Auf das Kaffee Worpswede, das derzeit aufwendig saniert wird, ist Hans-Helmut Pein aktuell nicht allzu gut zu sprechen. Grund: Der 100 Jahre alte Hoetger-Bau wird keine barrierefreie Toilettenanlage erhalten. Ein Unding, findet der 1. Vorsitzende des Worpsweder Seniorenbeirats. „Inklusion sieht anders aus, und hier in Worpswede haben wir für Menschen mit Behinderung oder Handicap eine Vorbildfunktion zu erfüllen“, ärgert er sich.
Beim Thema Barrierefreiheit wird Hans-Helmut Pein emotional. Im Worpsweder Ortskern gebe es seiner Meinung nach zu viele Stellen, die den Menschen mit Behinderung zu schaffen machen. In diesem Zusammenhang nennt er etwa die Stufen auf dem Dorfplatz, deretwegen in den vergangenen Jahren schon einige Menschen gestolpert seien oder auch die für Personen mit Rollator nur schwer zugänglichen Galerien und Museen in der Bergstraße. „Das ist nicht schön und hier sehe ich Verbesserungsbedarf“, sagt er und betont: „Mit dem Rollstuhl oder dem Rollator hoch zur Großen Kunstschau und dem Kaffee Worpswede zu kommen ist für viele extrem anstrengend, wenn sie alleine unterwegs sind.“ Er wünsche sich, dass diesen Menschen in Zukunft mehr Beachtung geschenkt werde. Das gehe nur, wenn man ihnen Möglichkeiten geben würde, am öffentlichen Leben ohne Einschränkungen teilzunehmen. Doch gerade diese Chance habe die Kreis-Kulturstiftung als Eigentümerin des Kaffees mit dem Verzicht, eine barrierefreie Toilettenanlage einzubauen, nun verpasst, findet Pein. Mit seinem Unverständnis ist er nicht allein. Auch Michael Schumacher, Vorsitzender des Kreisbehindertenbeirats Osterholz, kritisiert die Kreis-Kulturstiftung: „Bei so einem Bauvorhaben muss Inklusion mitgedacht werden. Das wurde hier leider verpasst.“
Doch warum wird das Kaffee Worpswede nicht mit einer barrierefreien Toilettenanlage ausgestattet? Das hat einen bestimmten Grund, wie es in einem Schreiben der Kulturstiftung, das der Redaktion vorliegt, heißt: „Leider ist es nach intensiver Prüfung und Abstimmung innerhalb der bestehenden Räumlichkeiten des Kaffee Worpswede nicht möglich, eine barrierefreie Toilettenanlage zu installieren. Aufgrund der denkmalgeschützten Bausubstanz und des funktionalen Raumzusammenhangs wären unverhältnismäßige Eingriffe erforderlich, um eine entsprechend dimensionierte Sanitäranlage zu schaffen. Auch die erforderliche neue Leitungsführung unterhalb des Gebäudes würde die denkmalgeschützte Bausubstanz gefährden.“
Zwei Alternativen
Für Menschen mit Einschränkung, die während ihres Aufenthalts im Kaffee eine barrierefreie Toilette aufsuchen müssen, rät die Kulturstiftung, die Sanitäreinrichtungen im benachbarten Roseliusbau zu nutzen. Diese seien für die Besucherinnen und Besucher des Hoetger-Ensembles frei zugänglich. Zudem verweist die Stiftung auf die Toilettenanlage auf dem großen Parkplatz in der Bergstraße. Bei der letztgenannten Alternative kann Michael Schumacher allerdings nur den Kopf schütteln. Schmale Durchgänge und kleine Radien sorgen seiner Ansicht nach dafür, dass das Behinderten-WC in dem Toilettenhäuschen diese Bezeichnung kaum verdient. Denn wer einen Rollstuhl oder einen Rollator braucht, kann das stille Örtchen ohne Unterstützung kaum erreichen, ist sich der Vorsitzende des Kreisbehindertenbeirats sicher. "Eigenständig ist die Benutzung gänzlich unmöglich, weil es immer eine weitere Person braucht, die auch beim Öffnen der schweren Tür hilft", sagt Schumacher. Er hofft deshalb, dass sich die Verantwortlichen der Kultur-Stiftung noch mal Gedanken machen, ob es nicht doch noch möglich sei, eine barrierefreie Toilette im Kaffee Worpswede einzubauen.

Hans-Helmut Pein

Michael Schumacher