Landkreis Osterholz. Der Start eines Härtefallfonds zur Vermeidung von Strom- und Gassperren verzögert sich weiter. Der Osterholzer Kreistag hatte die Idee der Linkspartei vom 24. Februar zunächst verworfen, den Fonds dann aber am 29. September mehrheitlich im Grundsatz beschlossen. Wann nun erste Mittel aus dem zunächst mit 200.000 Euro gefüllten Topf fließen, ist aber noch immer unklar.
Bei den Vergabekriterien warten Kreispolitik und -verwaltung auf das Land Niedersachsen, das den Kreisen und Kommunen für Härtefallhilfen 55 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat. Der Osterholzer Sozialausschuss entschied jetzt, die Landkreis-Mittel ins nächste Haushaltsjahr zu übertragen. "Es ist gut, dass wir vorbereitet sind", erklärten die Abgeordneten übereinstimmend.
Die Mittel sollen Betroffenen helfen, die ihre Energiekosten nicht mehr bestreiten können und deren Einkommen knapp oberhalb der Wohngeld- und Hartz-IV-Grenze liegt. Während der Bund die entsprechenden Regularien mit dem Bürgergeld frühestens am 25. November beschließen wird, will das Land zunächst die Finanzierung am 30. November per Nachtragshaushalt sichern. Durch die Landtagswahl im Oktober hat es in Hannover seit der Regierungsankündigung vom August keine nennenswerten Fortschritte in der Sache gegeben.
"Ich habe nochmal im Sozialministerium nachgefragt, aber es gibt bisher weiterhin nur einen Eckpunkte-Entwurf", unterstrich die Kreisdezernentin Heike Schumacher. Sie lege Wert auf ein einheitliches Vorgehen und die Feststellung, dass der Fonds subsidiär und nachrangig angelegt sei, also nur dann zum Tragen komme, wenn die Strom- und Gasrechnung nicht aus einem anderen Sozialleistungsanspruch bestritten werden kann. Das gelte es im Einzelfall zu prüfen.
Nach ihren Informationen verzeichnen die Osterholzer Stadtwerke bisher nicht mehr säumige Kunden als sonst auch – was freilich nicht bedeute, dass es keine wachsenden Zahlungsprobleme bei den Menschen gebe. Sozialamtsleiter Frank Bohling ergänzte, bei der Schuldnerberatung der Diakonie sei ebenfalls kein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen, während die Wohngeldstelle durchaus zunehmende Anfragen, Kosten und Zuschüsse zu verzeichnen habe. "Das ist aber nicht quantifizierbar und eigentlich ja auch der vorgesehene Weg."
Bohling lieferte einen Überblick über die vorgesehenen Entlastungen und die bisherigen Hilfspakete der Bundesregierung; beim Wohngeld sei ab Januar mit einem Anstieg der Fallzahlen durch geplante Zugangserleichterungen zu rechnen.
Fraktionen nehmen Stellung
Reinhard Seekamp erklärte für die Linke: "Wenn Bund und Land nun bald helfen, ist es ja gut; aber für uns bleibt das Thema auf der Tagesordnung." Leider sei immer noch unklar, wer wie stark von den geplanten Reformen rund um Wohn- und Bürgergeld profitieren werde.
Monica Röhr (CDU) nickte: "Für mich ist das wie eine schwarze Wolke", bekannte sie: Mit Energiekrise und Inflation drohe Unheil, aber ihr sei unklar, wie stark es den Einzelnen treffen werde. "Wenn man weiß, was auf einen zukommt, kann man sich leichter darauf einstellen." So aber sei die Unsicherheit schwer auszuhalten.
Die Ausschussvorsitzende Marianne Grigat (SPD) konterte: Ohne die Blockade der Unionsländer im Bundesrat wäre man beim Bürgergeld schon einen Schritt weiter. "Aber so ist das in der Demokratie", nahm Grigat ihren eigenen Worten die Spitze: "Da dauert die Kompromisssuche länger."
Ihr Genosse Stefan Böttjer gab zu Protokoll, er wünsche sich beim Härtefallfonds ein möglichst unbürokratisches Vorgehen. "Wir sollten uns auch um die kümmern, die vielleicht aus Scham kein Wohngeld beantragen wollen."
Die Sozialdemokratin Andrea Vogelsang erklärte, ein Großteil der Zielgruppe suche wegen der allgemeinen Teuerung bereits notgedrungen die Tafeln auf, um ein umständliches Antragsverfahren zu vermeiden. Allein die Lilienthaler Lebensmittelausgabe habe in jüngster Zeit 20 neue Kunden zu versorgen gehabt. "Es werden immer mehr Menschen auf die Tafeln angewiesen sein", warnte Vogelsang.
Wilfried Pallasch (Bürgerfraktion) unterstrich, die steigenden Energiepreise dürften viele Privathaushalte erst im kommenden Jahr so richtig zu spüren bekommen. Notfalls müsse dann umgehend eine Sondersitzung stattfinden, um organisatorische und personelle Fragen mit der Verwaltung zu klären.
Erika Simon (Grüne) bedauert, dass Bund und Land so viel Zeit brauchen. Der Anstieg von Unterstützungsanfragen sei alarmierend, auch wenn es sie noch nicht zu Hunderten gebe, mahnte Simon. "Den Betroffenen ist es doch egal, aus welchem Topf die Hilfe kommt." Sie sei wie Stefan Böttjer für möglichst unkomplizierte Verfahren und frage sich, ob der Landkreis mit den ersten Auszahlungen denn wirklich auf Berlin und Hannover warten müsse. "Können wir dafür nicht einen eigenen Kriterienkatalog aufstellen?", fragte die Grüne.
Heike Schumacher winkte ab. Eine solche Dringlichkeit sehe sie zumindest bisher nicht. Antragsteller müssten sich zunächst stets um eine gütliche Einigung mit ihrem Energieversorger bemühen – und Unterlagen beibringen, wenn sie Ansprüche geltend machen wollen. Anders werde es nicht gehen.