Worpswede. Erste Zigaretten, heimliche Lektüre, Ort um Hausaufgaben abzuschreiben oder Depot für Spickzettel – Schulklos hatten schon immer mehr Funktionen als von vornherein vorgesehen. In Worpswede hatte die alte Schule, heute das Gemeindezentrum der Kirche, sogar ein Extra-Gebäude, in dem die Toiletten untergebracht waren. Heute hat das kleine Gebäude aber eine andere Funktion. Schon seit einigen Jahren wird hier immer mal wieder gerockt oder gerappt, gejazzt oder gemetalt. Nach zeitintensiven Umbauarbeiten hat sich das ehemalige Schulklo direkt gegenüber vom Worpsweder Jugendzentrum Scheune zu einem Probenraum für Bands verwandelt. Auch das Außengelände wurde dementsprechend umgestaltet. Nun ist alles fertiggestellt und Andreas Griebe, Einrichtungsleiter der Scheune, freut sich auf viele musikalische Nachmittage und Abende auf dem Kirchberg. „Die Jugendlichen und ich sind wirklich sehr glücklich, dass es nun geklappt hat, und alles fertiggestellt wurde. Ich bin mir sicher, dass der Raum viel genutzt wird“, sagt Griebe.
Wenn Andreas Griebe in den vergangenen drei Monaten aus dem Fenster des Gemeindezentrums guckte, konnte er stets dasselbe beobachten: Bagger, die Erde aufhäuften und Bauarbeiter, die Treppenstufen und Steine für den Weg verlegten. „Doch jetzt ist alles fertig und es ist wirklich ein schickes Teil geworden“, so Griebe. In den 1970er-Jahren wurde das Häuschen vom Jugendzentrum schon einmal genutzt und richtete dort eine Mofa-Werkstatt ein, später wurde es Atelier und Lagerraum für Künstler. Dann geriet das ehemalige Klohaus wieder in Vergessenheit. Vor der Corona-Pandemie reifte dann der Plan, einen Ort zu schaffen, an dem Jugendliche Musik machen und auch aufnehmen können. Dank Fördergelder aus einem europaweiten Programm konnte dies dann in die Tat umgesetzt werden. „Wir haben damals 270.000 Euro bekommen und damit die Scheune umgestaltet. Ein Teil des Geldes ist aber übrig geblieben. Das haben wir jetzt für den Probenraum genutzt“, sagt Griebe.

Früher diente das kleine Häuschen noch als Schultoilette, jetzt wird dort Musik gemacht.
Wer Lust hat, Musik zu machen, könne Griebe zufolge direkt loslegen. Denn egal ob Gitarren, Schlagzeuge, Mikrofone oder ein Mischpult – der Probenraum ist bereits mit zahlreichen Instrumenten ausgestattet. Damit es auch für die Nachbarn nicht zu laut wird, wurden die Wände zudem gedämmt. „Klar, Musik wird es hier nur bis maximal 22 Uhr geben und die Tür sollte immer geschlossen sein. Da müssen die Musikerinnen und Musiker schon Rücksicht auf die Nachbarschaft nehmen“, sagt der Einrichtungsleiter. Wer den Schlüssel zum Probenraum haben möchte, muss vorher bei Andreas Griebe anfragen. Möglich ist das per E-Mail an die Adresse Andreas.Griebe@evlka.de. Die einmalige Nutzung ist kostenlos, wollen Bands öfter proben, fällt eine Gebühr in Höhe von 10 Euro an. Einige Anfragen habe Griebe schon bekommen. „Ich träume schon seit Jahren von einer Scheunen-Band, die die Open-Air-Konzerte an Pfingsten eröffnet. Eventuell finden sich ja jetzt Leute, die darauf Bock haben. Die Gegebenheiten hierfür wären auf jeden Fall optimal, denn man könnte regelmäßig proben“, so Griebe.
Palettensofas im Grünen
Dass der Probenraum für Jugendliche auch als Aufenthaltsraum genutzt wird, kann Griebe ausschließen. Rein kommen nur diejenigen, die Lust haben, Musik zu machen. Zum „chillen“, wie es Griebe sagt, dient hingegen der barrierefreie Außenbereich vor dem Probenraum. Hier will Griebe noch Palettensofas platzieren. „Die kommen hier bestimmt gut zur Geltung, denn die kleinen Stecklinge, die hier im Beet eingepflanzt wurden, fangen langsam an, die ersten Blätter zu kriegen“, sagt Griebe. Noch etwas kahl erscheinen die fest einbetonierten Graffiti-Wände. Doch das dürfte sich an diesem Freitag, 4. April, ändern, wenn ab 19 Uhr die offizielle Eröffnung des Probenraums auf dem Kirchberg ansteht. Denn professionelle Graffiti-Sprayer werden dafür sorgen, dass die Wände mit bunten Motiven gefüllt werden. Neben Live-Musik wird Griebe zufolge auch für das leibliche Wohl in Form von Wurst vom Grill und kalten Getränken gesorgt sein.