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Sperre trifft 27 Bewohner Ein ganzer Wohnblock ohne Gas und Wasser

16 Erwachsene und elf Kinder sind betroffen: Für ein komplettes Wohngebäude in Huchting wurde die Gas- und Wasser-Versorgung gekappt. Die Bewohner versuchen, ihre Wohnungen mit Elektroheizungen warm zu halten.
17.11.2022, 18:55 Uhr
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Ein ganzer Wohnblock ohne Gas und Wasser
Von Sara Sundermann

Für ein komplettes Wohngebäude in Huchting ist die Wasser- und Gasversorgung gesperrt worden. Hintergrund dafür sind nicht gezahlte Rechnungen, die beim Energieversorger SWB aufliefen. In dem Wohngebäude an der Robinsbalje leben 27 Menschen: Betroffen sind 16 Erwachsene und elf Kinder. Sie können ihre Wohnungen nicht heizen, seit inzwischen elf Tagen. „Es ist richtig kalt, meine Frau und ich sind krank, wir laufen mit einer Nasennebenhöhlen-Entzündung herum, die einfach nicht weggeht", schildert Bewohner Yilmaz Cavdar. "Im Wohnzimmer zieht es, als ob wir draußen sitzen würden." Die Wasserzufuhr sei bereits am 25. Oktober von der SWB gesperrt worden – vor mehr als drei Wochen, sagt er. Etwas Wasser kommt trotz der mechanischen Sperre in der Leitung noch im Haus an. So konnten die Bewohner zuletzt zumindest weiter kochen, duschen und die Toiletten nutzen.

Eine Wohngegend für reiche Leute ist die Robinsbalje nicht – das von Blockbauten geprägte Gebiet gilt als Brennpunkt. Und jetzt bleiben hier im Haus die Wohnungen kalt. Viele Bewohner haben sich elektrische Heizungen gekauft, um zumindest einen Raum warm zu halten. Auch im Wohnzimmer von Günes Veysi und seiner Familie stehen ein Heizlüfter und eine kleine Elektroheizung. Dort ist es warm, in den restlichen Zimmern ist es kühl, vor allem der Fußboden. Veysi bewohnt mit seiner Frau und fünf Kindern eine Drei-Zimmer-Wohnung. Seine Frau trägt ein Kleinkind auf dem Arm, das auch in der Wohnung warm angezogen ist. "Das ist eine Katastrophe für uns", sagt der Vater. "Die Kinder sind alle erkältet." Gerne würde Veysi umziehen: "Aber mit fünf Kindern ist es schwer, eine Wohnung zu finden."

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Die Wasser- und Gas-Sperre ist offenkundig nicht das einzige Problem für die Bewohner. An der Außenfassade des Gebäudes zeichnen sich Risse und großflächige dunkle Flecken ab. Mehrere Bewohner schildern, dass es im Haus permanent Probleme mit Feuchtigkeit gebe. Veysi zeigt große schwarze Schimmelflecken an einer Wand im Kinderzimmer: "Ich habe meinen Vermieter darauf angesprochen", sagt er. "Das ganze Haus ist sehr feucht, es gibt viele Schimmelprobleme", schildert auch Cavdar. "Ein Gästebett, das ich in meinem Arbeitszimmer hatte, musste ich wegschmeißen, weil es komplett verschimmelt war."

Bei Bewohner Aydin Omar wollten zuletzt seine Frau und seine zwei Kinder mit einziehen – wegen der Gas- und Wassersperre verschob die Familie den Einzug. "Ich habe meine Frau und die Kinder weggeschickt, das geht jetzt nicht", sagt Omar.

Hausbewohner schildern, sie hätten ihre Nebenkosten regulär gezahlt. Die acht Wohnungen des Gebäudes gehören acht verschiedenen Eigentümern, sagt ein Vertreter der Hausverwaltung Hermann Lohmann in Lilienthal, die den Wohnblock betreut. Von den Eigentümern sei nicht genug Geld für die Nebenkosten geflossen, so der Mitarbeiter: "Wir sind vollkommen bei den Mietern, einige Eigentümer haben trotz Mieteinnahmen nicht an uns gezahlt, dadurch konnten wir die Rechnungen der SWB nicht begleichen." Die Verwaltung habe die Eigentümer immer wieder angeschrieben und ihnen Mahnungen geschickt: "Einige waren gar nicht zu erreichen, ein Teil lebt im Ausland, bei anderen handelt es sich um Gesellschaften mit beschränkter Haftung."

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Hinzu komme, dass für das Haus zwei Jahre lang viel zu niedrige Abschläge angesetzt worden seien, so der Hausverwalter. Zähler seien lange nicht abgelesen, die Abschläge nur auf Basis von Schätzungen ermittelt worden. Die Hausverwaltung betont zudem, dass sie das Gebäude seit zwei Jahren nur noch kommissarisch betreue – Grund sei, dass nicht alle Eigentümer zu einer Versammlung kamen, bei der die Hausverwaltung einen Folgeauftrag erhalten sollte: "Die Versammlung war nicht beschlussfähig."

Vertragspartner für die SWB ist die Eigentümergemeinschaft, vertreten durch die Hausverwaltung, sagt SWB-Sprecherin Angela Dittmer. "Unregelmäßigkeiten im Zahlungsverkehr gibt es für dieses Gebäude schon länger, seit vor Corona", sagt die Sprecherin. Immer wieder seien Rechnungen nicht, verspätet oder nur teilweise bezahlt worden. Ein Angebot für eine Ratenzahlung sei nicht angenommen worden. "Seit dem Frühling haben wir die Hausverwaltung darauf hingewiesen, dass eine Sperre droht", so Dittmer. "Wir bedauern, wenn es diese dann Menschen betrifft, die nichts dafür können."

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Die offene Wasser-Rechnung ist inzwischen beglichen. Die SWB will die Wasser-Sperre jetzt aufheben. Das größere Problem bleibt die Gas-Rechnung. Hier liefen hohe Fehlbeträge für das Haus auf: Zuletzt gab es laut Hausverwaltung offene Gas-Rechnungen in Höhe von 20.000 Euro. 5000 Euro davon seien inzwischen beglichen. Nun ist eine Eigentümerversammlung angesetzt. "Ich bin zuversichtlich, dass wir das Problem in der kommenden Woche lösen und die Sperre aufheben können", sagt der Hausverwalter. Eigentümer der Wohnungen waren auf Anfrage des WESER-KURIER nicht zu erreichen.

Dass Menschen in Bremen wegen unbezahlter Rechnungen die Zufuhr von Gas, Wasser oder Strom gesperrt wird, ist keine Seltenheit. Im Jahr 2021 waren laut SWB mehr als 4000 Haushalte im Land Bremen von Sperrungen betroffen. Die Zahl der Sperren sei aktuell im Vergleich zu 2021 nicht gestiegen, sagt SWB-Sprecherin Dittmer. Dass für ein ganzes Mehrparteienhaus die Versorgung gekappt werde, komme selten vor. Meistens wird einzelnen Mietern die Versorgung abgestellt, wenn sie trotz mehrfacher Mahnungen ihre Rechnungen nicht begleichen.

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