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Anwesen mit Geschichte Hot Stuff bis nach Sendeschluss

Das Musikladen-Studio von Michael Leckebusch war lange Zeit ein Treffpunkt internationaler Musiker. Mehr als 40 Jahre nach der ersten TV-Produktion scheint die Zeit im Kellergeschoss still zu stehen.
19.03.2021, 05:59 Uhr
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Von Christian Kosak (Fotos) und Christian Valek (Text)

Es sind 15 Stufen, die hinab ins Studio führen. Stufen, die auch Michael Jackson, Madonna oder Pink Floyd samt Gefolge hinter sich ließen, um zu Fernsehproduzent Mike Leckebusch in den Keller vorzudringen. Vom Regieraum zur Bühne geht es noch weiter runter. Das Studio liegt so tief, dass man unten nichts mehr von der Welt da oben mitbekommt. Ein Reich für sich, metertief in Sandboden gebettet. Dorthin mussten Hunderte Talente erst absteigen, um irgendwann ganz nach oben zu kommen.

Der eine oder andere Name ist längst vergessen. Nur ein Raum voller Fotos ist von den Stars und Sternchen geblieben. Ein bunter Bilderbogen meist gespielter Lässigkeit und selten echter Emotionen. Insgesamt sind es wohl 40.000 Aufnahmen, die auf und hinter Bühne entstanden waren und nun an Wänden, in Schubladen und in Aktenordnern ruhen. Längst nicht alle sind für die Öffentlichkeit bestimmt.

Zig Geschichten

Um die Villa im Wald, die 1978 gebaut wurde, ranken sich zig Geschichten. Einige erzählt man sich, andere vergisst man besser. Siegfried Zaft kennt viele davon, denn Techniker und Künstler, die der jetzige Hausherr nach Jahrzehnten noch einmal durch die Räume mit den scheinbar ewig flackernden Monitoren führte, haben sie ihm erzählt. Noch einmal drängten sie sich durch enge Flure vorbei an Maskenraum und Tonkabinen, goldenen Abba-Schallplatten und dem Pub, den Leckebusch in Irland erst ab- und in Garlstedt wieder aufbauen ließ. Es sind die kleinen Dinge, die lebhafte Erinnerungen bei den Gästen sprudeln lassen, weiß Zaft. Das kann ein Schnellhefter auf dem Regiepult mit Anweisungen sein, der installierte Zigarettenautomat im Gang oder die Flut an Magnetbändern in den Regalen.

Anekdoten kann Zaft auch aus erster Hand beisteuern. Lange bevor er zum Physiker wurde und bevor er als Berufspilot arbeitete, erlebte er Michael Leckebusch live bei der Arbeit. In den 1970er-Jahren war er Kabelträger im Musikladen – und Mike Leckebusch ein leidenschaftlicher Regisseur. Kabelträger sei damals keine leichte Arbeit gewesen, sagt Zaft heute, denn er musste aufmerksam sein, damit sich die Leitungen nicht im tanzenden Publikum oder unter den Kamerarollen verfingen. Es war die Zeit, als die Fernsehsendungen noch im TV-Studio in Bremen-Vahr gestrickt wurden. Eine Zeit, in der es in Deutschland nur drei Programme, einen Sendeschluss und Bildrauschen gab.

Komplett zu verkaufen

Jetzt ist es Zaft, der Schluss macht. Er verkauft das Anwesen samt Mobiliar. „Nur komplett ist es etwas Besonderes“, betont er. Nachdem er elf Jahre im geschichtsträchtigen Haus mit der mystischen Hausnummer sechs wohnte, will er einen harten Schnitt machen, wie er sagt. Das Haus und ein gescheitertes Studioprojekt, das er 2017 angeschoben hatte, fordern ihn bis zuletzt. Jetzt will er frei sein.

Ihn zieht es hin zu neuen Ufern. Dahin reist er mit leichtem Gepäck: Er nimmt nur das mit, was er tragen kann. Und das ist wirklich nicht viel: Ein Rahmen mit Flaschenöffnern und ein altes schwarzes Telefon sollen ihn in die neue Wohnung begleiten. Alles andere bleibt zurück. Trotzdem nehme er eine Menge mit, sagt er stolz. „Was bleibt, sind die vielen Erinnerungen.“

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