- Barkenhoff
- Große Kunstschau
- Worpsweder Kunsthalle
- Haus im Schluh
- Mehrjähriges Forschungsprojekt
- Besucherinfos
Das Künstlerdorf Worpswede steht im Jahr 2022 ganz im Zeichen Heinrich Vogelers. Dies ist im Ort kaum übersehbar, denn wo man hinschaut, hängen Plakate mit seinem Selbstporträt aus dem Jahr 1914 und verweisen auf den 150. Geburtstag des Malers, Designers, Schriftstellers und Architekten im Dezember.
Die vier Worpsweder Museen – Barkenhoff, Große Kunstschau, Worpsweder Kunsthalle und Haus im Schluh – haben sich zu diesem Anlass etwas ganz Besonderes einfallen lassen. So würdigen sie den Universalkünstler ab Sonntag, 27. März, mit einer großen Gemeinschaftsausstellung, die den Titel „Heinrich Vogeler. Der Neue Mensch“ trägt. Die Ausstellung soll vor allem Vogelers Leben und seine Werkaspekte und -phasen thematisieren. Dabei bekommen die Besucherinnen und Besucher eine Auswahl von Kunstwerken zu sehen, die es ihnen ermöglicht, in den Menschen Heinrich Vogeler einzutauchen und sein Handeln in den einzelnen Lebensabschnitten besser zu verstehen. Im Zentrum der Ausstellung stehen das Menschenbild und die persönlichen sowie politischen Ideale des Multitalents, wie Matthias Jäger, Geschäftsführer des Worpsweder Museumsverbundes, betont: „Heinrich Vogeler war ein Künstler, der Kunst und Leben und später auch Kunst und Politik zu vereinen versuchte."

Schauspieler Florian Lukas (links) und Matthias Greving haben zusammen den Vogeler-Film gemacht, der Mitte Mai in die Kinos kommt.
Parallel zu der Ausstellung startet im Mai die Doku-Fiktion „Heinrich Vogeler. Aus dem Leben eines Träumers“ deutschlandweit in den Kinos, mit Florian Lukas ("Good Bye, Lenin") in der Hauptrolle. Gedreht wurde dabei nicht nur am Barkenhoff in Worpswede, wo der vielleicht bedeutendste aller in Bremen geborenen Künstler drei Jahrzehnte seines Lebens verbracht und gearbeitet hat, sondern unter anderem auch an zahlreichen Standorten in Paris. „Zu Vogelers 150. Geburtstag haben wir ihm ein filmisches Denkmal geschaffen. Ich denke, dass die vielen Facetten seiner Person und seines künstlerischen Schaffens viele Menschen begeistern wird, auch die, die ihn vielleicht zuvor gar nicht kannten“, sagt Matthias Greving, Gründer des Medienunternehmens Kinescope Film.
Barkenhoff
Der Barkenhoff, den Heinrich Vogeler 1894 erwarb und den er zum Mittelpunkt der Worpsweder Künstlerkolonie machte, spielte in Vogelers Leben eine wichtige Rolle. Die Ausstellung „Werden“ will hinter die Fassade Vogelers blicken und zeigen, wie er als Mensch und Künstler konsequent einer Idee folgte. Diese Idee versuchte er, im Laufe der Zeit in verschiedener Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. „Ich denke, dass Vogel gerade heute topaktuell ist. Er stand für Frieden in der Welt und setzte mit seiner Kunst immer wieder ein Zeichen“, sagt Beate Arnold, Wissenschaftliche Leiterin der Barkenhoff-Stiftung.

Ein Besucherin schaut sich im Barkenhoff Vogelers "Geburt des neuen Menschen" an.
Wie wenige andere Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts steht Vogeler für unterschiedliche Professionen und Überzeugungen. Genau hier möchte Arnold ansetzen, weshalb der Barkenhoff in der Gemeinschaftsausstellung den Fokus auf den künstlerischen und weltanschaulichen Kosmos Heinrich Vogelers legt. So rückt hier neben dem Menschen auch der Barkenhoff selbst, der vor der Ausstellung von außen mit weißer Farbe aufgefrischt wurde, als Gesamtkunstwerk aus Haus und Garten in den Vordergrund. In Zusammenarbeit mit dem sich dort befindenden Heinrich-Vogeler-Museum ist es der Barkenhoff-Stiftung gelungen, zahlreiche Schlüsselwerke auszustellen. Knapp die Hälfte aller ausgestellten Werke wurde für die Ausstellung von Privatpersonen und Museen geliehen.
