Ritterhude. Sie fliehen vor einem Krieg, den Russland der Ukraine aufgezwungen hat. Sie fliehen vor Bombenangriffen, vor Folter, Vergewaltigung und Mord. Sie fliehen, weil von ihrem alten Leben nichts mehr übrig geblieben ist, und suchen Sicherheit – auch in Ritterhude. Der Hamme-Gemeinde geht es angesichts dieses Flüchtlingsstroms so wie vielen anderen Kommunen im Land – ihr sind die Wohnungen ausgegangen. Und so sollen nun Container als Unterkunft für die Flüchtlinge aufgestellt werden. Für Montag, 19. Dezember, 18 Uhr lädt die Gemeindeverwaltung zu einer Informationsveranstaltung dazu ins Dorfgemeinschaftshaus nach Platjenwerbe ein.
"Uns obliegt gegenüber diesen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine eine besondere Verantwortung", sagt Bürgermeister Jürgen Kuck auf Nachfrage der Redaktion. Das sei seine Überzeugung. Ungeachtet dessen müsse jedem aber auch klar sein, dass es sich dabei um kein Wunschkonzert handle, so Kuck: "Wir können uns nicht aussuchen, ob wir Flüchtlinge aufnehmen wollen; wir müssen."
Verschnaufpause genutzt
Nachdem Ritterhude und andere Kreis-Kommunen Anfang Oktober SOS an den Landkreis Osterholz gefunkt hatten, weil sie keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr hatten, "hat sich der Landkreis an die Spitze dieser Bewegung gestellt", berichtet Ritterhudes Bürgermeister. Die Osterholzer Kommunen hätten zu dem Zeitpunkt bereits mehr Flüchtlinge aufgenommen, als sie laut Quote gemusst hätten. "Wir brauchten einfach eine Verschnaufpause", blickt Kuck zurück. Und die habe der Kreis für sie mit der Landesregierung ausgehandelt.
Inzwischen liegen ihm Informationen vor, dass er Landkreis Osterholz künftig wieder 40 Flüchtlinge monatlich aufzunehmen habe. "Die Ersten sollten bereits in der zweiten November-Woche kommen." Sie blieben jedoch aus und wurden, so vermutet es der Verwaltungschef, noch auf andere Landkreise in Niedersachsen verteilt, die ihr Soll bislang nicht erfüllt hatten. "Wir warten aber stündlich auf die Nachricht, dass der Landkreis Osterholz wieder Flüchtlinge bekommt." Die Ersten werde Worpswede übernehmen. So sei es vereinbart. Die Gemeinde hat für ihre Unterbringung – in Abstimmung mit dem Landkreis – jüngst die örtliche Jugendherberge für mehrere Jahre angemietet. Dadurch erhalte Ritterhude ein wenig mehr Zeit, um sich auf weitere Schutzsuchende vorzubereiten.
Wohnpark bereits belegt
Bereits vor Monaten hat Ritterhude Räume im Wohnpark am Dammgut für die Flüchtlingsunterbringung angemietet. Diese sind inzwischen alle belegt. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für die Wohn-Container hat die Kommune nun einen Vertrag mit dem Eigentümer der ehemaligen Walmart-Immobilie in Platjenwerbe geschlossen. Auf dem dazugehörigen Parkplatz werden die Blöcke errichtet. Zunächst für 60 Personen. Absehbar für bis zu 120. Dabei bietet ein Wohncontainer Platz für 24 Personen. "Dort haben wir die nötige Infrastruktur", erklärt Kuck die Standortwahl. Sämtliche Anschlüsse für Ver- und Entsorgung lägen bereits im Boden. Zudem sei der Eigentümer sehr kooperativ gewesen.
Noch wichtiger für die Wahl des Standorts sei die Nähe zu den Grundschulen in Platjenwerbe und Ihlpohl, betont Ritterhudes Bürgermeister. "Jetzt haben wir die Situation, dass 25 Kinder aus der Ukraine die Ganztagsschule in Ritterhude besuchen; das ist eine ganze Klasse." Im Unterschied dazu nähmen in Platjenwerbe und Ihlpohl je zwei ukrainische Kinder am Unterricht teil. Es gehe also vor allem darum, die Kinder gleichmäßiger auf die einzelnen Schulen zu verteilen. Belastungen sollten gerecht verteilt werden, findet Kuck. Auch im Hinblick auf den Lehrermangel.
Am Montagabend (19. Dezember) wird die Gemeinde ihre Bürger im Dorfgemeinschaftshaus nicht nur über den Aufbau der Container am Heidkamp informieren. "Wir hoffen auch darauf, Paten für die Flüchtlinge zu gewinnen", sagt Jürgen Kuck. Die Ukrainer, die in den Räumen am Dammgut in Alt-Ritterhude untergekommen sind, erhielten bereits Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer. Und genau diese Hilfe wünscht sich Jürgen Kuck auch für die Menschen, die demnächst im geplanten Container-Dorf an der Grenze von Ihlpohl und Platjenwerbe untergebracht werden.