Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Haushalt 2024 Worpswede fehlen sechs Millionen Euro

Die Gemeinde Worpswede steht auch im kommenden Jahr vor einer finanziellen Herausforderung. Im Haushalt fehlen sechs Millionen Euro. Doch wo soll die Gemeinde noch sparen?
29.11.2023, 13:35 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Johannes Kessels

Worpswede. Es ist jedes Jahr das gleiche Lied, und es mag in seiner Disharmonie kaum zu einem Künstlerdorf passen: Worpswede hat kein Geld. Bei der Aufstellung des Gemeindehaushalts für 2024 wurde der Finanzausschuss jetzt aber mit ungewohnt hohen Zahlen konfrontiert: Nächstes Jahr werden über sechs Millionen Euro in der Kasse fehlen. Ein schwacher Trost ist, dass sich im vorigen wie auch wahrscheinlich in diesem Jahr ein prognostiziertes Defizit in einen Überschuss verwandelt hat. Die Minusbeträge bei der Aufstellung der Haushalte von 2022 und 2023 waren allerdings nicht so hoch gewesen wie der jetzige.

Ehe der Ausschuss sich mit dem Entwurf des gesamten Haushalts befasste, ging es um einzelne Posten in den Teilhaushalten, wobei der für die allgemeine Finanzausstattung die größten Zahlen enthält, und sogar positive, denn hier werden die Steuereinnahmen und Zuschüsse verbucht. Der Ergebnishaushalt, der für die laufenden Ausgaben der Gemeinde zuständig ist, endet 2024 mit einem Überschuss von 5,8 Millionen Euro – aber eben nur in diesem Teilhaushalt. Gegenüber dem Ansatz rechne sie noch mit 670.000 Euro an zusätzlichen Schlüsselzuweisungen des Landes, erklärte Kämmerin Katrin Kehlert. Andererseits werde die Kreisumlage, die Worpswede an den Landkreis abführen muss, wider Erwarten schon nächstes und nicht erst übernächstes Jahr von 45,5 auf 49,3 Prozent angehoben, was 5,7 statt der erwarteten 5,5 Millionen Euro ergibt.

10.000-Einwohnergrenze im Blick

"Der Landkreis hätte uns mehr Luft lassen können", fand Bernd Rugen (Linke), während Eva Bunn (UWG) nach der Entwicklung der Einwohnerzahl fragte. Die liegt laut Bürgermeister Stefan Schwenke bei 9812 und damit schon in der Nähe der 10.000er-Grenze, ab der die "Einwohnerveredelung" greift: Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern bekommen pro Kopf einen höheren Zuschuss vom Land. Schwenke sieht durch die derzeitige Inflation einige positive Steuereffekte, aber dabei handle es sich um eine negative Konjunkturentwicklung, mit der die Gemeinde in den nächsten Jahren noch zu kämpfen haben werde. Die Grundsteuereinnahmen sollen um 100.000 auf 2,44 Millionen Euro steigen, die Einkommenssteuer um den gleichen Betrag auf 4,5 Millionen, während die Gewerbesteuer mit 2,1 Millionen Euro gleich bleibt.

Ebenfalls recht hohe Zahlen stehen traditionell im Teilhaushalt für das Hallenbad: Nächstes Jahr wird sich das Defizit um 65.000 auf 515.000 Euro erhöhen, in den Folgejahren noch weiter jeweils in Schritten von ungefähr 10.000 Euro. Im Ordnungs- und Verkehrswesen werden 420.000 Euro ausgegeben, weil viele neue Verkehrsschilder benötigt werden und die Friedhofspflege teurer wird. Die Feuerwehr von Waakhausen bekommt für 17.000 Euro eine neue Tragkraftspritze. "Vor Corona kosteten die Dinger noch 10.000 Euro", sagte Katrin Kehlert. Für 2025 ist die Anschaffung eines Logistik-Fahrzeugs für 350.000 Euro vorgesehen.

Baggerkauf gestrichen

Während der Klimaschutzausschuss noch empfohlen hatte, dass der Bauhof für 30.000 Euro einen neuen Minibagger kaufen soll, hat sich inzwischen herausgestellt, dass in dieser Sitzung falsche Zahlen vorlagen. Man ging davon aus, dass der Minibagger, den der Bauhof sich jetzt leihen muss, pro Tag 500 Euro Leihgebühr kostet, was pro Jahr 5000 Euro ergeben sollte. Demnach hätte sich die Anschaffung eines eigenen Geräts nach sechs Jahren rentiert. Tatsächlich berechnet die Entleihfirma aber nur 120 Euro am Tag, damit würde die Amortisation viermal so lange dauern, weshalb jetzt vom Kauf abgesehen wird. Die Künstlerhäuser sollen, da auch das Land und der Landkreis ihren Zuschuss erhöht haben, von der Gemeinde 15.000 statt 10.000 Euro erhalten – Almut Helvogt (Grüne) hatte 20.000 Euro vorgeschlagen, dafür gab es aber nur zwei gegen fünf Stimmen.

Lesen Sie auch

Mit den Teilhaushalten war man fertig, es folgte das alljährliche Ritual des Haushaltssicherungskonzepts, das eine Gemeinde aufstellen muss, wenn ihr Haushalt defizitär ist. 6.035.900 Millionen Euro fehlen nächstes Jahr im Ergebnishaushalt. Da mochte der Blick in die Statistik, die Katrin Kehlert mitgeliefert hatte, wehmütig stimmen: Von 2015 bis 2019 hatten Politik und Verwaltung es geschafft, aus einem vorausgesagten Defizit doch noch einen Überschuss zwischen einer halben und einer ganzen Million Euro zu machen, und auch im vorigen Jahr wurden aus minus drei Millionen plus 500.000 Euro. Dieses Jahr ist bisher ein leichtes Plus statt vier Millionen Euro Defizit zu verzeichnen.

Kultur? – "Pflichtaufgabe"

Für nächstes Jahr werden Mehreinnahmen von 2500 Euro an Parkgebühren durch strengere Überwachung und Minderausgaben von 50.000 Euro bei allen möglichen kleinen Posten erwartet. Sonst gibt es kaum noch etwas zu kürzen. "Kultur ist eine freiwillige Leistung, aber für Worpswede ist es eigentlich eine freiwillige Pflichtaufgabe", meinte Heiko Pankoke. Worpswede lebe von Kunst und Kultur, auch das Bad sei notwendig. Die Gemeinde müsse die gleichen Leistungen erbringen wie ein Industriestandort, ohne Industrie zu haben.

Für Almut Helvogt ist das Haushaltssicherungskonzept wie ein Potemkinsches Dorf, und Frank Bohling (SPD) fühlte sich an das jährlich grüßende Murmeltier erinnert. Dennoch sei es sinnvoll, da es die Situation der Gemeinde plastisch darstelle. Die darin vorgeschlagenen Einsparungen wurden dem Rat dann ebenso einstimmig zur Annahme empfohlen wie der gesamte Haushalt.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Einwilligung und Werberichtlinie

Das kompakte Nachrichten-Update für den Landkreis Osterholz und umzu. Lesen Sie Montag bis Freitag jeden Abend die wichtigsten Nachrichten aus Ihrer Region.

Schließen

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)