In Deutschland werden mehr als 21.000 Menschen zu den sogenannten Reichsbürgern gerechnet. Etwa 40 Personen in den Landkreisen Osterholz und Verden ordnete die Polizei Anfang vergangenen Jahres der Reichsbürger-Szene zu. Für die Reichsbürger ist die Bundesrepublik kein souveränes Staatsgebilde. Für sie bestehen die Deutschen Reiche aus der Zeit vor 1945 fort. Manche von ihnen gründen auch eigene Reiche, wie etwa der "König von Deutschland" in Wittenberg, stellen eigene Pässe und Führerscheine aus. Viele erkennen die deutschen Behörden nicht an, verweigern Bußgeldzahlungen und Steuern.
Der ausgewiesene Rechtsextremismus-Experte Andreas Speit beleuchtet in einem Vortrag in Worpswede die Ideologie und die Akteure der verschiedenen Reichsbürger-Gruppierungen. Er analysiert deren Weltbild und beschreibt, wie ihnen angemessen begegnet werden kann. "Jahrelang haben Sicherheitsbehörden, Politik und Verwaltung die Reichsbürger als Spinner und Verrückte abgetan und nicht sonderlich ernstgenommen", sagte Speit in einem Interview mit dem WESER-KURIER. "Das Dramatische ist aber, dass politische Intention und der persönliche Charakter kaum trennbar sind und eine radikale Ausprägung bilden, der eine sehr aggressive Haltung gegen die staatlichen Repräsentanten innewohnt", so Speit weiter.
Autoritäre Erziehungsmuster
Einen Einblick gibt er auch in seine Recherchen zu den völkischen Siedlern. Seit Jahren siedeln sich extreme Rechte nach Angaben von Andreas Speit bewusst in ländlichen Regionen der Bundesrepublik an, um dort mit ansässigen völkischen Großfamilien „nationale Graswurzelarbeit“ zu betreiben. Ihr Streben sei gegen die liberale Gesellschaft der Großstädte gerichtet, es herrschten veraltete Geschlechterbilder und autoritäre Erziehungsmuster vor. Sie unterstützen laut Speit die AfD oder „Die Heimat“ (ehemals NPD) und kämpfen gegen eine vermeintliche „Überfremdung der deutschen Heimat“.
Der Journalist und Extremismusforscher Andreas Speit, Jahrgang 1966, spricht am Mittwoch, 17. April, zum Thema "Die unterschätzte Gefahr – Einblicke in die Szene der Reichsbürger und völkischen Siedler" in der Bötjerschen Scheune, Bauernreihe 3, in Worpswede. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr. Veranstalter ist das Bündnis Worpswede gegen Rechts.