So zieren Werke die Ausstellung, die den Wandel Vogelers und seine Vorstellung des „Neuen Menschen“ beschreiben. Darunter befinden sich ebenfalls Bilder, die er in seinen letzten zwei Lebensjahrzehnten in der Sowjetunion schuf. „Die Gesamtschau verbindet also den frühen und späten Vogeler. Leben und Werk werden hier zu einem in sich geschlossenen sinnlichen Ergebnis“, erklärt Arnold. Der Barkenhoff in der Ostendorfer Straße 10 hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Große Kunstschau
Die Ausstellung, die in der Großen Kunstschau zu sehen ist, hat Kuratorin Manuela Husemann bewusst in zwei Bereiche geteilt. So thematisiert sie im historischen Teil die künstlerischen und menschlichen Beziehungen zwischen Vogeler und seinen Worpsweder Künstlerkolleginnen und -kollegen. Als Ausgangspunkt dient hier sein berühmtes Monumentalgemälde „Sommerabend“, auf dem bei näherer Betrachtung eine bedrückende Stimmung herrscht. „Das Werk deutet den Verlust von Gemeinsamkeit im einst engen Verbund an. Vogeler gibt hier erste Hinweise auf das Scheitern des Traumes vom glücklichen Leben auf seiner Wohlfühloase Barkenhoff“, sagt Husemann.

"The fragile balance of utopia" zeigt die Fragilität unserer Welt. Eine Berührung kann vieles ändern.
Im neuen Teil der Großen Kunstschau möchten die Verantwortlichen genau an diesem Punkt ansetzen und die Fragilität einiger Leitthemen unserer Zeit zeigen. Hierfür wird eine Brücke in die Gegenwart geschlagen. 19 zeitgenössische Positionen greifen die Themen Vogelers auf und fragen auf ganz eigene Art nach möglichen Entwicklungen und Perspektiven nach dem Morgen. So hat beispielsweise Bildhauerin Sokari Douglas Camp eine Statur gefertigt, die auf einem gespaltenen Ölfass kniet aus dem mit Pflanzen neues Leben wächst. „Genau wie Vogeler sind wir heute mit dramatischen Umbrüchen konfrontiert. Hierzu zählen die Pandemie oder auch der Ukraine-Krieg“, sagt die Kuratorin und betont: „Der Blick zurück auf die Werte Vogelers kann uns dabei helfen, einen Weg für die Zukunft zu zeigen. Der Zusammenhalt der gesamten Menschheit ist aktuell wichtiger als je zuvor.“ Die Große Kunstschau, Lindenallee 5, hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Worpsweder Kunsthalle
Unter dem Titel „Kunst für alle“ hat sich die Worpsweder Kunsthalle darauf spezialisiert, die grafischen Werke Heinrich Vogelers im Detail vorzustellen. Grafiken aus allen Werkphasen, Probedrucke und andere Zeugnisse aus seiner Werkstatt beleuchten hier seiner Entwicklung vom Jugendstil- zum politischen Künstler. „Mit der Möglichkeit, seine Kunst drucktechnisch zu vervielfältigen und so auch einem größeren Publikum zugänglich zu machen, ist die Grafik für Vogeler ein ideales künstlerisches Medium“, sagt Runa König, Kuratorin der Ausstellung in der Worpsweder Kunsthalle. Aufgrund dessen habe sie sich dafür entschieden, Vogelers Grafik in der Kunsthalle eine Plattform zu geben.
Um die Grafik einem breiten Publikum zugänglich zu machen, radierte Vogeler Mappenwerke, teilweise zusammen mit anderen Worpsweder Künstlern, illustrierte Bücher und Zeitschriften und veröffentlichte seine Radierungen ohne eine begrenzte Auflage. Mit der Politisierung und weltanschaulichen Wandlung des Künstlers nach dem Ersten Weltkrieg wird seine Grafik dann zu einem Medium der politischen Aufklärung. „Die Erlebnisse haben ihn beschäftigt. Die hat er meiner Meinung nach in den Briefen stark zum Ausdruck gebracht. Ich kann den Besuchern nur empfehlen, sich Zeit zu nehmen, denn es gibt hier immer etwas Neues zu entdecken“, so König.
