäste das Bad. Schulen und Vereine brachten mehr als die Hälfte der Nutzer in das Hallenbad, in Zahlen waren es 49 042. In die Sauna gingen 4737 Besucher.
Allwetterbad erhält neue Umwälzpumpen
Neun Aggregate kosten 180 000 Euro – 40.000 Euro Förderung durch die Nationale Klimaschutzinitiative
Osterholz-Scharmbeck. Das Allwetterbad Osterholz-Scharmbeck erhält zurzeit neue Umwälzpumpen. Die Arbeiten konnten aufgrund der Coronakrise und der damit verbundenen bundesweiten Bäderschließung früher als geplant beginnen. Die neuen Geräte kosten gut 180 000 Euro, wie Bäderbetriebe GmbH und Osterholzer Stadtwerke über Jürgen Möller mitteilen. Ziel ist, den Strombedarf erheblich zu senken.
„Mit dieser Energiesparmaßnahme erfüllen wir die Richtlinien der Nationalen Klimaschutzinitiative„, informiert Torsten Rohde, Geschäftsführer der Bäderbetriebe GmbH. “Damit gilt unsere Maßnahme als ein anerkanntes Klimaschutzprojekt, und wir erhalten dafür vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine beachtliche Förderung von 40 000 Euro.“ Rohde bezeichnet das Allwetterbad wiederholt als „Aushängeschild“ für die Stadt. Mit regelmäßigen Investitionen würde die Attraktivität der Freizeitstätte erhalten.
Die alten Pumpen zeigen im zerlegten Zustand deutliche Spuren des mehr als 20-jährigen Dauerbetriebs. So seien unter anderem die Flügelblätter deutlich ausgefranst, wie Jürgen Möller ausführt. Vorteil der neuen Pumpen sei die Steuertechnik. „Die alten Pumpen ließen sich nicht steuern, sondern die liefen immer mit voller Leistung", beschreibt Badbetriebsleiter Torsten Stelljes die weiteren Vorzüge. "Nur durch die Einstellung der Schieber konnten wir die Kraft reduzieren." Letztlich aber sei das Energieverschwendung gewesen, da dieses Vorgehen den Pumpen Kraft geraubt habe.
Die Pumpen müssen Beeindruckendes leisten: Die mehr als 2,7 Millionen Liter Wasser im großen Becken werden vier Mal am Tag umgewälzt. Das Wasser strömt zudem durch große Filteranlagen. Damit werde sichergestellt, dass auch bei Hochbetrieb eine sehr gute Badewasserqualität vorliege, erklärt Bäderchef Torsten Rohde.
Eigentlich waren die Arbeiten für November 2019 geplant. Da aber sich damals kein Anbieter auf die Ausschreibung des Beraters finden ließ, ist der Austausch auf die Zeit um Ostern 2020 verlegt worden. Erfreulicher Nebeneffekt: Für die Steuerungstechnik konnte mit der Firma Aukos aus Pennigbüttel als Fachfirma eingebunden werden. Die Pumpen baut ein Fachbetrieb aus Oldenburg ein.
Während des Pumpeneinbaus reinigt das Allwetterbad-Team die Becken intensiv. Und auch die übrigen Anlagen werden für eine Wiedereröffnung gesäubert. Für das Auffüllen und das Erwärmen der Becken werden etwa drei Tage benötigt. Die Einstellung der neuen Pumpen braucht Zeit. In Probeläufen müssen Einstellwerte gefunden werden. Wasseraustausch und -verteilung sollen ebenfalls stimmen.