Am Herzen liegt der Kuratorin der Brief Vogelers an den Kaiser mit der Bitte, Frieden auf der Welt zu schaffen und den Krieg zu beenden. „Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist dieses Thema wieder aktueller denn je. Viele Aspekte der Suche Heinrich Vogelers nach dem ‚Neuen Menschen‘ sind auch durch Themen wie Klimawandel und Corona-Pandemie absolut nachvollziehbar.“ Die Worpsweder Kunsthalle, Bergstraße 17, hat dienstags bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet.
Haus im Schluh
Das Haus im Schluh widmet sich unter dem Ausstellungstitel „Das Leben Gestalten“ der Angewandten Kunst in Vogelers Werken. Hierzu gehören Möbel, Silber, Glas, Porzellan und Innenraumarchitektur. Aber auch sorgfältig ausgearbeitete Entwürfe sollen den Besucherinnen und Besuchern die Vielfalt Vogelers und die Bedeutung seiner vom Jugendstil geprägten Idee einer künstlerisch gestalteten Alltagskultur vermitteln. „Heinrich Vogeler ist mit dem Wunsch nach Leichtigkeit, Beweglichkeit und Freiheit eine Art Wegbereiter eines modernen, bis heute aktuellen Lebensstils“, sagt Kristina Lohse, Leiterin des Haus im Schluh und Kuratorin der Ausstellung.
So entwickelte Vogeler für die Arbeiter seiner Werkstatt in Tarmstedt künstlerisch gestaltete Siedlungshäuser. Finanziers für dieses Projekt hat er allerdings nicht gefunden. Die bis heute noch gut erhaltenen originalen Möbelstücke sind im Haus im Schluh für die Ausstellung in Kategorien aneinandergereiht worden. So ist es beispielsweise möglich, die Sektgläser zu betrachten, aus denen Vogeler bereits getrunken hat. Fehlen dürfen dabei ebenfalls nicht die noch heute beliebten Vogeler-Stühle, die nach wie vor hergestellt werden. „Ich freue mich sehr, dass wir hier unsere einzigartigen Schätze der Öffentlichkeit in einer wunderbaren Ausstellung zeigen können“, sagt Lohse. Auf den digitalisierten Originalentwurfzeichnungen ist außerdem zu erkennen, dass Vogeler die Farbe seiner Möbel des Öfteren änderte. „Er wollte einfach, dass sich seine Mitmenschen wohlfühlen“, ist sich Lohse sicher und verweist auf die zahlreichen unterschiedlichen Möbelstücke. Das Haus im Schluh, Im Schluh 35-37, hat dienstags bis freitags zwischen 14 und 18 Uhr sowie sonnabends bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet.
Mehrjähriges Forschungsprojekt
Das Vogeler-Jubiläum, welches am 12. Dezember mit seinem 150. Geburtstag seinen Höhepunkt erreicht, bildet den Auftakt zu einem großen Ausstellungs-, Kunst- und Forschungsprojekt der Worpsweder Museen. Unter dem Titel „Zeitenwende. Kunst im Aufbruch in einer Welt im Umbruch“, beschäftigen sich die Museen zwischen 2022 und 2027 damit, welche Rolle Kunst und Kultur in gesellschaftlichen Umbruchzeiten spielen könnte. „Was Heinrich Vogeler heute so aktuell macht, ist, dass er mit seiner Kunst und seinem Leben auf die sozialen Umbrüche der Zeit reagierte. So schlagen wir mit dieser und den folgenden Ausstellungen eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart“, sagt Matthias Jäger.

Sokari Douglas Camp hat der Großen Kunstschau ihre Installation "Green Leaf Barrel" überlassen.
Besucherinfos
Den Anfang bildet die Ausstellung „Heinrich Vogeler. Der Neue Mensch“, die von Sonntag, 27. März, bis Sonntag, 6. November, in den vier Worpsweder Museen Barkenhoff, Große Kunstschau Worpswede, Worpsweder Kunsthalle und Haus im Schluh besichtigt werden kann. Für den Besuch in den Museen gilt die 3G-Regel. Eine FFP2-Maske muss zudem über den gesamten Aufenthalt getragen werden. Wie Matthias Jäger berichtet, wird es neben den herkömmlichen Eintrittskarten auch ein Gemeinschaftsticket, das den einmaligen Besuch aller vier Häuser zum Preis von 19 Euro (ermäßigt 12.50 Euro) ermöglicht. Es ist ein Jahr lang gültig und übertragbar. Am Eröffnungstag an diesem Sonntag sind alle Museen kostenfrei zugänglich. Weitere Informationen sind im Internet unter www.worpswede-touristik.de, www.worpswede-museen.de und vogeler22.de zu finden.